Landauf und landab gehört die Gastronomie zu denjenigen Branchen, die am härtesten von den Beschränkungen der Regierungsmaßnahmen zur Eindämmung der Corona Pandemie betroffen sind. Viele Gastwirte und Hoteliers fürchten um ihre Existenz. Mancher Gastwirt versucht das Schlimmste dadurch zu verhindern, indem er den Geschäftsbetrieb eingeschränkt weiter aufrecht erhält und Speisen und Getränke nun to Go verkauft oder gleich ausgeliefert. Dies ist zwar grundsätzlich rechtlich ohne größere Probleme möglich, wird sich aber oft wirtschaftlich in vielen Fällen nicht oder kaum lohnen, da sich mit der Zubereitung von Speisen allein, ohne die hohen Margen, die der Verkauf von Getränken bringt, kaum auf Dauer profitabel wirtschaften lässt. Dies jedenfalls dann, wenn ein Geschäftsmodell nicht von Haus aus als Lieferservice angelegt ist.
Wirt möchte in seiner geschlossenen Gaststätte Haushaltswaren, wie Toilettenpapier, Küchenrollen, Obst und Gemüse sowie Getränke verkaufen
So mancher findige Gastronom denkt deshalb weiter. So wollte ein Wirt aus Bergisch Gladbach kurzerhand seine Gaststätte zu einem Einzelhandel umfunktionieren. Statt Gäste zu bewirten, wollte er zukünftig Einzelhandelswaren, wie Toilettenpapier, Küchenrollen, Getränke, Obst und Gemüse sowie Gutscheine für Onlineshops verkaufen. Diesen Plan teilte er informatorisch vor Beginn seiner neu erdachten Geschäftstätigkeit der Stadt Bergisch Gladbach mit dem Hinweis mit, dass er davon ausgehe, dass hiergegen keine rechtlichen Bedenken bestünden.
Stadt sieht in dem geänderten Geschäftsbetrieb eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung
Da hat der Wirt allerdings die Rechnung ohne die deutsche Bürokratie gemacht. Die Stadt sah dies nämlich anders und teilte dem Wirt mit, dass es sich dabei um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung handeln würde und die beabsichtigte Nutzung der Gaststätte als Verkaufsfläche rechtlich unzulässig sei. Dies wollte der Wirt nicht glauben und zog damit mit einem Eilverfahren vor das Verwaltungsgericht Köln. Dort wollte er feststellen lassen, dass er für den (vorübergehenden) Verkauf von Waren keine Baugenehmigung benötigen würde, weil es sich um keine wesentliche Nutzungsänderung handeln würde und daher die Verkaufstätigkeit baurechtlich genehmigungsfrei sei. Die Richter folgten seiner Ansicht jedoch nicht und haben seinen Antrag mit Beschluss vom 14.04.2020 (2 L 688/20) zurückgewiesen.
Bauordnungsrecht steht der Nutzung einer Gaststätte als Verkaufsfläche entgegen
Zur Begründung ihrer Entscheidung verwiesen die Richter darauf, dass es nicht, wie vom Antragsteller vorgetragen, darauf ankommen würde, ob die Art der beabsichtigten neuen Nutzung eine höhere Intensität an die bestehende Nutzung aufweisen würde. Denn für die Nutzung einer baulichen Anlage als Gaststätte würden beispielsweise hinsichtlich des Stellplatzbedarfs andere bauordnungsrechtlichen Anforderungen gelten als für eine Nutzung als Ladengeschäft. Die Bauordnung geht daher ausdrücklich vom Vorliegen einer genehmigungsbedürftig Nutzungsänderung aus, wenn Anforderungen gegeben sind, die im Baugenehmigungsverfahren Prüfungsgegenstand sein können. Dies sei hier etwa im Hinblick auf die Vorgaben von Stellplätzen der Fall.
