Wenn Sie Vermieter von Gewerbeimmobilien sind, dann werden Sie vielleicht schon in den letzten Tagen Post von Ihren Mietern erhalten haben, in denen diese manchmal dreist, manchmal freundlich, aber auf jeden Fall recht bestimmt, mitteilen, dass aufgrund der staatlich angeordneten Betriebsschließungen augenblicklich keine Einnahmen mehr erzielt würden und deshalb ab April bis auf weiteres auch keine Miete mehr geschuldet sei. Besonders dreiste Mieter, meistens große Ketten, behaupten dabei sogar, dies würde gängiger Rechtsprechung entsprechen, weil die Mietsache nun mit einem „Mangel“ behaftet sei, der Mieter berechtigen würde, die Miete zu reduzieren oder ganz einzustellen. Jedenfalls aber sei die Geschäftsgrundlage entfallen. Aber gleichgültig, was Ihre Mieter schreiben, dies ist regelmäßig aus rechtlicher Sicht bedeutungslos. Auslöser dieser Schreiben ist eine vom Gesetzgeber vor dem Hintergrund der Coronakrise gut gemeinte, aber dilettantisch gemachte Regelung in den sog. Corona-Hilfsgesetzen. Dort ist aber keineswegs geregelt, dass ab 1. April Mieter von der Verpflichtung zur Mietzahlung befreit seien, sondern lediglich, dass wegen Mietrückständen, die in der Zeit vom 1. April bis zum 30.06.2020 auflaufen nicht allein deshalb gekündigt werden könne, wenn die Nichtleistung sich als Auswirkung der Coronakrise darstellt. Diese Regelung wird vielfach, sei es bewusst oder unbewusst, von Gewerbemietern falsch verstanden.
Kurzarbeit und vorübergehende Betriebsschließungen sollen keine Kündigungswelle auf dem Mietmarkt auslösen
Wer mit zwei aufeinanderfolgenden Monatsmieten in Verzug gerät oder aber einen Mietrückstand aufbaut, der mindestens 2 Monatsmieten entspricht, dem kann nach den Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) vom Vermieter fristlos gekündigt werden. Da aufgrund der Covid-19-Pandemie die Schließung vieler Betriebe staatlich angeordnet wurde und darüber hinaus die Inanspruchnahme von Kurzarbeit für Unternehmen erleichtert wurde, werden also viele Haushalte in Deutschland in den nächsten Wochen und Monaten erhebliche Einkommenseinbußen hinnehmen müssen. Da wiederum im so gepriesenen „reichen“ Deutschland wiederum viele Menschen gar nicht so reich sind, sondern gerade so leben, dass sie über die Runden kommen, war seitens der Bundesregierung offenbar befürchtet worden, dass nicht nur Arbeitnehmer, die jetzt aufgrund von Kurzarbeit ein geringeres Gehalt beziehen, nicht mehr in der Lage sein werden, ihre Wohnungsmieten pünktlich und vollständig zu bezahlen, sondern dass auch Freiberufler und Gewerbetreibende durch staatlich angeordnete Betriebsschließungen, aber auch durch massive Einbrüche in der Nachfrage, so in wirtschaftliche Schieflage geraten könnten, dass die Gewerbemiete nicht mehr bezahlt werden kann. Deshalb wurde im Rahmen eines offensichtlich juristisch wenig durchdachten „Schnellschuss“ im Rahmen der sog. Corona-Hilfsgesetze eine Regelung getroffen, die vermeiden sollte, dass „herzlose“ Vermieter (die Bundesregierung scheint offensichtlich der Meinung zu sein, dass jeder Vermieter nur darauf wartet das Mietverhältnis kündigen zu können) die Situation dazu ausnutzen würden, fristlose Kündigungen auszusprechen. Deshalb finden sich für Mietzahlungen ab dem 01.04.2020 dort folgende Regelungen, die nicht nur bestehende Mietverträge, sondern auch die allgemeingültigen Vorgaben des BGB aushebeln sollen:
„Der Vermieter kann ein Mietverhältnis über Grundstücke oder über Räume nicht allein aus dem Grund kündigen, dass der Mieter im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 trotz Fälligkeit die Miete nicht leistet, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht…
Der Zusammenhang zwischen COVID-19-Pandemie und Nichtleistung ist glaubhaft zu machen. Sonstige Kündigungsrechte bleiben unberührt.“
Corona-Hilfsgesetze sind kein Freifahrtschein für Mieter
Zunächst einmal ist klarzustellen, dass ein tragender Grundsatz des deutschen Zivilrechts lautet „pacta sunt servanda“. Es handelt sich dabei um den Grundsatz der Vertragstreue, der nichts anderes besagt, als dass Verträge einzuhalten sind.
