Haben Sie Ihren letzten Willen bereits geregelt und ein Testament verfasst? Gut so, dann haben Sie den ersten Schritt bereits unternommen, um auch nach Ihrem Ableben Einfluss auf das Wohl Ihrer Lieben zu nehmen.
Was nützt aber das beste Testament, wenn es nach dem Tod nicht aufgefunden oder gar bewusst unterschlagen wird? Richtig, nichts. Die Zahl der Erbfälle, bei denen der letzte Wille des Erblassers nicht zum Tragen kommt, weil ein handschriftlich verfasstes Testament entweder nicht gefunden oder aber bewusst „unterschlagen“ wird, sind erheblich.
Aus unserer täglichen Praxis haben wir erst unlängst einen Fall erlebt, bei dem die Ehegatten zunächst durch einen Ehe- und Erbvertrag sich wechselseitig zu Erben eingesetzt hatten, ohne weitere Regelungen zum Nachlass zu treffen. Solche Regelungen haben sie dann in einem handschriftlichen Testament getroffen. Da die Ehe kinderlos geblieben war, jedoch der Ehemann einen Sohn aus erster Ehe hatte, der zum Schlusserben eingesetzt werden sollte, bestand die Ehefrau darauf, dass ihre beiden Neffen mit einem Vermächtnis beim Tod des Letztversterbenden quotal entsprechend ihrem Vermögensanteil am Nachlass beteiligt werden, also ihr Vermögen wertmäßig an die Neffen geht, ohne dass dies eine Erbengemeinschaft mit ihrem Stiefsohn bilden müssen.
Die Ehefrau, die überraschend nach einer Lungenkrebsdiagnose im Jahr 2003 innerhalb weniger Wochen verstorben war, hatte diese testamentarische Übereinkunft innerhalb der Familie nicht nur gegenüber den Neffen selbst, sondern auch gegenüber ihrer Mutter und ihren Geschwistern offen kommuniziert. Noch am Sterbebett hatte sie ihrem Ehemann das Versprechen abgenommen, dass dieser weder das Vermögen verschleudern noch das Testament ändern solle. Auch dies hatte sie noch wenige Stunden vor ihrem Ableben gegenüber ihrer jüngeren Schwester und ihrem Schwager kommuniziert. Das Testament war auch mehrfach, wenn die Eheleute größere Fernreisen gemacht hatten, bei ihrer älteren Schwester, der Mutter der Neffen, hinterlegt worden, weil die Eheleute befürchteten, der Sohn des Ehemanns könnte das Testament, in dem Fall, dass beiden etwas zu stößt, finden und wegen der ihn dann belastenden Vermächtnisse zugunsten der Neffen der Ehefrau verschwinden lassen.
Es kam natürlich wie es kommen musste. Das privatschriftliche Testament wurde vom Ehemann nicht beim Nachlassgericht eingereicht, so dass sich die Erbfolge nach dem notariellen Erbvertrag bestimmt hat, ohne dass das Nachlassgericht von dem ergänzenden Testament Kenntnis erlangt hätte. In der Folgezeit hat der Ehemann wieder geheiratet und sich mit seinem Sohn derart zerstritten, dass kein Kontakt mehr besteht. Gleichzeitig begann er Vermögen auf seine neue Ehefrau zu übertragen und verfasste ein neues Ehegattentestament, diesmal gemeinsam mit seiner neuen Frau. 2016 hat er dann um ein Treffen mit den Neffen seiner Frau gebeten, mit der Begründung, er wolle nunmehr noch lebzeitig die Vermächtnisse seiner verstorbenen Frau erfüllen, weil er aufgrund seines fortgeschrittenen Alters und damit einhergehende Krankheiten sein Ende vor Augen habe und er es seiner neuen Frau ersparen wolle, dass diese sich nach seinem Ableben neben seinem zwischenzeitlich enterbten Sohn auch noch mit den Neffen seiner verstorbenen Frau auseinandersetzen müsse.
Die Neffen staunten nicht schlecht, als dann bei dem Treffen anstatt des erwarteten Testaments der verstorbenen Tante lediglich ein Auszug aus dem Testament, das der Ehemann mit seiner neuen Frau errichtet hatte, zur Bestimmung der Höhe des Zahlungsanspruchs vorgelegt hat. In diesem Testament hatte er nämlich für die Neffen seiner verstorbenen Frau ein Geldvermächtnis von jeweils 8.000 € für den Fall seines Ablebens festgeschrieben und dieses „Vermächtnis“ wollte er jetzt lebzeitig erfüllen. Auf Nachfrage der staunenden Neffen behauptete er dann, dass es neben dem Erbvertrag kein Testament seiner verstorbenen Frau, aus dem sich ein Vermächtnisanspruch ableiten ließe, geben würde. Diese habe lediglich mündlich den Wunsch an ihn herangetragen, dass er ihre Neffen bedenken möge. Diesen Wunsch habe er nunmehr in seinem Testament umgesetzt und wolle auch gleich gegen Quittung das Vermächtnis lebzeitig erfüllen…
Der Fall zeigt, Vertrauen ist gut. Kontrolle ist besser. Dies gilt auch für den eigenen Ehepartner. Obwohl die verstorbene Ehefrau erhebliches Vermögen in die Ehe eingebracht hat, geht dieses nunmehr nicht ihrem Wunsch entsprechend, an ihren Neffen, sondern an die neue Ehefrau ihres Ehemannes.
Wenn Sie sich fragen, wie die Tante hätte verhindern können, dass sie posthum von ihrem Ehemann aufs Kreuz gelegt und ihre geliebten Neffen lediglich mit einer „Lästigkeitsprämie“ abgespeist werden, dann lässt sich dies ganz einfach beantworten. Wäre das handschriftliche Testament beim zuständigen Nachlassgericht, dies ist ein Teil des Amtsgerichts, hinterlegt worden, dann hätte der Ehemann keine Möglichkeit gehabt das Testament verschwinden zu lassen, um so nicht nur seinen eigenen Sohn enterben zu können, sondern auch noch die Neffen seiner verstorbenen Frau um das Quotenvermächtnis zu bringen. Das Testament hätte dann mit Eröffnung Bindungswirkung entfaltet und hätte nicht mehr zum Nachteil der Bedachten abgeändert oder gar unterschlagen werden können. Nachdem man sich entgegen einer landläufig verbreiteten Meinung im Grab nicht umdrehen kann achten Sie darauf, gerade bei privatschriftlichen (Ehegatten-)Testamenten, dass diese zwingend beim Nachlassgericht hinterlegt werden. Denn Sie möchten doch, dass Ihr letzter Wille auch von Ihrem Ehegatten respektiert wird, oder? Die Kosten für die Hinterlegung sind gering, die Wirkung, wie unser Beispiel zeigt, jedoch gewaltig.
Weitere Informationen dazu, was Sie zur Testamentshinterlegung wissen müssen finden Sie hier.
Ansprechpartner zum Erbrecht:
Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.