War das Golfspielen (auf Golfplätzen) im Februar 2021 in Bayern verboten oder etwa doch erlaubt, das war die Frage, mit der sich heute das Amtsgericht Wolfratshausen im Rahmen eines Einspruchs gegen einen Bußgeldbescheid zu befassen hatte.
Bußgeldbescheid steht auf dem Prüfstand
Das Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen hatte am 04.03.2021, wegen vermeintlichen Verstoßes gegen § 10 Abs. 3 S. 1 der 11. BayIfSMV einen Bußgeldbescheid über 125 € gegen einen Golfspieler erlassen, der am Samstag, den 27. Februar 2021, auf der Golfanlage Bergkramerhof in Wolfratshausen seinem Hobby nachging und sich allein in freier Natur bewegte, als er nachmittags gegen16:20 Uhr von mehreren Polizeibeamten eine eigens angerückten Einsatzhundertschaft aus München in Kampfanzügen umstellt worden war. Im Gegensatz zu den Vortagen hatte der Betreiber nach medialer Vorankündigung, also nicht etwa heimlich, an diesem Tag die Golfanlage trotz des bestehenden Verbots zu öffnen, weil er die Regelung für nicht (mehr) verfassungsgemäß halte. Trotz dieser Ankündigung sahen sich die zuständigen Stellen aber nicht dazu imstande die Öffnung zur Gefahrenabwehr vorab zu unterbinden, sondern provozierten durch Ihre Untätigkeit stattdessen nachträglich ahndbare Rechtsverstöße.
Das Landratsamt unterstellte dem Golfspieler vorsätzliches Handeln, weil dieser wissentlich und willentlich den Golfsport auf einer Golfanlage ausgeübt hat. Gleichzeitig halbierte es aber die in der Verordnung vorgesehene Geldbuße von 250 € auf lediglich 125 €, weil berücksichtigt wurde, dass „die Infektionsgefahr für andere Personen gering war“.
Da damit aber auch das Entgegenkommen der Behörde zu Ende war und dem Einspruch gegen den Bußgeldbescheid nicht abgeholfen wurde, musste sich schließlich die Justiz mit der Angelegenheit befassen.
Der freiheitsliebende Golfer argumentierte damit, dass der angegriffene Bußgeldbescheid schon deshalb nicht von seiner Ermächtigung gestützt werden könne, weil diese gegen den Grundsatz der Normenklarheit verstoßen würde. Dies deshalb, da nach der Regelung Individualsport im Freien grundsätzlich zulässig ist, so dass die Verbotsregelungen dann so verstanden werden müsse, dass Golfspielen zwar per se nicht verboten sei, allerdings nur außerhalb von Golfplätzen, nicht dagegen auf Golfplätzen. Es sei für ihn aber nicht nachvollziehbar, weswegen er auf eine neben dem Golfplatz gelegenen Wiese oder einer Parkanlage unbeanstandet seine Bälle schlagen dürfe, auf dem eigens dafür gebauten Golfplatz dagegen nicht. Auch sei für ihn nicht nachvollziehbar, weswegen er unbeanstandet über den Golfplatz als Spaziergänger laufen dürfe, dies aber plötzlich verboten sei, wenn er dabei seine Golftasche mit sich führe und gelegentlich einen Golfschwung mache. Hätte er statt eines Golfschläger einen Tennisschläger mit sich geführt und statt einem Golfball einen Tennisball geschlagen oder einen Fußball, dann sei dies zulässig. Eine solche Regelung sei für ihn nicht verständlich und würde überdies unverhältnismäßig in seine Grundrechte eingreifen.
Einstellung mangels Fremdgefährdung
Die zuständige Richterin räumt unumwunden ein, dass sich ihr die Sinnhaftigkeit der Regelungen auch nicht wirklich erschlossen hätten, der Gesetzgeber aber vielleicht eine Gefährdung durch Nutzung der Räumlichkeiten des Clubhauses im Auge gehabt hätte (Anmerkung: Clubhäuser und Sanitäranlagen waren geschlossen). Nachdem er alleine unterwegs gewesen und damit eine Fremdgefährdung ausgeschlossen gewesen sei, sehe sie aber nicht weshalb hier im Einzelfall der Ansatz eines Bußgelds gerechtfertigt sei und stellte das Verfahren nach § 47 Abs. 2 OWiG ein (AG Wolfratshausen, Beschluss vom 15. November 2021, 3 Owi 31 Js 18711/21). Dass überhaupt eine Verhandlung erforderlich geworden sei erklärte die Richterin damit, dass die Staatsanwaltschaft außergerichtlich nicht bereit gewesen sei die Zustimmung zur Einstellung zu erteilen.