Da dieser Grundsatz quasi das kleine Einmaleins einer jeden Juristenausbildung ist, erscheint es relativ unwahrscheinlich, dass gerade große börsennotierte Aktienkonzerne, wie beispielsweise Adidas, in denen Vorstände Millionengehälter und Millionenboni beziehen, ernsthaft der Meinung gewesen sein sollten, dass diese Regelungen sie dazu berechtigen würden, ab April den übernommenen Mietverpflichtungen in Deutschland nicht mehr nachkommen zu müssen. Der Aufschrei, der durch die mediale Landschaft ging, dürfte nach Auffassung des Verfassers durch eine solche Aussage bewusst provoziert und als kostenlose Werbemaßnahme verstanden worden sein, getreu dem Motto „besser schlechte Werbung als gar keine Werbung“. Eine derart überregional große mediale Präsenz in Druckmedien, Online und TV müsste nämlich ansonsten mit einem Millionenbetrag erkauft werden. Der Aktionismus, der hinter der Aussage steckt, wird dadurch deutlich, dass kaum, dass ein Aufschrei durch Medien und Politik ging, und das angekündigte Verhalten als „unanständig und nicht akzeptabel“ gescholten wurde, Adidas zurückgerudert ist und nun zumindest erklärt hat, zumindest die Miete weiterhin an Privatvermieter zahlen zu wollen. Letztlich ist aber auch diese Empörung aufgesetzt und scheinheilig. Wird darüber doch hinweggetäuscht, dass dem Gesetzgeber manchmal, obwohl jährlich Millionen an Steuergeldern an Beraterhonoraren an externe Berater in Großkanzleien gezahlt werden, offensichtlich jeder praktische Sachverstand abhandengekommen ist.
Konzerne wie Adidas verfügen auch über eine eigene Rechtsabteilung, in der Juristen im Vertragsrecht so visiert sind, dass sie wissen, dass dann, wenn keine Umsatzmiete vereinbart ist, der wirtschaftliche Erfolg der Unternehmung auf die Verpflichtung zur Mietzahlung keinerlei Auswirkung hat und die Sonderregelungen in den Corona Hilfsgesetzen plötzlich aufgetretene Härten abmildern aber nicht Unternehmen entlasten sollen, die regelmäßig Gewinne in Milliardenhöhe machen und an Vorstände Gehälter und Boni im 2-stelligen Millionenbereich zahlen. Daher ist das ganze bei richtiger Betrachtung eher als billige PR-Nummer, denn als juristische Fehleinschätzung einzustufen.
Mieter trägt die Darlegungs- und Beweislast für coronabedingte finanzielle Schieflage
Aber selbst für den Fall, dass der Gesetzgeber nicht unverzüglich Klarheit schafft und seine Regelungen nachbessert, geben diese bereits jetzt nach Auffassung des Verfassers keine Grundlage dafür ohne wirtschaftliche Schieflage die Mietzahlung einzustellen. Dies deshalb, weil der Gesetzgeber einmal klargestellt hat, dass die „Nichtleistung auf den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie beruhen“ müsse und weiter, dass „der Zusammenhang zwischen der Covid-19-Pandemie und Nichtleistung glaubhaft zu machen sei“.
