Bekanntermaßen hat der Gesetzgeber vor dem Hintergrund der Corona Pandemie ja dahingehend in bestehende Gewerbemietverhältnisse eingegriffen, dass das Recht des Vermieters zur Kündigung bei Nichtzahlung der Miete ausgeschlossen wurde, wenn die Nichtzahlung sich als Folge einer coronabedingten Betriebsschließung darstellt. Das OLG Nürnberg hat nun mit Beschluss vom 04.09.2020 (13 U 3078/20) die Auffassung vertreten, dass es für den Kündigungsausschluss bereits ausreichend sei, wenn die Pandemie mitursächlich für die Nichtzahlung der Miete gewesen sei.
Nürnberger Wirt zahlt Mieten für die Monate Mai und Juni 2020 nicht und erhält deshalb Kündigung
Ausgangspunkt war ein Räumungsrechtsstreit vor dem Landgericht Nürnberg. Nachdem der Mieter, ein Nürnberger Gastwirt, die Miete für Mai und Juni 2020 nicht bezahlt hat, hat der Vermieter gekündigt und Räumungsklage erhoben.
Diese war erfolgreich, weil das Landgericht insoweit zum Ergebnis gelangt war, dass der Beklagte Wirt den Zusammenhang zwischen der Nichtzahlung der Miete und der Corona-Pandemie nicht hinreichend nachgewiesen habe.
Das Gericht hat sein Urteil für vorläufig vollstreckbar erklärt mit der Maßgabe, dass der Beklagte die Räumung gegen Sicherheitsleistung von 30.000 € hätte abwenden können. Der Wirt hat gegen das Urteil Berufung eingelegt und darüber hinaus beantragt die Zwangsvollstreckung einstweilen ohne Sicherheitsleistung einzustellen.
Mitursächlichkeit der Corona Pandemie für Kündigungsausschluss ausreichend
Die Richter am OLG Nürnberg haben dem Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung stattgegeben. Dies deshalb, weil sie im Rahmen der summarischen Prüfung zu dem Ergebnis gelangt waren, dass das Urteil des Landgerichts Nürnberg mit der von diesem gegebenen Begründung mit großer Wahrscheinlichkeit keinen Bestand haben wird.
Ausschlaggebend für die Einschätzung der Richter war, dass der Beklagte vorgetragen hatte, dass er aufgrund der Pandemie im April 2020 keine und in den Monaten Juni und Juli nur sehr geringe Einnahmen gehabt habe. Seine finanziellen Reserven seien bereits im Zeitraum März bis April 2020 aufgrund der laufenden Kosten aufgebraucht gewesen. Auch die Corona-Soforthilfe hätte nicht ausgereicht, um den Finanzbedarf zu decken und er sei daher auch nicht in der Lage die geforderte Sicherheit von 30.000 € zu erbringen.
Zur Glaubhaftmachung seiner Ausführungen hat er dann erstmals in der Berufungsinstanz eine eidesstattliche Versicherung seines Steuerberaters sowie Unterlagen aus der Buchhaltung vorgelegt. Vor diesem Hintergrund kamen die Richter zum Ergebnis, dass der erforderliche Zusammenhang zwischen der Nichtzahlung der Miete einerseits und der Pandemie andererseits hinreichend glaubhaft gemacht worden sei. Entscheidend komme es, so die Richter, darauf an, dass die Miete aus den laufenden Einnahmen und sonstigen Erträgen nicht bezahlt werden könne. Da das Gesetz nicht vorsehe, dass der Mieter auf „sonstige Rücklagen“ zurückgreifen würde reiche für den Kündigungsausschluss eine Mitursächlichkeit der Pandemie für die Nichtzahlung der Miete aus. Das der Gastwirt im Zeitraum zwischen dem 20.03.2020 und 29.05.2020 keinen Umsatz erzielen konnte sei aufgrund der damaligen Rechtslage in Bayern offenkundig und bedürfe deshalb keines weiteren Beweises. Gaststätten, die so wie der Beklagte, keinen außer Hausverkaufs angeboten haben, konnten in dem Zeitraum keine Umsätze erzielen. Der Umstand, dass der Beklagte dann im Juni, Juli wieder Einnahmen erzielen konnte, sei – so die Richter — von untergeordneter Bedeutung. Sein Unvermögen die Miete im Mai und Juni 2020 fristgerecht zu bezahlen würde nämlich nicht wieder rückwirkend dadurch entfallen, dass später die erforderlichen finanziellen Mittel zur Verfügung gestanden hätten.
