Schlechte Nachrichten für alle Wintergolfer in NRW. Dort hat das Oberverwaltungsgericht NRW mit Beschluss vom 23.12.2020 (13 B 1983/20.NE) einen Eilantrag eines Golfers, das Verbot des Amateur- und Freizeitsports auf und in allen öffentlichen und privaten Sportanlagen, und damit auch auf Golfplätzen, vorläufig außer Vollzug zu setzen, abgelehnt.
Coronaschutzverordnung in NRW verbietet seit dem 16.12.2020 das Golfspielen im Freien auf Golfanlagen (nicht aber auf Wiesen, Weiden, Feldern oder in Kiesgruben)
Der Golfsport findet bekanntlich im Freien und in Deutschland witterungsbedingt damit vorwiegend in den Sommermonaten statt. Die Golfsaison endet regelmäßig Ende Oktober. Wenn es die Witterung zulässt, dann spielen ambitionierte und wetterunempfindlicher Spieler auch noch manchmal im November.
Nachdem in Bayern bereits am 2. Dezember die Golfanlagen zwangsweise unter dem Vorwand des Infektionsschutzes geschlossen wurden, hat NRW am 16.12.2020 mit seiner aktuellen Coronaschutzverordnung nachgezogen und den Freizeit- und Amateursportbetrieb unter anderem auf und in allen öffentlichen und privaten Sportanlagen für unzulässig erklärt. Damit wurde auch im Freien stattfindender Individualsport auf Sportanlagen untersagt.
Golfer aus Düsseldorf kann Regelung in ihrer Pauschalheit nicht nachvollziehen
Nachdem Bewegung an der frischen Luft einerseits nicht nur als gesund eingestuft wird, sondern auch das, gerade jetzt gefragte Immunsystem, stärken soll, und es sich bei Golf noch dazu um eine Sportart handelt, die nicht in der Masse betrieben wird, sondern allein, zu zweit, zu dritt oder mit maximal 4 Personen gleichzeitig gespielt wird, und das Areal, also die Freiflächen, auf denen sich die Spieler bewegen, mehrere Hektar umfasst, und zudem alle Golfanlagen über ein Hygienekonzept verfügen, vermochte ein Golfer aus Düsseldorf die Sinnhaftigkeit seiner Landesverordnungen nicht recht nachvollziehen und zog mit einer sog. Normenkontrolle nach § 47 VwGO vor Gericht. Gleichzeitig hat er einen in diesem Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO möglichen Eilantrag gestellt, mit dem Ziel das Verbot des Amateur- und Freizeitsports auf und in allen öffentlichen und privaten Sportanlagen, insbesondere Golfplätzen, außer Vollzug zu setzen.
Richter halten die getroffene Maßnahme für (wahrscheinlich) verhältnismäßig
Im Rahmen des Eilverfahrens jedenfalls fand er damit vor Gericht kein Gehör, denn die Richter des 13. Senats, die in Münster für Infektionsschutz zuständig sind, halten das angegriffene Verbot für voraussichtlich verhältnismäßig. Zur Begründung haben sie ausgeführt, dass der im November verhängte Teil-Lockdown zwar Wirkung gezeigt, für sich gesehen aber nicht ausgereicht hätte, um das Infektionsgeschehen nachhaltig abzubremsen. Von daher sei es nicht zu beanstanden, dass der Verordnungsgeber nunmehr einen umfassenden Ansatz gewählt habe, der auf die Reduzierung nicht zwingend erforderlicher persönlicher Kontakte durch ein weitgehendes „Herunterfahren des öffentlichen Lebens“ ziele. Die vom Gesetzgeber getroffene Grundentscheidung erscheine daher schlüssig. Die Öffnung öffentlicher und privater Sportanlagen schaffe nämlich Anreize bzw. Gelegenheit zu Kontakten. Dies gelte grundsätzlich auch in Bezug auf Individualsportarten, wie den Golfsport. In der Pressemitteilung des Gerichts wurde dann weiter ausgeführt:
