Die Angst vor einer Ausbreitung des Covid-19 Virus und der damit verbundene Shutdown in Deutschland bringt nicht nur das öffentliche Leben zum Erliegen, sondern wird auch ganz massiv zum Abbau von Arbeitsplätzen in Deutschland führen. Neben der im Vordergrund leitenden Gastronomie und Reisebranche werden auch Autobauer und die damit verbundenen weitflächigen Zuliefererstrukturen kaum umhinkommen, um das eigene Überleben zu sichern, Personal abzubauen. Gleichgültig, ob Sie Arbeitnehmer sind und um Ihren Arbeitsplatz fürchten oder aber Arbeitgeber sind, und Personal abbauen müssen, wir sagen Ihnen was gilt und worauf Sie achten müssen.
Keine Sonderregeln zum Personalabbau in der Coronakrise
Sonderregeln zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen in der Coronakrise gibt es bislang nicht. Dies bedeutet, dass zunächst nach der gesetzlichen Konzeption des deutschen Gesetzgebers das Risiko dafür, dass genug Arbeit vorhanden ist, um die Arbeitsleistung der Arbeitnehmer abrufen zu können, beim Arbeitgeber liegt. Dieses ist lediglich krisenbedingt vom Gesetzgeber durch eine Lockerung der Regelungen zur Kurzarbeit, die nun Arbeitgeber leichter in Anspruch nehmen können, abgemildert worden. Gleichwohl steht zunächst der Arbeitgeber in der Pflicht.
Kündigung von Arbeitsverhältnissen folgt auch in der Coronakrise den allgemeinen Regelungen
Müssen Arbeitsplätze abgebaut werden, dann gelten also trotz der Krise grundsätzlich ohne Ausnahme die allgemeinen Regelungen, die Gesetzgeber und Rechtsprechung für die Kündigung von Arbeitsverhältnissen aus betrieblichen Gründen aufgestellt haben.
Betriebe mit weniger als 10 Mitarbeitern (sog. Kleinbetriebe)
Im sog. Kleinbetrieb, also wenn weniger als 10 Mitarbeiter beschäftigt sind, besteht grundsätzlich nur sehr eingeschränkter Kündigungsschutz. Da dort das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, ist der Arbeitgeber in seiner Kündigungsentscheidung frei. Das Arbeitsgericht würde im Falle einer erhobenen Kündigungsschutzklage nur nachprüfen, ob die Kündigung willkürlich war.
Ist die Kündigung schriftlich erfolgt und wurde die vertragliche oder gesetzliche Kündigungsfrist eingehalten, dann lohnt sich für Arbeitnehmer in derartigen Fällen der Weg zum Arbeitsgericht meist nicht.
Betriebe mit mehr als 10 Mitarbeitern
Sind dagegen im Betrieb mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigt, dann findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung. Dies bedeutet die Kündigung muss sozial gerechtfertigt im Sinne von § 1 KSchG sein. Wird wegen der Coronakrise gekündigt, dann wird regelmäßig eine sog. betriebsbedingte Kündigung vorliegen, deren Voraussetzungen vom Arbeitsgericht nachgeprüft werden.
Eine betriebsbedingte Kündigung wird anhand von drei Stufen auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüft:
- Es darf für den Arbeitnehmer zu den ursprünglichen Arbeitsbedingungen aufgrund dringender betrieblicher Erfordernisse keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr geben.
- Zudem darf keine andere Möglichkeit der Weiterbeschäftigung vorliegen.
- Zuletzt muss eine ordnungsgemäße Sozialauswahl stattfinden.
1. Dringende betriebliche Erfordernisse/Der Wegfall des Arbeitsplatzes
Zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen zählen neben Rationalisierungsmaßnahmen, eine Umstellung oder Einschränkung der Produktion auch ein Auftragsmangel oder ein Umsatzrückgang. Dies sind vor allem in wirtschaftlich schlechten Zeiten wichtige Gründe für eine betriebsbedingte Kündigung, so dass Corona-Kündigungen schwerpunktmäßig in diese Kategorie fallen dürften.
Es genügt aber nicht, wenn der Arbeitgeber zur Begründung der Kündigung pauschal auf einen Umsatzrückgang oder auf die Notwendigkeit von Einsparungen verweist. Der Arbeitgeber muss vielmehr darlegen, dass er sich wegen des Umsatzrückgangs zu einem Personalabbau in einer bestimmten Größenordnung, in bestimmten Betriebsabteilungen bzw. bei bestimmten Arbeitnehmergruppen entschieden hat.