Anmerkung:
Nach geltendem Recht ist die Entscheidung grundsätzlich korrekt, weil es der Gesetzgeber im Rahmen seiner Corona Hilfsmaßnahmen, jedenfalls bisher, unterlassen hat, (vorübergehend) das Baurecht aushebeln der Regelungen zu erlassen. Von daher ist es also Gastronomen bislang nicht möglich ihre Räumlichkeiten kurzfristig einer anderen Nutzung zuzuführen. Hier müsste der Gesetzgeber, damit dies überhaupt möglich wird, entsprechende gesetzliche Regelungen erlassen. Für Gastronomen, insbesondere dann, wenn Sie lediglich Pächter einer Gaststätte sind, also grundsätzlich auch die Pacht weiter bezahlen müssen, dürfte es kaum zu vermitteln sein, dass die Sicherung ihrer eigenen Existenz und die mit den Beschränkungen einhergehende Existenzvernichtung weniger wert sein soll, als Regelungen über Stellplätze. Dies erst recht, wenn man berücksichtigt, dass durch staatliche Maßnahmen in den Corona Hilfsgesetzen ja in anderen Bereichen ganz massiv immer wieder in bestehende Rechtsstrukturen, wie beispielsweise den Grundsatz der Privatautonomie in Vertragsbeziehungen, mit teilweise recht merkwürdigen Ergebnissen, eingreift. Da jeder, der rechnen kann, weiß, dass es sich bei der viel genannten Herdenimmunität eher um einen Wunsch, als den um Realität handeln wird, weil bei der Anzahl der Bevölkerung in Deutschland, die bei rund 83 Millionen Einwohnern liegt, und der Zahl der infizierten es Jahre dauern würde, bis überhaupt 2/3, also rund 55 Millionen Menschen, die Krankheit durchlebt hätten und auch die Frage, wann und ob überhaupt es einen Impfstoff geben wird, bislang niemand beantworten kann, ist zu befürchten, dass auf Gastronomen und Hotellerie noch für einen nicht absehbaren Zeitraum schwere Zeiten bestehen werden. Eine Senkung der Mehrwertsteuer, wie sie es beschlossen worden ist, von 19 % auf 7 %, hilft demjenigen, der keine Einnahmen hat nämlich nicht. Von daher wird über kurz oder lang auf Seiten der Politik eine Entscheidung dazu getroffen werden müssen, wie es für Gastronomen, weitergehen soll, wenn ihre Läden nicht oder jedenfalls nicht im bisherigen Umfang demnächst wieder geöffnet werden können. Dann werden nämlich zwangsweise Selbstständige, die auch Arbeitgeber waren, jedenfalls dann, wenn sie über kein nennenswertes Vermögen verfügen, dass sie zunächst aufbrauchen müssen, auf Dauer zu Hartz IV Empfängern gemacht. Von daher wäre es rechtspolitisch verfehlt, denjenigen in der Gastronomie, die den Willen haben nicht aufzugeben, mit deutsche Bürokratie das Leben unnötig schwer zu machen.
Falls Sie nun meinen, der Wirt in dem Beispiel sei selber schuld, weil er die Stadt auf die Nutzungsänderung hingewiesen hat, und meint, getreu dem Motto „Wo kein Kläger, da kein Richter“, er hätte einfach mal machen sollen, der übersieht, dass er dann zwar (rechtswidrig) eine Nutzungsänderung durchgeführt und seinen Geschäftsbetrieb gestartet hätte, dass aber dann, wenn die Stadt dies bemerkt hätte, weil entweder ein Baukontrolleur die Änderung gesehen oder aber ein ordnungsliebenden Bürger die Stadt darauf hingewiesen hätte, diese eine Nutzungsuntersagungsverfügung erlassen hätte, mit der ihm, mit großer Wahrscheinlichkeit mit sofortiger Wirkung, die geänderte Nutzung unter Androhung von Zwangsgeld untersagt worden wäre. Also nicht fragen und einfach machen ist für die Gastronomie meistens auch kein Ausweg.