„Hierbei gehe es nicht allein um den Kontakt zu einem möglichen Mitspieler, sondern auch zu anderen Spielern, die die Anlagen zum gleichen Zeitpunkt nutzten und denen man etwa auf dem Parkplatz oder am Eingang begegne. Eine solche Begegnung könne – weil sich viele Mitglieder eines Vereins oder Clubs auch kennen dürften – den Anreiz bieten, zu einem Gespräch zu verweilen. Speziell beim Golf seien Kontakte auf dem Platz und in der Umgebung des Platzes nicht ausgeschlossen. Der mit dem Verbot verbundene Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit der Sportler sei gemessen an dem damit bezweckten Gesundheitsschutz der Bevölkerung voraussichtlich gerechtfertigt. In diesem Zusammenhang seien insbesondere die gravierenden und teils irreversiblen Folgen zu berücksichtigen, die ein weiterer unkontrollierter Anstieg der Zahl von Neuansteckungen für Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen hätte. Demgegenüber falle auch nicht ausschlaggebend ins Gewicht, dass sportliche Betätigung selbst einen Wert für die physische und psychische Gesundheit habe. Das angegriffene Verbot schließe nicht jede sportliche Betätigung aus. Individualsport im Freien außerhalb von privaten und öffentlichen Sportanlagen (etwa Joggen, Walken, Radfahren, Inlineskaten, Gymnastik) bleibe weiter möglich. Dass hierbei vorübergehend auf andere Sportarten ausgewichen werden müsse, sei angesichts des mit dem Verbot verfolgten Schutzzwecks hinnehmbar. Hinsichtlich des Eingriffs in die Rechte der privaten Anlagenbetreiber sei schließlich in Rechnung zu stellen, dass diese staatliche Unterstützungsleistungen in Anspruch nehmen könnten, die etwaige finanzielle Einbußen in gewissem Maß abfederten.“
Anmerkung:
Die Entscheidung des Gerichts ist, jedenfalls im Ansatz, menschlich nachvollziehbar, denn wer möchte schon aus dem Bauch heraus Menschenleben gefährden.
Rechtlich ist sie dies dagegen nach Auffassung des Verfassers nicht. Vielmehr offenbart sie, dass die an der Entscheidung mitwirkenden Richter selbst wohl nicht Golf spielen und sich auch nicht näher mit der Thematik befasst haben. Liest man die Begründung, dann könnte man nämlich den Eindruck gewinnen, dass der Golfsport im November Hochsaison habe, also zahlreiche Mitglieder sich auf den Golfanlagen tummeln würden. Dies ist aber witterungsbedingt regelmäßig nicht der Fall. Abgesehen von Pros und Kaderspielern, die von der Regelung ohnehin nicht erfasst werden, sind im Winter auf Golfanlagen regelmäßig nur eine Handvoll Golfverrückter anzutreffen, die bei Wind, Regen und Schnee aus ihrer Abschlagbox, die sie vor der Witterung geschützt, und in der grundsätzlich nur eine Person Bälle schlagen kann, die die Wintermonate nutzten, um ihm Schwung zu bleiben oder am Schwung zu arbeiten, um topfit in die neue Saison zu starten.
Golfspielen nicht per se verboten, sondern nur auf Golfanlagen
So die Richter vorschlagen, Golfspieler sollten auf andere Sportarten ausweichen, dann lässt dies nicht nur auf ein falsches Verständnis der Regelung rückschließen, sondern zeigt auch eine gewisse Lebensfremde. Dies zunächst deshalb, weil das Golfspielen nicht per se untersagt ist, sondern eben nur auf Sportanlagen, also auch Golfplätzen. Dies bedeutet, dass derjenige, der Spaß daran hat, nun als sog. „Crossgolfer“ Bälle über Wiesen, Weiden, Felder oder in Kiesgruben zu schlagen von der Verordnung unbehelligt Bälle klopfen kann. Dies alleine oder aber auch mit seinen Golfkumpels, ganz wie es passt. Es widerspricht aber jeglicher Logik, weshalb es, wollte man es auf die Spitze treiben, rechtlich zulässig und gesundheitlich unbedenklich sein soll, auf einer Wiese, die parallel zu einem Fairway verläuft und die meistens in der kalten Jahreszeit ebenfalls kurz gemäht sind, also Bälle nicht nur geschlagen, sondern auch wiedergefunden werden können, Bälle schlagen und sich so nicht nur den Zorn des Bauern zu ziehen, sondern auch andere gefährden kann, wenn man auf der eigenen Golfwiese, nämlich der Driving Range oder dem Fairway, also einer Spielbahn, die extra dafür ausgelegt sind und bei denen die Gefährdung Dritter weitgehend ausgeschlossen ist, dies verboten. Noch absurder wird das Ganze, wenn man sich vor Augen führt, dass dem Golfer das Parken auf dem Parkplatz der Golfanlage durch die Regelung gerade nicht untersagt ist. Da Golfanlagen nicht nur aus Abschlägen, Fairways und Grüns, sondern auch aus Spazierwegen bestehen, ist es dem Golfer, aber auch anderen, nicht verboten, nunmehr eben dort spazieren zu gehen.