Ob die Entscheidung des Arbeitgebers betriebswirtschaftlich sinnvoll erscheint spielt dabei keine Rolle und darf vom Arbeitsgericht nicht nachgeprüft werden. Die Entscheidung muss nur zusammen mit ihren Auswirkungen auf den Bedarf an bestimmten Arbeitskräften nachvollziehbar dargelegt worden sein.
Weiter muss die Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung zum Wegfall des Arbeitsplatzes des gekündigten Arbeitnehmers geführt haben. Dies liegt immer dann vor, wenn mehr besetzte Arbeitsplätze vorliegen, als der Arbeitgeber für die jeweils anfallende Arbeit benötigt.
Jedoch ist aufgrund des Ultima – Ratio – Prinzips, das in § 1 II 1 KSchG durch die Termini „dringend“ und „bedingt“ zum Ausdruck kommt, darauf zu achten, dass der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung zunächst andere wirtschaftlich vertretbare Maßnahmen durchgeführt hat. Dies bedeutet allerdings nicht, dass im Falle eines krisenbedingten Auftragsrückgangs, der Arbeitgeber zunächst versuchen muss, der Krise doch Kurzarbeit zu begegnen. Er kann dies, muss dies aber nicht. Bestehen aber beispielsweise auf Zeit konnten erhebliche Zeitguthaben, dann muss der Arbeitgeber zunächst darauf hinwirken, dass zunächst Zeitguthaben aufgebraucht werden, bevor er Arbeitsplätze abbaut.
2. Ohne anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit
Des Weiteren darf keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit bestehen, d. h. sofern der Arbeitnehmer in dem selben oder einem anderen Betrieb weiterbeschäftigt werden kann, ist eine Kündigung ausgeschlossen. Es dürfen also keine anderweitigen, vergleichbaren Arbeitsplätze im Betrieb frei sein, die dem Arbeitnehmer vorrangig angeboten werden müssten. Berücksichtigt werden dabei lediglich gleichwertige oder geringerwertigere Tätigkeiten. Einen Anspruch auf eine höherwertige Tätigkeit haben Arbeitnehmer dagegen nicht. Während die Zuweisung einer gleichwertigen Tätigkeit grundsätzlich im sog. Direktionsrecht des Arbeitgebers unterliegt, also von diesem einseitig angeordnet werden kann, können geringerwertigere Tätigkeiten außerhalb des Direktionsrechts nur im Rahmen einer Änderungskündigung angeboten werden. Dies bedeutet der Arbeitgeber kündigt das bisher bestehende Arbeitsverhältnis und bietet gleichzeitig die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen an. Wäre eine Änderungskündigung möglich und der Arbeitgeber spricht gleichwohl stattdessen nur eine Beendigungskündigung aus, dann wäre diese, weil sie gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstößt, unwirksam.
3. Die Sozialauswahl
Auf der letzten Ebene muss der Arbeitgeber bei der Auswahl des gekündigten Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte ausreichend berücksichtigen, d. h. er darf keinen Fehler bei der Sozialauswahl machen (§ 1 III KSchG). Danach sind hierbei also zu berücksichtigen:
- Die Dauer der Betriebszugehörigkeit
- Das Lebensalter
- Unterhaltspflichten
- bzw. eine etwaige Schwerbehinderung des Arbeitnehmers
Vereinfacht ausgedrückt muss also der Arbeitgeber vorrangig diejenigen Mitarbeiter entlassen, die eine Kündigung weniger hart trifft, also junge, alleinstehende Mitarbeiter mit geringer Betriebszugehörigkeit. Ältere Mitarbeiter mit langer Betriebshörigkeit und unterhaltspflichtigen Kindern sind dagegen schutzwürdiger.
Sonderfall: Massenentlassung
Sind im Betrieb mindestens 20 Mitarbeiter beschäftigt und möchte der Arbeitgeber nicht nur einzelne Kündigungen aussprechen, sondern mehreren Mitarbeitern kündigen, dann sind die Regelungen des § 17 Kündigungsgesetz über die Massenentlassungsanzeige zu beachten. Wird dies von Arbeitgeberseite übersehen, dann wäre eine Kündigung bereits aus diesem Grund unwirksam.
