Wer seine Reise aufgrund der Corona-Pandemie storniert hat, der hat meist ganz erhebliche Probleme, obwohl dies dem in Deutschland geltenden Recht entspricht, vom Reiseveranstalter den Reisepreis zurückzuerhalten. Stattdessen wird meist in ablehnenden Schreiben dreist behauptet, es bestehe bis Ende 2021 kein Anspruch auf Rückzahlung des Reisepreises, sondern der Reisende müsse, weil den Reiseveranstalter aufgrund der Sondersituation der Coronakrise kein Verschulden treffe, bis dahin einen Gutschein akzeptieren. Er könne Geld erst dann beanspruchen, wenn er bis dahin den Gutschein nicht zur Buchung einer anderen Reise beim gleichen Veranstalter eingelöst habe. Lassen Sie sich nicht weiter auf den Arm nehmen, denn die Reiseveranstalter haben hier meist wider besseren Wissens gehandelt und „gepokert“, weil sie wussten, dass die Bundesregierung, um die Reisebranche zu entlasten, eine solche „Gutscheinlösung“ einführen wollte, sich aber bislang durch kollidieren des Europarecht daran gehindert sah und bereits bemüht war, die EU-Kommission dazu zu bewegen, das Europarecht entsprechend zu modifizieren. Die Reiseveranstalter, aber auch Fluggesellschaften, haben also bislang, in Erwartung einer neuen Regelung, ihre Kunden hingehalten und auf Zeit gespielt.
Europarechtlichen Verbraucherschutz gilt auch in der Coronakrise
Reisende können nun aufatmen, denn die Bundesregierung hatte zwischenzeitlich ihr Vorhaben, das Reisende zwangsweise dazu verpflichtet werden, Reiseveranstaltern ein zinsloses Darlehen zu gewähren, aufgegeben. Grund dafür ist, dass entgegen der ursprünglichen Erwartung der Bundesregierung, die Kommissionspräsidentin, Ursula von der Leyen, sich nicht für diese Lösung aktiv eingesetzt hatte, während der zuständige Kommissar für Justiz und Verbraucherschutz, Didier Reinders, gegenüber der Presse schon mehrfach einer solchen Gutscheinlösung eine Absage erteilt hatte. Nach den europarechtlichen Vorgaben haben nämlich Verbraucher die Wahl, ob sie einen Gutschein akzeptieren oder eine Erstattung bevorzugen. An diese Regelung soll auch trotz der Coronakrise festgehalten werden.
Auch die EU Verkehrskommissarin Adiana Valean, hat bereits zuvor deutlich gemacht, dass die EU Fluggastrechte auch in der Coronakrise gelten würden. Deshalb könne kein Fluggast dazu gezwungen werden, anstelle der Rückerstattung einen Gutschein zu akzeptieren.
Die EU hält also hier an ihrem Kurs fest die Verbraucherrechte hochzuhalten, höher jedenfalls als die Interessen von Reiseveranstaltern oder Fluggesellschaften.
Akzeptanz eines Gutscheins ist Goodwill der Kunden
Nun ist es Aufgabe der betroffenen Reiseveranstalter und Fluggesellschaften ihre Kunden dazu zu bewegen, dass sie freiwillig bereit sind, statt eine Rückerstattung des Reisepreises zeitlich begrenzt einen Gutschein zu akzeptieren. Dies wird aber abgesehen von den Kunden, die sich per se solidarisch erklären, nur dann gelingen, wenn die Gutscheine attraktiv ausgestaltet sind, also derjenige, der einen Gutschein statt Bargeld erhält, davon einen gewissen Mehrwert hat und vor einigen auch die Sicherheit, dass im Falle einer Insolvenz der Reisepreis nicht eine bloße Insolvenzforderung wird, sondern auch tatsächlich abgesichert ist. Manche Reiseveranstalter sind, beispielsweise bei Kreuzfahrten, deshalb schon dazu übergegangen, dem Kunden, wenn er kein Geld zurückverlangt, bei der nächsten Reise noch ein „Bordguthaben“ zu spendieren. Ob es sich dabei allerdings tatsächlich um einen wirtschaftlichen Mehrwert handelt, bleibt abzuwarten. Da nämlich Gutscheine, regelmäßig keine Reisegutscheine, sondern nur Wertgutscheine sind, könnte nämlich diese „Großzügigkeit“ schnell dadurch aufgezehrt werden, dass einfach im nächsten Jahr entsprechend der Reisepreis erhöht wird.
Lassen Sie sich nicht länger hinhalten, denn Sie sind im Recht
Sollte also auch Ihr Reiseveranstalter oder Ihre Fluggesellschaft den Reisepreis nicht erstatten und Sie stattdessen für dumm verkaufen wollen, dann haben Sie jetzt gute Chancen ihre Forderung nötigenfalls mit gerichtlicher Hilfe durchzusetzen. Bislang bestand nämlich die Gefahr, dass selbst dann, wenn Sie jetzt eine Klage einreichen und eine Gesetzesänderung im Hinblick auf eine Gutscheinlösung im Laufe eines Rechtsstreits in Kraft getreten wäre, Sie gleichwohl, obwohl sie zum Zeitpunkt der Klageeinreichung im Recht waren, am Ende des Tages den Rechtsstreit verloren hätten. Dies ist jetzt vom Tisch. Wenn Sie über eine Rechtsschutzversicherung verfügen, dann muss diese in derartigen Fällen im Übrigen regelmäßig auch eingreifen und Sie von den Prozesskosten freistellen.
Haben auch Sie Probleme mit Ihrem Reiseveranstalter? Wir unterstützen Sie gerne dabei ihre Forderung auf Rückzahlung des Reisepreises mit und ohne gerichtliche Hilfe durchzusetzen.
Anmerkung:
Statt der Gutscheinlösung wird nun zur Unterstützung der Reisebranche die sog. Fondslösung präferiert. Danach sollen Reiseunternehmen aus einem Reisesicherungsfonds entschädigt werden. Damit am Ende des Tages nicht der Steuerzahler, ähnlich wie bei der Pleite von Thomas Cook, dafür geradestehen muss, soll sich im Gegenzug die Reiseveranstalter verpflichten innerhalb einer noch zu regelnden Frist den Fonds wieder aufzufüllen. Gibt es allerdings in der Reisebranche eine Pleitewelle, was derzeit zwar möglich aber noch nicht abschließend beurteilt werden kann, dann wird am Ende des Tages wohl auch hier erneut der Steuerzahler einspringen müssen.