Wird der Lockdown angekündigt oder verschärft, dann lautet das Zauberwort, mit dem die Politik die zwischenzeitlich arg strapazierten Gemüter ihrer Bürger, insbesondere aber der von den Maßnahmen Betroffenen, besänftigen möchte oft „Corona-Sofort- oder Überbrückungshilfe“. Damit wird suggeriert, dass derjenige, dessen Existenz durch den staatlichen Rechtseingriff beeinträchtigt oder gefährdet wird, sich nicht zu sorgen braucht, weil der Staat für ihn da ist. Der Teufel steckt allerdings oft im Detail. Nicht nur, dass die Soforthilfe oft ohne Inanspruchnahme eines Steuerberaters gar nicht beantragt werden kann, drohen all denjenigen, die die Soforthilfe unberechtigt in Anspruch genommen haben, im besten Fall Rückforderungsbescheide und, gar nicht so selten, auch der Staatsanwalt. So hat das VG Düsseldorf mit Urteil vom 12.01.2021 (20 K 4706/20) die Klage eines freischaffenden Künstlers, also eines sog. Solo-Selbstständigen, gegen die Zurücknahme eines Bewilligungsbescheids sowie die Rückforderung der Soforthilfe in Höhe von 9.000 € mit der Begründung zurückgewiesen, dass er aufgrund seiner bereits ohnehin bereits vor Corona bestehenden Schulden nicht förderungswürdig gewesen sei.
Soloselbstständiger als „Unternehmen in Schwierigkeiten“
Der Kläger ist freischaffender Künstler und damit Solo Selbständiger. Auf seinen Antrag hin hatte ihm die Bezirksregierung Düsseldorf auf Grundlage des Corona Soforthilfeprogramms des Bundes und der Richtlinien NRW Soforthilfe 2020 im Frühjahr eine Corona Soforthilfe in Höhe von 9.000 € bewilligt und ausgezahlt.
Später hat die Bezirksregierung dann allerdings die Bewilligung wieder zurückgenommen und die Rückzahlung der ausgezahlten Beträge gefordert, weil nach nochmaliger Überprüfung der Kläger nicht förderungswürdig gewesen sei. Diese habe nämlich zum Stichtag 31.12.2019 bereits gegenüber dem Fiskus fällige Steuerverbindlichkeiten in Höhe von 360.000 € gehabt, so dass es sich bei ihm um ein nicht förderungswürdiges „Unternehmen in Schwierigkeiten“ gehandelt habe.
Da der Kläger sich als „Künstler“, nicht aber als „Unternehmen“ fühlte, hielt er den Bescheid für rechtswidrig und zog vor Gericht.
Kein Anspruch auf Corona-Soforthilfe bei vorheriger Zahlungsunfähigkeit
Die Klage blieb ohne Erfolg, denn Corona-Soforthilfe könnten, so die Richter, nur solche Unternehmen beanspruchen, die sie nicht bereits zum Stichtag 30.12.2019 in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden hätten. Dementsprechend müssten Antragsteller auch versichern, dass sie durch die Corona-Pandemie in existenzbedrohende Schwierigkeiten geraten seien. Eine solche Erklärung habe der Kläger aber nicht abgegeben, obwohl er zum Stichtag einen 30.12.2019 bereits Steuerverbindlichkeiten in Höhe von 360.000 € angehäuft hatte, zu deren Begleichung er nicht in der Lage war, so dass er bereits zu diesem Zeitpunkt zahlungsunfähig gewesen wäre.
Die Auffassung des Klägers, dass er als Solo-Selbständiger kein „Unternehmen in Schwierigkeiten“ im Sinne des Corona Soforthilfeprogramms des Bundes und der Richtlinie NRW-Soforthilfe 2020 gewesen sei, ist unzutreffend. Es sei dem Kläger zumutbar gewesen vor Antragstellung, beispielsweise durch eine Nachfrage bei der Bezirksregierung, zu klären, ob überhaupt antragsberechtigt sei. Von daher sei der Bescheid rechtmäßig und der Kläger zur Rückzahlung verpflichtet.
