Heute hat auch Bayern beschlossen landesweit ab Montag die Schulen bis nach den Osterferien zu schließen. Ein Blick zu unseren Nachbarn in Italien und die dort getroffenen drastischen Maßnahmen verdeutlicht, dass sich auch Arbeitgeber, ebenso wie Arbeitnehmer, mit der Frage beschäftigen müssen, was aus arbeitsrechtlicher Sicht gilt, wenn der eigene Arbeitsplatz betroffen ist. Wir beantworten nachfolgend die wichtigsten Fragen.
Kinderbetreuung fällt aus
Fällt die Kinderbetreuung aus, dann ist es sinnvoll, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber gemeinsam eine Lösung finden, mit der beide leben können. Das bloße Schließen von Kitas und Schulen bedeutet nämlich nicht automatisch, dass Eltern als Arbeitnehmer ebenfalls zu Hause bleiben können. Die Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung entfällt nicht automatisch. Insoweit gilt ein Regel-Ausnahmeprinzip. Dies bedeutet, dass die Eltern grundsätzlich zur Arbeit erscheinen müssen und nur ausnahmsweise zu Hause bleiben können. Vom Grundsatz her ist der Fall ähnlich, wie der, wenn ein Kind krank ist. Dann kann grundsätzlich zur Kinderbetreuung ein berufstätiges Elternteil nur dann zu Hause bleiben, wenn eine Beaufsichtigung oder Betreuung geboten ist und andere geeignete Aufsichtspersonen nicht zur Verfügung stehen.
- Ältere und gesunde Schulkinder müssen daher grundsätzlich allein zu Hause bleiben.
- Für kleinere Kinder müssen Eltern zunächst versuchen, andere geeignete Aufsichtspersonen zu finden.
Müssen Eltern gleichwohl zur Kinderbetreuung zu Hause bleiben, dann kann sich ein Leistungsverweigerungsrecht aus § 275 Abs. 3 BGB ergeben, weil dem Arbeitnehmer dann die Leistungserbringung unzumutbar ist. Hierdurch sind Arbeitnehmer von der Erbringung der Arbeitsleistung befreit, sodass ein Fernbleiben vom Arbeitsplatz keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen nach sich zieht.
Davon zu unterscheiden ist allerdings, ob der Arbeitnehmer dann auch einen Anspruch auf „Lohn ohne Arbeit“ hat. Aus § 616 BGB kann sich zwar ein Anspruch auf Lohnfortzahlung ergeben. Dies jedenfalls dann, wenn diese Vorschrift nicht ausdrücklich im Arbeitsvertrag oder durch Tarifvertrag abbedungen ist. Das Gesetz spricht aber hier von einer verhältnismäßig nicht erheblichen Zeit, sodass es sehr stark auf die Umstände des Einzelfalls ankommen wird. Die Obergrenze wird von der bisher (nicht zum Coronavirus) ergangenen Rechtsprechung bei maximal 6 Wochen gezogen.
Wenn Sie zur Betreuung Ihrer Kinder Urlaubstage beanspruchen möchten, dann wird regelmäßig sicherlich über Dauer und Lage Urlaubstage sich ein Konsens mit dem Arbeitgeber erzielen lassen. Auch unbezahlter Urlaub könnte im Einzelfall eine Alternative sein. Am besten ist aber stets frühzeitig offen die Probleme zu kommunizieren und gemeinsam mit dem Arbeitgeber eine Lösung zu suchen. Vielleicht besteht ja auch die Möglichkeit, dass Sie im Home-Office arbeiten und, soweit noch nicht vorhanden, der Arbeitgeber kurzfristig, einen solchen Heimarbeitsplatz einrichten lässt. Wenn Sie über PC und Bildschirm verfügen, dann lässt sich ein VPN-Zugang zum Server im Büro meist schnell und kostengünstig einrichten. Ein gesetzlicher Anspruch darauf im Home-Office zu arbeiten besteht allerdings nicht. Soweit sich eine solche Möglichkeit nicht bereits aus dem Arbeitsvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag ergibt, können dies Arbeitnehmer und Arbeitgeber aber jederzeit einvernehmlich situationsadäquat vereinbaren.
Öffentlicher Nahverkehr fällt aus
Fällt der öffentliche Nahverkehr aus und Arbeitnehmer kommen deshalb nicht oder zu spät zur Arbeit, so verlieren sie damit grundsätzlich für die verlorene Zeit den Anspruch auf Lohnzahlung, denn das Wegerisiko trägt grundsätzlich der Arbeitnehmer. Sollte es Arbeitnehmern bei einem solchen Ausfall nicht möglich sein den Betrieb zu erreichen, dann muss, wenn keine finanzielle Einbuße am Monatsende stattfinden soll, für den ausgefallenen Tag (in Absprache mit dem Arbeitgeber) ein Urlaubstag geopfert werden.