Nutzung der Golfanlagen nur für Golfspieler, nicht aber für Spaziergänger untersagt
Gerade die eingeschränkten Freizeitmöglichkeiten im Freien haben aber, dies war bereits im November spürbar, als Golfanlagen noch (eingeschränkt) nutzbar waren, dazu geführt, dass der Reiz von Golfanlagen von Nichtgolfern als Naherholungsgebiet entdeckt wurde und sich in bislang nicht gekannten Ausmaß Spaziergänger und Wanderer dort gleichermaßen tummelten. Kommen jetzt auch noch die in die Zwangspause geschickten Golfspieler dazu, würde das Menschenaufkommen, das Begegnungen auf einem schmalen Weg unvermeidbar macht, nochmals erhöht. Unter dem Blickwinkel das Infektionsgeschehen einzudämmen, erscheint also die Maßnahme eher kontraproduktiv, weil jedenfalls der Golfspieler, der sich im Spielmodus auf der Golfanlage bewegt hat, stets so verhalten konnte, dass mehr als ausreichender Mindestabstand eingehalten wird. Ein Blick auf Spazierwege in Parkanlagen, an Seen oder aber auch hier in Bayern auf Ausflugsziele in den Bergen, wo sich Menschenmassen auf Wanderwegen stauen oder auf den Parkplätzen geschlossener Liftanlagen treffen, verdeutlicht, dass die Argumentation des Gerichts kaum mit der Realität in Einklang zu bringen ist. Bei den Spaziergängen an seinem Wohnort an den Weihnachtsfeiertagen hatte der Verfasser mehr Gelegenheit mit Nachbarn und Bekannten zu plaudern, als wenn er die Zeit auf dem Golfplatz oder selbst Golfparkplatz, an dem die Richter sich zu stören scheinen, verbracht hätte.
Entscheidung lässt mangelnde Kenntnis der Strukturen von Golfclubs vermuten
So schließlich die Richter damit argumentieren, dass Eingriffe in die Rechte privater Anlagenbetreiber durch staatliche Unterstützungsleistungen abgefedert werden, verdeutlicht auch dies, dass die an der Entscheidung beteiligen Richtern offensichtlich auch hier der erforderliche Einblick in die Struktur einer Golfanlage fehlt. Außerhalb der Saison, also wenn weder Greenfeespieler, so nennt man die Golfspielen Gäste, die nicht Mitglied im jeweiligen Club sind und deshalb für die Runde bezahlen müssen, kommen noch Turniere stattfinden finanziert sich eine Golfanlage regelmäßig ausschließlich durch die Beiträge seiner Mitglieder. Diese wiederum zahlen ihre Beiträge durchwegs als Jahresbeiträge. Einbußen würden also nur dann entstehen, wenn nun die Mitglieder auf die Idee kämen, vom jeweiligen Betreiber anteilig die Spielgebühr zurück zu verlangen, weil sie die Golfanlage aufgrund der Regelung nicht nutzen konnten und damit mangels Leistung der Anspruch auf Gegenleistungen entfällt. Dies werden aber Mitglieder regelmäßig nicht machen, weil zum einen Golfanlagen bekanntermaßen nicht in Geld schwimmen und zum anderen jedes Mitglied ein Interesse daran hat, dass die Anlage auch in der neuen Saison noch am Leben ist. Geschädigt sind letztlich all die Mitglieder, die ihren Jahresbeitrag bezahlen, ohne über Wochen und Monate die Anlage nicht nutzen zu können.
Verstößt die Schließung gegen den Gleichheitsgrundsatz?
Nach der Auffassung des Verfassers ist die Schließung der Golfanlagen in Bayern ein Colateralschaden, der in Kauf genommen wurde, weil es eigentlich um die Schließung der Skipisten Anfang Dezember gegangen war. Um hier nicht differenzieren zu müssen, hat sich der Gesetzgeber dafür entschieden einfach alle Sportanlagen für den Individualsport zu schließen. NRW dagegen ist weniger für seinen Wintersport bekannt. Gleichwohl gibt es auch dort 99 Pistenkilometer und 126 Skilifte. Von daher kann es dahinstehen, ob auch dies die tragende Überlegung war, oder einfach Herr Laschet nicht hinter Herrn Söder nachstehen wollte….
