Leistet ein Geschäftsführer einer GmbH nach Eintritt der Insolvenzreife (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) Zahlungen, die nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar sind, dann haftet er dafür persönlich nach § 64 S. 1 GmbHG gegenüber der GmbH. Er kann hier also nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Insolvenzverwalter persönlich in Anspruch genommen werden. Gerade noch rechtzeitig, bevor die erwartete Insolvenzwelle in 2021 zu rollen beginnt, hat der BGH in seinem Urteil vom 18.11.2020 (IV ZR 217/19) eine Entscheidung getroffen, die viele Geschäftsführer ruhiger schlafen lassen wird. Hier haben die Richter nämlich nun entschieden, dass für den Fall, dass ein Geschäftsführer persönlich in Haft genommen wird, grundsätzlich eine vorhandene D & O- Versicherung (Directors-and-Officers-Versicherung = Managerhaftpflichtversicherung) eintreten muss.
Insolvenzverwalter nimmt Geschäftsführer nach § 64 S. 1 GmbHG persönlichen Haftung
Ausgangspunkt des Rechtsstreits war ein Klassiker: der Geschäftsführer einer insolventen GmbH hat nach Eintritt der Insolvenzreife verschiedene Zahlungen geleistet. Deshalb wurde er vom Insolvenzverwalter der GmbH gestützt auf § 64 S. 1 GmbHG in Anspruch genommen.
Die GmbH wiederum hatte, als es ihr wirtschaftlich noch besser ging, also einige Jahre zuvor, zugunsten ihres Geschäftsführers eine sogenannte D & O-Versicherung abgeschlossen. Der Geschäftsführer trat nun seine Ansprüche gegen die Versicherung an die Gesellschaft ab. Damit war der Weg frei, dass Insolvenzverwalter direkt gegen die zahlungskräftige Versicherung klagen konnte.
Während der klagende Insolvenzverwalter beim Landgericht unterlegen war und auch das OLG dessen Berufung als offensichtlich aussichtslos zurückgewiesen hat, war die Revision erfolgreich.
BGH bejaht Eintrittspflicht der D & O-Versicherung
Der BGH hat das Urteil bereits deshalb aufgehoben, weil von den Tatsachengerichten der Sachverhalt, insbesondere im Hinblick auf eine von der Versicherung behauptete Vertragsanfechtung, noch nicht hinreichend aufgeklärt worden war, so dass er den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung an das OLG zurückverwiesen hat. Gleichzeitig hat der BGH aber auch dazu Stellung bezogen, ob Ansprüche der GmbH gegen den Geschäftsführer auf Ersatz von Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife von einer D & O-Versicherung zu ersetzen sei und dies im Ergebnis bejaht. Die Richter kamen dabei zum Ergebnis, dass sich eine solche Eintrittspflicht aus den Allgemeinen Versicherungsbedingungen ergebe, weil diese aus Sicht eines durchschnittlichen, um Verständnis bemühten Versicherungsnehmers so verstanden werden müssten.
Anmerkung:
Die Ersatzpflicht besteht unabhängig davon, ob bei der GmbH durch die Zahlung ein Schaden entstanden ist; bereits die Masseschmälerung zu Lasten der Insolvenzgläubiger löst die Ersatzpflicht aus. Die Entscheidung ist deshalb für Geschäftsführer von immenser Bedeutung, weil zum einen im laufen Geschäftsbetrieb der Eintritt der Insolvenzreife, gerade dann, wenn keine Zahlungsunfähigkeit, sondern Überschuldung vorliegt, oft nicht rechtzeitig bemerkt wird. Hinzu kommt, dass die Regelungen über die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht im Rahmen der Corona-Schutzgesetze auch hier zu einer gewissen Unsicherheit geführt haben dürften, nämlich dann, wenn unklar ist, ob die Insolvenzreife bereits vor Inkrafttreten der Schutzgesetze oder erst nach dem Inkrafttreten bestanden hat, so dass hier im erstgenannten Fall erhebliche Forderungen auf Geschäftsführer, die das Unternehmen dann trotzdem in der Coronakrise weiter geführt haben, zukommen dürften. Dies ist recht, wenn dann zu Unrecht Coronahilfen in Anspruch genommen und im Laufen Geschäftsbetrieb verbraucht worden sind, also der Geschäftsführer weitere Zahlungen geleistet hat.