Sonderfall: Kündigung von Auszubildenden
Auszubildende genießen einen besonderen Kündigungsschutz und sind nach § 22 BerBG nach Ablauf der Probezeit nur noch außerordentlich kündbar, so dass grundsätzlich eine betriebsbedingte Kündigung nicht mehr in Betracht kommt. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn der Arbeitgeber sich beispielsweise vor dem Hintergrund der Coronakrise zu einer Betriebsaufgabe entschließt und den Geschäftsbetrieb einstellt. In derartigen Fällen können, weil dann ja kein Ausbildungsplatz mehr vorhanden ist, auch Auszubildende faktisch aus betrieblichen Gründen gekündigt werden.
Eine weitere Möglichkeit Auszubildende betriebsbedingt zu kündigen tut sich gerade aufgrund der von der Bundesregierung eröffneten Möglichkeit für Unternehmen erleichtert Kurzarbeit in Anspruch zu nehmen auf. Da nämlich einerseits Auszubildende grundsätzlich nicht in Kurzarbeit geschickt werden dürfen, also Arbeitgeber auch während der Kurzarbeit mit der vollen Ausbildungsvergütung belastet würden, wird gerade darüber diskutiert, ob nicht dadurch ausnahmsweise eine weitere Möglichkeit für eine Kündigung eines Ausbildungsverhältnisses außerhalb der Probezeit und ohne Fehlverhalten des Auszubildenden ermöglicht wird, weil der Gesetzgeber bislang keine Regelung dahingehend erlassen hat, dass eine Kündigung von Auszubildenden trotz Kurzarbeit nicht möglich ist.
Wiedereinstellungsanspruchs als Hoffnung für Arbeitnehmer mit langer Kündigungsfrist
Wenn Ihnen Ihr Arbeitgeber aus betrieblichen Gründen gekündigt hat und Sie über eine lange Kündigungsfrist verfügen, dann gibt es eine Hintertür, mit der es Ihnen gegebenenfalls wieder gelingen kann, zurück ins Arbeitsverhältnis zu kehren. Dem Arbeitnehmer steht im Fall einer betriebsbedingten Kündigung jeweils dann ein Anspruch auf eine Wiedereinstellung zu, sofern sich zwischen dem Ausspruch der Kündigung und dem Ablauf der Kündigungsfrist eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ergibt und zugleich der Wiedereinstellung keine berechtigten Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen.
Haben Sie als Arbeitnehmer also zunächst gegen die Kündigung Kündigungsschutzklage eingelegt und diese verloren, weil das Arbeitsgericht festgestellt hat, dass die Kündigung sozial gerechtfertigt war, also die Voraussetzungen für eine betriebsbedingte Kündigung vorgelegen haben, und Sie erfahren noch vor Ablauf der Kündigungsfrist, dass neue Umstände eingetreten sind, die die Prognose, die der Arbeitgeber bei Ausspruch der Kündigung getroffen hat, wiederlegen, weil beispielsweise ein neuer Großauftrag an Land gezogen werden konnte, dann können Sie aufgrund des Vorgesagten Wiedereinstellung verlangen und nötigenfalls mit gerichtlicher Hilfe einen solchen Anspruch auch durchsetzen.
Macht es Sinn eine solche Kündigung vor dem Arbeitsgericht anzugreifen?
Die Regelungen über die betriebsbedingte Kündigung sind sehr kompliziert und erfordern umfassende Kenntnis der dazu ergangenen arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung. Aus Arbeitnehmersicht lohnt es sich aber grundsätzlich gegen eine solche Kündigung Kündigungsschutzklage einzureichen, weil auch Arbeitgebern bekannt ist, dass es viele Klippen gibt, die umschifft werden müssen, um den Arbeitnehmer auch tatsächlich loszuwerden. Deshalb werden regelmäßig Arbeitgeber bereit sein dieses Risiko bereits im Gütetermin dadurch zu beseitigen, in dem sie sich vergleichsbereit zeigen, also die Zahlung einer Abfindung anbieten. Dies jedenfalls dann, wenn das Unternehmen nicht ohnehin bereits insolvenzreif ist.
Wir verfügen über langjährige Erfahrungen im Umgang mit betriebsbedingten Kündigungen und zwar sowohl auf Arbeitgeber- als auch auf Arbeitnehmerseite. Wir beraten und vertreten Sie daher gerne und zwar bundesweit.