Dies bedeutet bei richtiger Betrachtung, dass Mieter, die aufgrund der Sonderregelungen vorübergehend die Mietzahlung ganz oder teilweise nicht leisten im Falle eines Rechtsstreits dafür die Darlegungs- und Beweislast tragen, dass die gesetzlichen Sonderregelungen, ungeachtet von der Frage, ob dies überhaupt mit dem Grundgesetz in Einklang stehen, im konkreten Einzelfall einschlägig sind. Reduzierte Einkommen durch Kurzarbeitergeld bei Wohnraummiete oder aber Umsatzeinbußen durch Geschäftsschließungen bei Gewerbemiete reichen dafür per se wohl nicht aus, weil neben dem laufenden Einkommen, bevor auf die Sonderregelungen der Corona Hilfsgesetze zurückgegriffen werden darf, vorhandenes Vermögen bzw. Eigenkapital eingesetzt werden muss. Derjenige, der sich also in einem Rechtsstreit auf diese Regelungen berufen möchte, wird seine finanzielle Leistungsfähigkeit offenlegen müssen. Damit reduziert sich der Anwendungsbereich der Regelung wieder nur auf diejenigen Fälle, in denen tatsächlich die finanziellen Möglichkeiten fehlen, die Miete in den nächsten 3 Monaten vollständig aufzubringen. In diesen Fällen haben Mieter dann bis zum 30.06.2022 Zeit die Rückstände auszugleichen, ohne eine Kündigung befürchten zu müssen.
Kündigungsproblematik wird nicht behoben, sondern nur auf 2022 verschoben
Da allerdings gleichgültig, ob Mieter von Wohnraum oder Geschäftsräumen, aufgrund der gesetzlichen Konzeption die Mietzahlung nur gestundet, nicht aber erlassen wird, erscheint es fraglich, ob derjenige dessen Finanzreserven bereits jetzt so knapp sind, dass er trotz der erforderlichen Anstrengungen seinen Mietverpflichtungen nicht nachkommen kann, überhaupt in der Lage sein wird die aufgelaufenen Mietrückstände bis zum Stichtag abzutragen oder aber dann vielmehr in 2022 eine Kündigungswelle durch Deutschland geht. Die Folgen wird so oder so politisch dann jedenfalls eine andere Regierung zu spüren bekommen.
Wenn Sie als Vermieter sich nicht aus Solidarität mit Ihrem Mieter, gleichgültig, ob Privat oder Gewerbe, ins Benehmen setzen und eine einvernehmliche Lösung für die durch den Coronavirus nun plötzlich zutage getretene Problematik finden, dann sollten Sie das Problem nicht auf die lange Bank schieben, sondern aktiv lösen, indem Sie auf pünktliche und fortlaufende Zahlung bestehen und nötigenfalls Ihre berechtigten Zahlungsansprüche unverzüglich mit gerichtlicher Hilfe durchsetzen. Gerade bei Gewerbemietern, die sich bereits jetzt, nicht nur zur Show, sondern ernsthaft, auf die Regelungen der Corona-Hilfsgesetze berufen müssen, wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit die wirtschaftliche Situation nach der Krise kaum verbessern, sodass das Problem nur aufgeschoben wird. Die gesetzlich verordnete Stundung führt hier sogar dazu, dass ein auftretendes Insolvenzrisiko auf den Vermieter übertragen wird.
Bei allen anderen Mietern sollte jeder Vermieter allerdings beachten, dass gute Mieter ein rares Gut sind und es manchmal sinnvoller ist, sich kulant zu zeigen als starr auf der eigenen Rechtsposition zu beharren, um dann mit einem neuen Mieter vom Regen in die Traufe zu kommen. Es gibt nämlich mehr Mieter, als mancher vielleicht glaubt, die auch ohne Coronakrise ihren vertraglichen Verpflichtungen nicht oder nur schleppend nachkommen, so dass jeder Mieterwechsel auch mit einem gewissen Risiko verbunden ist.
Wenn Sie eine Strategie suchen, wie Sie mit Ihren Gewerbemietern in der Coronakrise verfahren sollen, dann berät und unterstützt unser Team aus erfahrenen Immobilienanwälten Sie gerne bundesweit.