Anmerkung:
Gesetzlich geregelt ist nur ein Ausschluss des Kündigungsrechts des Vermieters. Nicht geregelt ist dagegen, dass der Mieter bei einer coronabedingten Betriebsschließung die Miete ganz oder teilweise nicht zahlen müsste. Darauf hat das OLG noch ausdrücklich hingewiesen.
Dies wurde nach unserer Erfahrung in der Praxis von vielen Mietern während des Lockdown, sei es bewusst oder unbewusst, falsch verstanden, indem einfach die Mietzahlung unter Verweis auf die Corona Pandemie rechtsgrundlos eingestellt wurde. In allen von uns insoweit vertretenen Verfahren haben dann die Mieter, meistens große Ketten, dann aber doch irgendwann, und sei es nur vor dem Druck einer anhängig gemachten Klage, eingelenkt und allesamt nachgezahlt. Jetzt, im Teillockdown, tritt bislang die Problematik nur sehr eingeschränkt auf. Da bei weiteren Verlauf der Pandemie durchaus mit weiteren Einschränkungen durch die Landesregierungen zu rechnen ist, gilt dies, solange nichts anderes geregelt wurde, auch spiegelbildlich für alle weiteren Betriebsschließungen. Wer also als Mieter kurzerhand die Mietzahlung einstellt, der riskiert nicht nur die Kündigung und einen daran anschließenden Räumungsrechtsstreit, der – wie das Urteil des Landgerichts Nürnberg gezeigt – durchaus auch anders entschieden werden könnte, sondern auf jeden Fall, da mit Fälligkeit ja automatisch Zahlungsverzug eintritt, dass der Vermieter einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin einschaltet um die rückständige Miete anzubahnen und hierdurch dann neben der Miete auch noch diese Gebühren als Verzugsschaden, sowie Verzugszinsen gezahlt werden müssen. Wer also als Mieter, ohne wirklich in existenzieller Not zu sein, meinte vor dem Hintergrund der Corona Pandemie durch Nichtzahlung der Miete den Vermieter dazu zu bewegen, sich ganz oder teilweise an den Kosten der Betriebsschließung zu beteiligen, der war hier meistens wirtschaftlich schlecht beraten, weil am Ende dann deutlich mehr gezahlt werden musste, als wenngleich die Miete bezahlt worden ist. Von daher sollten Sie als Gewerbemieter, bevor sie einseitig einfach Nichtbezahlen, versuchen vorab gemeinsam mit ihrem Vermieter eine Lösung zu finden. Wenn dieser ein Interesse daran hat, dass das Mietverhältnis auch künftig fortbesteht, dann wird er vielleicht ein Einsehen haben und einlenken. Wie heißt es so schön: Fragen kostet nichts …
Konsequent zu Ende gedacht gehen die Regelungen, die der Gesetzgeber hier getroffen hat, stets zulasten des Vermieters. Dadurch, dass nämlich nicht nur das Kündigungsrecht des Vermieters bei Not leidenden Mietverhältnissen beschnitten worden ist, sondern zugleich die Insolvenzantragspflicht vorübergehend außer Kraft gesetzt wurde, laufen Vermieter, Gefahr am Ende des Tages die werden Corona nicht gezahlte Miete abschreiben zu können. Dies jedenfalls dann, wenn der Mieter es trotz der staatlichen Schützenhilfe nicht schafft zu überleben, also nach wiedererstarken der Insolvenzantragspflicht, was augenblicklich, so nicht wieder eine Verlängerung kommt, der 31.12.2020 sein wird, Insolvenz anmelden muss, dann kann der Vermieter seine Forderung lediglich noch zur Tabelle anmelden und darauf hoffen, dass irgendwann, vielleicht Jahre später, noch irgendeine Quote ausgeschüttet wird. Von daher ist, wer als Vermieter nicht generell bereit ist, sich solidarisch zu zeigen und dem Mieter per se entgegenzukommen, gut beraten, rückständige Mieten stets unverzüglich und mit Nachdruck durchzusetzen.
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