Das Jahrzehnt der Erben hat begonnen, denn in den nächsten 10 Jahren werden schätzungsweise 3,1 Billionen € vererbt. Erstaunlich ist, dass viele zukünftige Erblasser bislang kein Testament errichtet haben.
Ohne Testament greift die gesetzliche Erbfolge
Wurde kein Testament verfasst, dann greift die gesetzliche Erbfolge. Dies bedeutet, dass neben dem Ehegatten die Verwandten erben.
Lebt ein Ehepaar beispielsweise im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, was immer dann der Fall ist, wenn kein Ehevertrag abgeschlossen worden ist, und hat das Ehepaar 2 Kinder, dann wird ein verstorbener Ehegatte zu ½ von seinem Ehepartner und zu jeweils ¼ von den Kindern beerbt. Gleichzeitig bildet sich aus dem überlebenden Ehegatten und den Kindern eine Erbengemeinschaft.
Zählt zum Nachlass beispielsweise ein Familienheim, bei dem die Ehegatten gemeinschaftliche Eigentümer waren, dann ist nunmehr der überlebende Ehegatte zu ¾ Eigentümer und die beiden Kinder zu jeweils 1/8. Der überlebende Ehegatte ist damit buchstäblich nicht mehr der Herr im eigenen Haus. Streit ist vorprogrammiert.
Berliner Testament hat oft erhebliche Nachteile
Um diesem Dilemma vorzubeugen wählen Ehegatten oft das sog. Berliner Testament. Bei diesem setzen sich Ehegatten für den Fall des Ablebens wechselseitig als Alleinerben und die Kinder als Schlusserben ein. Aber auch das Berliner Testament ist in seiner originären Form, wie es oft von Ehegatten verwendet wird, die keine fachkundige Beratung in Anspruch genommen haben oder aber schlecht beraten worden sind kein Allheilmittel. Es bewirkt zwar, dass beim Eintritt des ersten Erbfalls der überlebende Ehegatte Herr im Haus bleibt, also keine Erbengemeinschaft mit den Kindern bildet. Dafür ist der aber nun Pflichtteilsansprüchen der Kinder ausgesetzt und zwar, in unserem vorgenannten Beispiel bei 2 Kindern, in Höhe von jeweils 1/8. Stehen nicht ausreichend liquide Mittel zur Auszahlung der Kinder zur Verfügung, dann kann auch dies im Ergebnis dazu führen, dass das Familienheim nicht mehr gehalten werden kann. Hinzu kommt, dass das Berliner Testament gerade bei größeren Vermögen dazu führen kann, dass unnötig Erbschaftssteuern ausgelöst werden, weil nämlich die Kinder die Freibeträge hinsichtlich des ersten Erbfalls verlieren und das Vermögen erst beim zweiten Erbfall erhalten, also für jedes Kind ein Freibetrag in Höhe von jeweils 400.000 € verloren geht. Ein weiterer Nachteil ist, dass mit Eintritt des ersten Erbfalls grundsätzlich überlebende Ehegatte an das Testament gebunden ist, also einseitig keine Änderungen mehr vornehmen kann, auch dann, wenn sich ein Kind vielleicht anders entwickelt, als sich die Eltern dies bei der Errichtung des Testaments vorgestellt haben.
Modifikationen des Berliner Testaments erforderlich
Deshalb empfiehlt es sich regelmäßig das Berliner Testament zu modifizieren. Mit einer sog. Pflichtteilsstrafklausel, in der geregelt wird, dass das Kind, das bereits beim ersten Erbfall im Pflichtteil geltend macht, auch beim zweiten Erbfall nur den Pflichtteil bekommen soll, kann zwar nicht gänzlich verhindert werden, dass Kinder beim Tod des ersten Elternteils den Pflichtteil geltend machen. Dies wäre nur durch einen notariellen Pflichtteilsverzicht möglich. Es wird aber auf jeden Fall ein Anreiz für das Kind geschaffen auf die Geltendmachung des Pflichtteils beim ersten Erbfall zu verzichten, um nicht das Erbrecht im zweiten Erbfall zu verlieren. Wird kein Pflichtteil geltend gemacht, dann kann durch die Geltendmachung eines fiktiven Pflichtteils beim ersten Erbfall beim zweiten Erbfall Steuern gespart werden.
Auch hinsichtlich der Bindungswirkung können Modifikationen vorgenommen werden, die es dem überlebenden Ehegatten ermöglichen, auch später die Verteilung des Nachlasses noch zu verändern.
Die steuerlichen Nachteile, die ein Berliner Testament mit sich bringt, lassen sich nur dadurch in den Griff bekommen, dass ein zunächst errichtetes Berliner Testament im Alter neu gefasst wird. So können dann beispielsweise Kinder bereits Immobilien durch Vermächtnis oder Schenkung zugewandt werden. Eine Absicherung der Eltern kann dann durch die Einräumung eines Wohnrechts oder eines Nießbrauchs erfolgen. Beim Nießbrauch ist im Gegensatz zum Wohnrecht nicht nur eine Selbstnutzung, sondern auch eine Vermietung möglich, so dass dieser grundsätzlich vorzugswürdig ist.
Form beachten
Wird ein Testament nicht notariell errichtet, dann muss es handschriftlich verfasst sein. Computer oder Schreibmaschine zählen nicht. Bei Ehegatten genügt es, wenn ein Ehegatte das Testament schreibt und der andere Ehegatte mit unterzeichnet.
Um Streit in der Familie und unnötige Steuern zu vermeiden, sollten Sie frühzeitig mit der Nachlassplanung beginnen. Wir unterstützen Sie gerne.
Ansprechpartner zum Erbrecht:
Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.