Wie viele FFP-2 Masken verbrauchen Sie als Normalverbraucher so pro Woche oder Monat? Das ist keine Scherz- oder Fangfrage, sondern mit dieser Frage musste sich das Sozialgericht Karlsruhe (Beschluss vom 11.02.2021, S 12 AS 213/21 ER) im Rahmen eines Eilantrags eines Hartz IV Beziehers befassen und ist dabei zum Ergebnis gelangt, dass Empfänger von Grundsicherung in ihrem Grundrecht auf soziale Teilhabe unverhältnismäßig beschränkt würden, wenn diesen das Jobcenter nicht kostenlos 20 FFP-2-Masken wöchentlich zur Verfügung stellt oder alternativ einen Mehrbedarf von monatlich 129 € begrenzt bis zum Sommeranfang bezahlt.
Arbeitssuchender verlangt vom Jobcenter 20 kostenlose FFP2-Masken pro Woche
Der Antragsteller ist Bezieher von Arbeitslosengeld II. Als solcher hat er vom Jobcenter die kostenlose Zurverfügungstellung von 20 FFP2-Masken verlangt und hilfsweise den entsprechenden monatlichen Mehrbedarf dafür. Da die Behörde den Vorstellung des Antragstellers nicht entsprochen hat, zog er mit einem Eilantrag vor Gericht und bekam Recht.
Grundrecht auf soziale Teilhabe unverhältnismäßig beschränkt
Vor Gericht bekam der Antragsteller recht, denn die Richter war der Auffassung, dass ein besonderer Mehrbedarf von 20 FFP2-Masken hinreichend glaubhaft gemacht worden sei. Ohne die kostenlose Zurverfügungstellung von Mund-Nasen-Bedeckungen dieses Standards, würden Bezieher von Arbeitslosengeld II in ihrem Grundrecht auf soziale Teilhabe in unverhältnismäßiger Weise beschränkt. Nach 3 Monaten Lockdown, so die Richter, müssten Arbeitssuchende wieder am Gemeinschaftsleben in einer dem sozialen Existenzminimum entsprechenden Art und Weise teilnehmen können. Dabei müsse sich der Antragsteller nicht auf kostengünstigere Alltags- oder OP-Masken verweisen lassen, weil diese für den Infektionsschutzes nicht gut genug geeignet seien.
Wer bei der Verrichtung alltäglicher Erledigungen trotzdem lediglich eine OP-Maske gebrauche und einen Mitmenschen mit dem lebensgefährlichen Virus anstecke, schädige eine andere Person an der Gesundheit und verstoße nach Auffassung des Gerichts gegen das gesetzliche Verbot gefährlicher Körperverletzungen.
Dieses verbotswidrige Verhalten sei auch nicht allein deswegen außerhalb von Krankenhäusern oder Pflegeheimen erlaubt, weil die CoronaVO FFP2-Masken lediglich dort vorschreibe und andernorts OP-Masken genügen lasse.
Die Anerkennung individueller Mehrbedarfe an FFP2-Masken diene nicht nur der Befriedigung privater Bedürfnisse. Sie bezwecke den Infektionsschutz der Allgemeinheit vor einer weiteren Verbreitung des Virus.
Zur effektiven Abwehr dieser gesteigerten Ansteckungsgefahr müsse die Mehrbedarfsgewährung wöchentlich 20 FFP2-Masken umfassen. Dem Infektionsschutz werde ein Bärendienst erwiesen, falls nicht mindestens täglich eine neue Maske sowie durchschnittlich ca. zwei weitere neue Ersatz-FFP2-Masken bereitgestellt würden.
Es sei davon auszugehen, dass wenige Personen bereit und fähig seien, fortlaufend zuverlässig die sehr hohen Sorgfaltsanforderungen an die private Wiederverwendung von FFP2-Masken zu erfüllen. Diese seien zum Einmalgebrauch für geschultes Medizinpersonal konstruiert.
Ohne die Beachtung der zum Trocknen notwendigen Hygiene-Routinen würden ggfs. über mehrere Tage und Wochen hinweg für den Infektionsschutz ungeeignete oder sogar virushaltige Masken getragen.
Diese erweckten nur den falschen Anschein des Infektionsschutzes. Der massenhaft irreführende Anschein der Verwendung pandemie-adäquater FFP2-Masken wäre aber dem Infektionsschutz nicht zu-, sondern abträglich.
Von daher müsse das Jobcenter die beantragten 20 Masken wöchentlich verschicken oder als Geldleistung weitere 129 € zusätzlich bezahlen. Dabei hat das Gericht einen Durchschnittspreis von 1,50 € pro Maske zugrunde gelegt. Die Entscheidung ist aber beschränkt bis zum 21.06.21, also dem Sommeranfang.
Anmerkung:
Es handelt sich dabei um eine Einzelfallentscheidung, die also nicht allgemeinverbindlich wirkt. Ein anderes Gericht kann also zu der Frage auch eine andere Rechtsauffassung vertreten. Der ein oder andere Steuerzahler, der sich die Masken selbst kaufen muss, wird sich auch verwundert die Augen reiben, weil sich kaum ein Selbstzahler FFP 2-Masken für 129€/Monat leisten kann oder leisten möchte.
In Deutschland beziehen derzeit gut 3.800.000 Menschen Arbeitslosengeld II. Würde man die Entscheidung also auf alle Bezieher erstrecken, ergeben sich daraus für den Steuerzahler Belastungen in Höhe von 490.200.000 €/Monat.