Muss ein Ladenlokal aufgrund einer staatlich angeordneten Betriebsschließung infolge der Corona-Pandemie vorübergehend schließen, dann ist dies sowohl für Mieter als auch für Vermieter eine recht ungute Situation, denn während der Vermieter möglichst die volle Mietzahlung haben möchte, argumentieren Mieter in derartigen Lagen oft damit, dass die Verpflichtung zur Mietzahlung wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage entfallen sei. Was Mieter dabei aber oft, bewusst oder unbewusst, übersehen, ist, dass eine Störung der Geschäftsgrundlage nicht ausreichend ist, um die Verpflichtung zur Mietzahlung ganz oder teilweise auszusetzen. Entscheidend ist, dass die Mietzahlung für den Mieter unzumutbar sein muss, wie nun das OLG Karlsruhe in seinem Urteil vom 24. Februar 2021 (7 U 109/20) klargestellt hat.
Mieterin setzt wegen coronabedingter Schließung vorübergehend die Zahlung der Ladenmiete aus
In der Zeit vom 18.03.2020 bis zum 19.04.2020 musste die Beklagte aufgrund einer behördlichen Coronaschutzanordnung im sog. 1. Lockdown ihre Filiale, die sie beim Kläger angemietet hatte, schließen. Sie war deshalb der Auffassung, keine Miete zuschulden und stellte für diesen Zeitraum die Mietzahlung vollständig ein.
OLG Karlsruhe verurteilt Mieterin zur Nachzahlung der vollständigen Miete
Der Vermieter war der Auffassung, dass das Nutzungsrisiko nicht bei ihm, sondern bei der Mietpartei liegt und klagte kurzerhand die rückständige Miete vor Gericht ein. Während er bereits erstinstanzlich erfolgreich war, hat nun auch das OLG Karlsruhe dem Vermieter Recht gegeben und die Berufung der Mieterin zurückgewiesen.
Kein Mietmangel dafür Störung der Geschäftsgrundlage denkbar
Die Richter haben dabei zunächst klargestellt, dass es sich bei einer pandemiebedingten Betriebsschließung um keinen Mangel der Mietsache handeln würde, der den Mieter zu einer Reduzierung der Miete berechtigen würde. Es könne sich vielmehr allenfalls unter dem Gesichtspunkt einer Störung der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB, eine Reduzierung der Verpflichtung zur vollen Mietzahlung ergeben, wobei es hierbei auf die besonderen Umstände des Einzelfalls ankäme.
Auf die Unzumutbarkeit kommt es an
Erforderlich wäre, dass dem Mieter ein unverändertes Festhalten am Vertrag unzumutbar wäre. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn die Inanspruchnahme des Mieters zu einer Vernichtung seiner Existenz führen oder sein wirtschaftliches Vorkommen zumindest schwerwiegend beeinträchtigen würde und auch die Interessenlage des Vermieters eine Vertragsanpassung erlaube. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür, so die Richter, liegt bei der Partei, die sich auf die Unzumutbarkeit beruft, also beim Mieter. Für eine Prüfung der Umstände des Einzelfalls ist erforderlich, dass seitens des Mieters neben dem Rückgang der Umsätze eine mögliche Kompensation durch Onlinehandel oder durch öffentliche Leistungen, ersparte Aufwendungen, zum Beispiel durch Kurzarbeit sowie fortbestehende Vermögenswerte durch weiterhin verkaufbare Waren berücksichtigt werden. Trägt hier der Mieter nicht ausreichend vor, dann kann eine gerichtliche Anpassung nicht vorgenommen werden.
Anmerkung:
Die Entscheidung verdeutlicht, dass die Hürden für den Mieter, der sich auf eine Störung der Geschäftsgrundlage berufen möchte, hoch sind. Nicht nur in tatsächlicher Hinsicht, sondern auch prozessual, weil der Mieter dezidiert seine Vermögenssituation offenlegen muss. Gerade größere Ketten, die vor Corona noch Millionengewinne eingefahren haben, werden es hier schwer haben ihrer Darlegungs- und Beweislast umfassend nachzukommen. Der kleine Friseurladen um die Ecke, bei dem die Inhaberin oder der Inhaber bereits vor Corona immer wieder aufs Neue ums Überleben kämpfen musste, hat es da sicherlich in tatsächlicher Hinsicht einfacher. Gleichwohl ist auch hier die prozessuale Situation identisch. Ohne hinreichend substantiierten Vortrag und entsprechende Beweisangebote kann die Klage kaum erfolgreich sein. Last but not least wird für viele derartige Verfahren das KO-Kriterium stets die staatlich zugesagte Hilfe sein. Selbst, wenn diese noch nicht geflossen ist, dann kann dies allenfalls zu einer vorübergehenden Stundung, nicht aber zu einem dauerhaften Ausfall der Verpflichtung zur Mietzahlung führen, weil sonst am Ende, wenn einerseits keine oder nur eine reduzierte Miete gezahlt wird andererseits aber eine vollständige Kompensation durch staatliche Hilfsprogramme stattfindet, der Mieter auf Kosten des Vermieters bereichert wäre.