Anmerkung:
Im Ergebnis ist das Urteil rechtlich natürlich nicht zu beanstanden. Nicht nachvollziehbar ist allerdings der Sachverhalt, der dem Urteil zugrunde liegt. Denn in einer vernetzten, digitalen Gesellschaft, wäre an sich zu erwarten, dass bevor Steuergelder als Hilfen ausgezahlt werden, zumindest seitens der zuständigen Stellen das nachgeprüft wird, was auch nachprüfbar ist. Dies ist hier offensichtlich unterlassen worden, denn bei einer Abfrage des Steuerkontos des Finanzamts, wäre für die Bezirksregierung unschwer zu erkennen gewesen, dass die 9.000 € Soforthilfe für den Kläger nicht nur ein „Tropfen auf dem heißen Stein“ sind, sondern dessen finanzielle Schwierigkeiten schon aus einer Zeit stammen, als Corona noch nicht das tagespolitische Geschehen und Handeln bestimmt hat. Nachdem der Kläger schon ohne Corona nicht in der Lage war, seine Steuerschulden zu begleichen, wird er erst recht jetzt nicht in der Lage sein, die geforderten 9.000 € zurückzuzahlen. Der Geschädigte ist wieder einmal mehr der Steuerzahler.
Gleichgültig, ob Corona-Soforthilfe oder Überbrückungshilfe. Das, was als unbürokratische Hilfe von der Politik sehr medienwirksam verkündet wird, ist für die Betroffenen oft nicht nur deshalb unbefriedigend, weil die angekündigten Zahlungen nicht oder nur zögerlich ausgezahlt werden, sondern weil diejenigen, die Zahlungen erhalten haben, auch immer häufiger mit Rückforderungen konfrontiert werden. Dies deshalb, weil erst kurz vor Weihnachten klar wurde, dass die Überbrückungshilfen lediglich ein Betrag zu den ungedeckten Fixkosten sein sollen. Dies bedeutet, dass Unternehmen, die gleichwohl Umsätze gemacht haben, beispielsweise durch einen Abhol-Service, sich die so erwirtschafteten Umsätze anrechnen lassen müssen. Solche Unternehmen haben dann nur noch einen verminderten oder gar keinen Anspruch mehr, mit der Folge, dass entweder weniger ausgezahlt wird als ursprünglich gedacht oder aber im Falle einer Auszahlung betroffene Unternehmer mit einer Rückzahlung konfrontiert werden. Dies wird dann Geld sein, dass meistens schon anderweitig für die Deckung des Lebensbedarfs ausgegeben wurde. Diese Änderung durch die Fixkostenregelung, ist wieder ein Zugeständnis, das Deutschland der EU machen musste, weil die EU-Kommission darauf bestanden hatte. Die ohnehin arg gebeutelten Selbstständigen, die neben Kindern mit die Hauptleittragenden der Pandemiepolitik sind, werden so nun auch noch zusätzlich in wirtschaftliche Bedrängnis gebracht, in dem sie nicht nur Kosten für die Überprüfung von Rückforderungsbescheiden, sondern auch Kosten für Gerichtsverfahren über Rückforderungen, deren Rechtmäßigkeit vor Gericht geklärt werden muss, aufgebürdet bekommen. Ein Ende ist bei weitem noch nicht in Sicht.
Wenn also einerseits diejenigen, die Rücklagen haben, nicht bedürftig sind und diejenigen, die bereits wirtschaftliche Probleme haben, nicht förderungswürdig sind, dann hängt sich der Kreis derer, die berechtigt staatliche Hilfe in Anspruch nehmen auf diejenigen ein, die zwar keine größeren Schulden, aber auch keine größeren Guthaben haben, also nur dann überlebensfähig sind, wenn sie einen fortwährenden Cashflow generieren können. Damit ist der Kreis der Berechtigten dann doch bereits erheblich eingeengt ….