Angst vor Ansteckung entbindet nicht von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung
Arbeitgeber sind grundsätzlich berechtigt zum Schutz der übrigen Mitarbeiter einzelne Arbeitnehmer nach Hause zu schicken, wenn sie befürchten müssen, dass diese ansteckend sind und so die Gesundheit der Belegschaft gefährdet wird oder aber eine vorübergehende Betriebsschließung droht.
Auch, wenn sich langsam in manchen Teilen der Bevölkerung die Panik breitmacht, berechtigt die bloße Angst sich anzustecken Arbeitnehmer dagegen grundsätzlich nicht dazu, nicht mehr zur Arbeit zu erscheinen. Ein allgemeines Recht des Arbeitnehmers, bei Ausbruch einer Erkrankungswelle wie COVID-19 der Arbeit fernzubleiben, gibt es nämlich nicht. Für das Eingreifen eines Leistungsverweigerungsrechts wäre es erforderlich, dass dem AN die Erbringung seiner Arbeitsleistung unzumutbar ist, § 275 Abs. 3 BGB. Eine Unzumutbarkeit ist z.B. dann gegeben, wenn die Arbeit für den Betroffenen eine erhebliche objektive Gefahr oder zumindest einen ernsthaften objektiv begründeten Verdacht der Gefährdung für Leib oder Gesundheit darstellt. Das bloße Husten von Kollegen ohne weiteren objektiv begründeten Verdacht oder Anhaltspunkte für eine Gefahr oder die Angst vor der Fahrt in öffentlichen Verkehrsmitteln reicht dafür nicht aus.
Wer aus bloßer Angst vor Ansteckung nicht zur Arbeit erscheint, der verhält sich arbeitsvertragswidrig und riskiert nicht nur eine Abmahnung, sondern im Wiederholungsfall auch eine verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitsplatzes.
Wer hier also ängstlich ist, der sollte die Problematik offen mit seinem Arbeitgeber diskutieren. Vielleicht ist es ja möglich die Erbringung der Arbeitsleistung vorübergehend in ein Home-Office zu verlagern oder aber Urlaub zu nehmen bzw. Überstunden abzubauen.
Was bei Krankheit oder behördlichen Infektionsschutzmaßnahmen (Quarantäne und Tätigkeitsverbot) gilt
Sowohl aus Sicht von Arbeitnehmer und Arbeitgeber muss danach unterschieden werden, ob der Arbeitnehmer selbst am Coronavirus erkrankt ist oder aber bloß vorsorglich eine Quarantäne oder ein Tätigkeitsverbot durch die zuständige Behörde angeordnet wurde.
Erkrankung am Coronavirus
Eine Erkrankung am Coronavirus wird rechtlich wie eine normale Arbeitsunfähigkeit behandelt, sodass Arbeitnehmer nach § 3 Abs. 1 EFZG für 6 Wochen Lohnfortzahlungsansprüche gegen den Arbeitgeber haben. Danach haben gesetzlich Krankenversicherte Anspruch auf Krankengeld gegen die gesetzliche Krankenversicherung. Privatversicherte gehen dagegen ohne eigene Krankengeldversicherung leer aus.
Bloße Quarantäne oder Tätigkeitsverbot
Wer dagegen nicht selbst erkrankt ist, aber als Adressat einer behördlichen Maßnahme (Quarantäne oder Tätigkeitsverbot) nicht zur Arbeit erscheinen kann, der kann ebenfalls im Anwendungsbereich von § 616 BGB einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Zahlung von Lohn ohne Arbeit haben, wobei auch wiederum die Dauer der Lohnfortzahlung nur für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit erfolgt und sehr stark von den Umständen des Einzelfalls abhängt. Die Höchstgrenze dürfte aber bei 6 Wochen liegen. Arbeitgeber die hier Lohnfortzahlung leisten müssen, haben ihrerseits wiederum einen Entschädigungsanspruch aus dem Infektionsschutzgesetz gegen die Staatskasse. Nach § 56 Infektionsschutzgesetz muss ein solcher Erstattungsantrag innerhalb von 3 Monaten gestellt werden. Dauert die Maßnahme länger als 6 Wochen dann erhalten Arbeitnehmer aus der Staatskasse Zahlungen in Höhe des Krankengeldes. Der Arbeitgeber dagegen schuldet keine weiteren Zahlungen. Ob privat Krankenversicherte auch ein solches „Krankengeld“ aus der Staatskasse erhalten, ist bislang noch unklar.
Greift § 616 BGB nicht ein, weil er durch Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag ausgeschlossen wurde, dann kann für Arbeitnehmer ein öffentlich-rechtlicher Entschädigungsanspruch nach § 56 Infektionsschutzgesetz bestehen. Für die ersten 6 Wochen wird dabei die Höhe des Verdienstausfalls gewährt. Danach die Höhe des Krankengeldes.