Aus Sicht des Verfassers ist bereits zweifelhaft, ob die Schließung der Golfanlagen überhaupt geeignet ist, das Infektionsgeschehen spürbar zu beeinflussen. Jedenfalls erscheint – noch dazu außerhalb der Saison – eine solche Maßnahme nach dem vorgenannten weder erforderlich noch angemessen, so dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht beachtet wurde. Hinzu kommt, dass nach Ansicht des Verfassers die Schließung der Golfanlagen auch willkürlich ist, also den Gleichheitssatz verletzt, weil, obwohl es sachliche Differenzierungsgründe zwischen unterschiedlichen Sportanlagen gibt, Regelungen getroffen wurden, die diese Differenzierung vermissen lassen. Damit wird Ungleiches willkürlich gleich behandelt, was gerade durch Art. 3 Abs. 1 GG nicht zulässig ist.
System der kurzlebigen Infektionsschutzverordnungen führt zu einer nur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle
Der Fall verdeutlicht exemplarisch in welchem Dilemma sich augenblicklich Demokratie und Rechtsstaat befinden. Die Legislative, also die gesetzgebende Gewalt, hält sich weitgehend zurück und überlässt das Handeln der Exekutive, also hier den Landesregierungen, die mit immer neuen Verordnungen in die Rechte der Bürger eingreifen. Wer diese Eingriffe nicht klaglos hinnehmen möchte dem garantiert Art. 19 Abs. 4 GG („Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen“) die Möglichkeit die Maßnahme gerichtlich überprüfen und korrigieren zu lassen. Dies ist das Wesen des Gewaltenteilungsgrundsatzes und des Rechtsstaats. Der Knackpunkt ist dabei allerdings, dass zum einen die Mühlen der Justiz bekanntlich langsam mahlen, während Coronaschutzverordnungen sehr kurzlebig sind, also rasch wieder außer Kraft treten. Wer heute eine Normenkontrolle gegen eine derzeit geltende Verordnung einlegt, der muss billigend in Kauf nehmen, dass die Verordnung, die er angreift, schon gar keine Geltung mehr hat, bis das Oberverwaltungsgericht (in Bayern der VGH) die Verordnung kassiert. Damit bleibt nur die Möglichkeit, parallel zur Normenkontrolle einen Eilantrag zu stellen. Und das ist letztlich die Crux an der Sache, nämlich dass in diesen Eilanträgen regelmäßig nur eine Abwägung nach dem Schema was-wäre-wenn stattfindet. Von daher werden Gerichte stets eher geneigt sein, sich zu Gunsten des Infektionsschutzes und gegen die Freiheit zu entscheiden, denn welcher Richter oder welche Richterin möchte sich schon hinterher gerne vorwerfen lassen, dass seine Entscheidung dazu geführt hat, dass Menschen schwer erkrankt oder vielleicht noch schlimmer sogar gestorben sind. Genau dies müssen sich Richter aber schnell heute von Politikern aus der 2. und 3. Reihe, die nach medialer Präsenz heißen, vorwerfen lassen, wenn sie Coronaschutzmaßnahmen kippen. …
Korrigiert dann ein Gericht doch ganz oder jedenfalls teilweise, eine Verwaltungsentscheidung, dann ist damit aber auch oft nicht viel gewonnen, weil dann der Verordnungsgeber, so ja zuletzt geschehen bei dem Verfahren gegen die pauschale Schließung von Fitnessstudios in Bayern, den festgestellten Mangel, dort den Verstoß gegen den Gleichheitssatz, damit beseitigt, in dem er noch einen oben drauflegt, was dann bekanntlich zur Schließung der Tennishallen geführt hat….
Ein schwacher Trost für alle Betreiber von Golfanlagen, in deren Bundesländern der Golfsport augenblicklich untersagt ist sowie für alle Golfsüchtigen: die Entscheidung wirkt nicht allgemeinverbindlich, hat also (theoretisch) keinerlei Auswirkung auf Entscheidungen anderer Gerichte. Und wie heißt es so schön: „Wo kein Kläger da kein Richter …“.