Wer ein privatschriftliches, also ein handgeschriebenes Testament errichtet, der sollte tunlichst darauf achten, dass der gesamte Text mit dem gleichen Stift geschrieben wird. Sonst kann nämlich später unter den Erben, auch wenn bei einem Testament grundsätzlich Einfügungen und Streichungen möglich sind, Streit darüber entstehen, welcher Text für die Festlegung der Erbfolge der maßgebliche ist. Wer wiederum als Erbe die Unwirksamkeit von Streichungen und Zusätze geltend macht, der muss berücksichtigen, dass er dafür die Feststellungslast trägt (OLG München, Beschluss vom 11.06.2018, 31 Wx 294/16).
Testament mit 2 unterschiedlichen Stiften geschrieben
Zum Streit führte das nachfolgende Ehegattentestament in dem sich U. Auch folgende Regelungen fanden:
„Nach unserem Tode soll der gemeinsame Nachlass an folgende Erben übergehen.
1/3 Wohnhaus mit Inventar an Frau L.S. und K.D. 2/3
2/3 Erbengemeinschaftsanteil von H.-Straße und K.-Straße an Frau R.S., 1/3 an Frau L.S.“
Die Bruchzahlen stehen dabei jeweils vor der Zeile und sind im Gegensatz zum übrigen Testament in der Farbe Blau geschrieben.
Die Beteiligten zu 3 und 4 sind die Erben der Frau R. S. Sie beantragten ihnen einen Erbschein zu erteilen, der sie zu je ½ als Erben ausweist. Maßgeblich sei nämlich das Testament ohne die aufgeführten Brüche. Da ihrer Mutter der größte Vermögenswert zugewendet worden sei, sei darin eine Einsetzung als Alleinerbe zu sehen.
Da das Nachlassgericht den Antrag zurückgewiesen hat, wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung dem OLG München vorgelegt.
Wer die Unwirksamkeit von Streichungen und Zusätzen in einem Testament behauptet trägt die Feststellungslast
Auch die Richter am OLG München haben den Antrag auf Erteilung eines Erbscheins abgelehnt und zur Begründung ausgeführt:
„Ein eigenhändig geschriebenes Testament kann grundsätzlich auch dadurch geändert werden, dass die Testatoren Streichungen vornehmen oder Zusätze anbringen, solange diese ebenfalls von den ursprünglichen Unterschriften gedeckt sind und im Einvernehmen beider Ehegatten geschieht. Unter dieser Betrachtung teilt der Senat die Ansicht des Nachlassgerichts, dass das Testament mit den Bruchteilsangaben maßgeblich ist. Soweit sich die Beschwerdeführer darauf berufen, das Testament sei „in der ursprünglichen Form“ maßgeblich, tragen sie die Feststellungslast. Dieser konnten sie nicht nachkommen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass schon nicht zweifelsfrei feststeht, dass es sich um nachträgliche Änderungen handelt, ebenso wäre es denkbar, dass im Zuge der Errichtung zwei Stifte verwendet worden sind oder die Unterschriften erst zu einem Zeitpunkt geleistet worden sind, als die Brüche schon im Urkundstext angebracht waren. Allein aus dem Umstand, dass bei der Errichtung der Urkunde unterschiedliche Stifte verwendet worden sind, rechtfertigt nach Ansicht des Senats jedenfalls nicht den Schluss, dass die Änderungen nicht mit gemeinschaftlichem Testierwillen vorgenommen worden sind.“
Ansprechpartner zum Erbrecht:
Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.