Befindet sich in Ihrem Vermögen ein Wertpapierdepot mit Aktien, dann sollten Sie bei der Regelung Ihres Nachlasses darauf besonderes Augenmerk legen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass Ihre Erben ihr blaues Wunder erleben, weil sie mehr an Steuern zahlen müssen, als dies dem Wert des Erlöses bei einer Veräußerung entspricht. Dies deshalb, weil es für die Frage, ob und in welchem Umfang Erbschaftssteuer anfällt es nicht auf den Zeitpunkt ankommt, in dem der Erbe frei über den Nachlass verfügen kann, sondern auf den Eintritt des Erbfalls. Gerade dann, wenn ein Nachlass streitbefangenen ist oder aber die Erteilung eines Erbscheins erforderlich wird, dann können zwischen dem Eintritt des Erbfalls einerseits und der Möglichkeit für den Erben Verfügungen zu treffen Monate oder im Extremfall gar Jahre liegen. Hat zwischenzeitlich ein Kursverfall stattgefunden, weil entweder an den Börsen ein Crash eingetreten ist oder aber das Unternehmen in das Sie investiert haben, in wirtschaftliche Schieflage geraten ist, dann steht der Erbe vor dem Dilemma, dass er aus dem hohen Depotwert zum Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalls Erbschaftssteuern bezahlen muss, während er die Aktien nur noch zu einem Bruchteil des Wertes veräußern kann. Im Extremfall kann dies so weit gehen, dass mehr als Erbschaftssteuer zu zahlen ist, als das Wertpapierdepot dann noch wert ist.
Beispiel Kursverfall der Deutschen Bank Aktie
Anschauliches Beispiel ist der Kursverfall der Aktie der Deutschen Bank. Während dieses Papier einst als sogenannter Blue Chip eingestuft wurde, hat sich der Kurs von 32,32 € am 17.01.2014 auf 9,38 € zum 21.06.2018 negativ entwickelt. Ein solcher Wert hat also innerhalb von rund viereinhalb Jahren über 2/3 seines Wertes verloren. In Zahlen ausgedrückt bedeutet das, dass ein Depot in dem sich zum Stichtag 17.01.2014 Deutsche Bank Aktien mit einem Wert von 1 Million € befunden haben, der Depotwert sich innerhalb von 4 Jahren auf 290.222,77 € reduziert hat. War beispielsweise ein Kind der Erbe, dann verbleibt abzüglich eines Freibetrags von 400.000 € zu versteuernder Nachlass von 600.000 €. Auch für den Ehegatten verbleiben noch 500.000 €, die versteuert werden müssen. Nach § 19 ErbStG fällt dann auf diesen Betrag in der Steuerklasse I ein Steuersatz von 15 % an. Dies sind dann bei dem erbenden Kind 90.000 €. Obwohl also der Erbe für das Wertpapierdepot nur 290.222,77 € erlösen konnte und der Wert an sich unter dem Freibetrag liegt, also wertmäßig steuerfrei wäre, müsste er gleichwohl 90.000 € an Erbschaftssteuer bezahlen, so das von der ursprünglichen 1 Million € nur noch rund 200.000 € beim Erben ankommen.
Möglichkeiten, wie Sie ein solches Dilemma für den Erben verhindern können
Als vorausschauender Erblasser haben Sie unterschiedliche Möglichkeiten ein solches Dilemma für Ihre Erben zu vermeiden.
Aktien selbst lebzeitig veräußern
Eine (eher theoretische) Möglichkeit besteht darin, dass Sie dann, wenn Sie einerseits mit Ihrem Ableben rechnen können, Sie selbst noch Wertpapiere in Geld umsetzen. Theoretisch ist diese Möglichkeit deshalb, weil kaum jemand weiß, wann er sterben wird und derjenige, der eine Diagnose bekommt, dass er nur noch wenige Wochen zu leben hat, meist anderes im Kopf hat, als Aktien im Depot zu verkaufen.
Depot gegen Kursverlust absichern
Als sorgfältiger Anleger können Sie natürlich auch Ihr Depot mit verschiedenen Instrumenten gegen Kursverfall absichern. Die einfachste Möglichkeit ist dabei regelmäßig Grenzen zu definieren, bei denen automatisch verkauft wird, wenn der Kurs unter eine entsprechende Marke sinkt.
Haben Sie Ihr Vermögen eine Vermögensverwaltung anvertraut, dann sollten Sie im Verwaltungsvertrag entsprechende Regelungen für den Todesfall treffen, d. h., ob und in welchem Umfang der Verwalter verfügen darf.
Auch hier kann ungeheuerliches passieren. Vor einiger Zeit waren wir mit einem Fall befasst, bei dem ein Vermögensverwalter in der Schweiz nach dem Tod des Erblassers, weil er von diesem kein Feedback mehr bekommen hatte und die Erben zerstritten waren, eigenmächtig die im Depot vorhandenen Blue Chips verkauft und in spekulative Nebenwerte investiert hat, die dann einen erheblichen Kursverlust zur Folge hatten. Auch, wenn ein solches Verhalten einen Schadensersatzanspruch gegen den Verwalter auslösen kann, ist es gleichwohl nicht nur aufwendig, sondern auch kostenintensiv dann einen solchen in der Schweiz gegen den Verwalter zu verfolgen.
Vollmacht auf den Todesfall oder allgemeine Vollmacht erteilen
Aus rechtlicher Sicht können Sie auch die Entscheidungsbefugnis an die nächste Generation delegieren, indem Sie Ihrem Erben entweder eine Vollmacht auf den Todesfall oder aber bereits eine lebzeitige Vollmacht erteilen. Während Letzteres natürlich voraussetzt, dass Sie Ihrem Erben lebzeitig Vertrauen, hat diese den Vorteil, dass er sofort mit dem Ableben verfügen und entsprechend auf Bewegung an den Märkten reagieren kann. Bei einer Vollmacht auf den Todesfall ist das lebzeitige Vertrauen nicht erforderlich. Der Nachteil besteht allerdings darin, dass auch hier bis der Bevollmächtigte tatsächlich verfügen kann, mehrere Wochen vergehen können. Die Erteilung einer Vollmacht ist im Übrigen keine Erbeinsetzung. Eine Vollmacht ändert auch nichts an der Erbeinsetzung. Die Vollmacht bewirkt lediglich, dass gerade dann, wenn mehrere Erben vorhanden sind, der bevollmächtigte Erbe für Verfügungen nicht die Zustimmung der Miterben benötigt.
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