Anmerkung:
Ende gut alles gut oder doch nicht? Zu dem Zeitpunkt als hier in Wolfratshausen mit einem polizeilichen Großaufgebot Jagd auf freiheitsliebende und/oder golfverrückte Bürger gemacht wurde, war in den meisten anderen Bundesländern das Golfspielen schon längst wieder gestattet. Der Golfspieler, der sich hier in Bayern nun deswegen vor dem Kadi verantworten musste, war eine Woche vor der „Tat“ bereits beim Golfspielen in Ulm in Baden-Württemberg. Dort konnte er ganz legal seinem Hobby nachgehen. Selbst RKI-Chef Professor Wieler spielte nach einer Mitteilung des Tagesspiegel vom 04.02.2021 zu dieser Zeit bereits wieder Golf. Die einen nennen es Föderalismus, die anderen DDR 2.0….
Der Fall verdeutlicht zweierlei, nämlich einmal wie willkürlich Recht ist, insbesondere aber dass nicht alles, was im Rahmen der Coronagesetzgebung verboten ist, auch einer rechtlichen Nachprüfung stand hält. Wer mit gesundem Menschenverstand an den Sachverhalt herangeht, kann grundsätzlich erkennen, was zu Recht verboten ist und wo die Exekutive über das Ziel hinausschießt. Zum Zeitpunkt der Tat lag die Inzidenz im Landkreis bei 38,3. Nach § 26 der Verordnung hätte das Landratsamt bei einer Inzidenz von unter 50 bereits bei pflichtgemäßer Ermessensausübung eigenständig Lockerungen durch Allgemeinverfügung vornehmen müssen. Dass hier das Verfahren durch Einstellung, nicht aber durch Freispruch geendet hat, verdeutlicht aber auch, dass Gerichte nach wie vor davor zurückschrecken den Regierungen rechtswidriges Handeln in die Bücher zu schreiben. Deswegen ist die Einstellung zwar ein guter Erfolg für den Mandanten, im Ergebnis dann aber auch rechtlich unbefriedigend.
Sollte jedenfalls irgend eine Landesregierung noch einmal einfallen bei fortschreitender Pandemie Golfplätze erneut zu schließen, dann kann nach dem Ergebnis der Verhandlungen auf jeden Fall festgehalten werden, dass es kaum rechtlich möglich sein wird, verfassungskonform zu regeln, dass das Golfspiel für Einzelspieler wirksam untersagt wird. Solange dann nicht das Golfspielen per se verboten wird, also Individualsport in der freien Natur, könnten wohl jedwede Verbote dadurch faktisch umgangen werden, dass Golfplätze kurzerhand zur freien Natur erklärt werden. Keine Abschlagsmarkierungen stecken und keine Fahne auf dem Grün und damit kein Verbot?! So jedenfalls ist es auch andernorts, nur am Bergkramerhof, dann allerdings eher still und leise, praktiziert worden.
Interessant war insoweit auch die Aussage der Richterin dazu, weswegen gegen Golfspieler die Bürger, die nicht am Tag der Öffnung der Golfanlage, sondern an den Tagen davor oder danach gespielt haben, keine Bußgeldbescheide verhängt worden wären. In dieser Zeit hatte der Betreiber seinen Golfplatz kurzerhand zum Teil der freien Natur erklärt und zur allgemeinen Benutzung zur Verfügung gestellt. Dies sei der maßgebliche Unterschied gewesen, so das Gericht. Übersetzt bedeutet dies, wenn also die Spielbahnen nicht nur von Golfspielern, sondern auch Spaziergängern etc. gleichermaßen genutzt werden dürfen, dann sei dies infektionsschutzrechtlich nicht bedenklich, wenn dagegen nur Golfspieler unterwegs sind, dann schon…. Verstehen muss man dies nicht, oder? Aber genau das entspricht den Vorgaben die die Bayerische Staatsregierung in § 10 ihrer zum damaligen Zeitpunkt geltenden Infektionsschutzverordnung getroffen hatte.