Mietverträge können gewöhnlich mit einer Frist von 3 Monaten von beiden Vertragsparteien gekündigt werden. Diese „Flexibilität“, die das Gesetz den Vertragsparteien einräumt, wird lediglich zulasten des Vermieters dadurch eingeschränkt, dass dieser regelmäßig nicht frei kündigen kann, sondern ein berechtigtes Interesse vorliegen muss. Da aber stets über Mieter das Damoklesschwert der Eigenbedarfskündigung schwebt, haben Mieter durchaus ein Interesse daran, mit dem Vermieter einen Kündigungsausschluss zu vereinbaren. Ob und inwieweit ein solcher Kündigungsausschluss zulässig ist, führt selbst bei den Instanzgerichten zu erheblicher Unsicherheit, wie ein Beschluss des BGH vom 08.05.2018 (VIII ZR 200/17) zeigt, dem unterschiedliche Entscheidungen der Vorinstanzen vorausgegangen waren.
Die BGH Richter haben dabei klargestellt, dass jedenfalls bei einem individuell ausgehandelten Kündigungsausschluss lediglich die Grenze der Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB als Prüfungsmaßstab herangezogen werden kann, also auch einen langjährigen Kündigungsausschlusses für rechtswirksam erachtet.
Erwerber macht Eigenbedarfskündigung trotz vertraglich vereinbarten Kündigungsausschluss geltend
Streitgegenständlich war die Kündigung eines Mietvertrags über eine Zweizimmerwohnung. Es handelt sich dabei zunächst um einen Formularvertrag von Haus & Grund, den der Mieter mitgebracht hatte. In diesem war eine Regelung über einen Kündigungsausschluss mit folgendem Wortlaut vorhanden:
„Das obige Mietverhältnis wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen. Beide Mietparteien verzichten wechselseitig bis zu ____________ (maximal vier Jahre ab Vertragsschluss) auf ihr Recht zur ordentlichen Kündigung des Mietvertrags. Zum Ablauf des Verzichtszeitraums kann das Mietverhältnis erstmalig wieder von beiden Mietvertragsparteien mit den gesetzlichen Kündigungsfristen gekündigt werden. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung wird von dieser Regelung nicht berührt.“
Das Kästchen „Kündigungsverzicht“ wurde bei Abschluss des Mietvertrages handschriftlich angekreuzt; eine Verzichtsdauer wurde nicht genannt und die Passagen „maximal vier Jahre“ sowie „maximal vier Jahre ab Vertragsschluss“ wurden gestrichen.
In einer Zusatzvereinbarung wurden dann noch diverse Regelungen dazu getroffen, wofür die Mieter selbst verantwortlich sein und in welchem Umfang er an Kosten zu beteiligen ist.
Als die Immobilie rund 2 Jahre später verkauft wurde machte der Erwerber Eigenbedarf geltend und kündigte. An den vertraglich vereinbarten Kündigungsausschluss fühlte er sich nicht gebunden. Der Mieter dachte aber gar nicht daran auszuziehen, so dass der in das Mietverhältnis eingetretene Erwerber Räumungsklage erheben musste.
Während das Amtsgericht noch die Klage abgewiesen, also zugunsten des Mieters geurteilt hatte, gab das Landgericht der Berufung des neuen Vermieters statt. Zur Begründung haben die Richter ausgeführt, dass durch den langjährigen Kündigungsausschluss der Vermieter unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB benachteiligt worden wäre.
BGH hebt Entscheidung des Landgerichts auf und weist zu erneuten Entscheidung zurück
Auf Revision des Mieters hat der BGH dann die Entscheidung des Landgerichts aufgehoben und vor allen Dingen gerügt, dass der Anspruch des Mieters auf rechtliches Gehör verletzt worden sei. Dies deshalb, weil die Richter Landgericht weite Teile des Mietervortrags erster Instanz in ihrem Urteil einfach übergangen hatten. Dieser hatte nämlich nicht nur dazu vorgetragen, dass der Vermieter auf die Verwendung des Formulars des Haus & Grund“ bestanden hätte, sondern dass zwischen den Parteien vor Vertragsabschluss auch intensive Vertragsverhandlungen stattgefunden hätten. Aus Sicht der BGH-Richter spricht der Vortrag nicht nur dafür, dass der Kündigungsausschluss möglicherweise individuell ausgehandelt worden ist, es sich also bei der infrage stehenden Klausel um gar keine AGB handelt, so das keine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB, sondern nur eine Sittenwidrigkeitskontrolle nach § 138 Abs. 1 BGB stattfindet, wobei auch ein dauerhaft ausgehandelter individueller Kündigungsausschluss im Normalfall nicht von vornherein sittenwidrig sei. Weiter rückten die Richter, dass der Vermieter als Verwender der AGB anzusehen sei, und sich deshalb schon aus diesem Grund nicht auf eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB berufen könne. Damit der Sachverhalt näher aufgeklärt werden kann, wurde dann der Rechtsstreit an eine andere Kammer des Landgerichts zurückgewiesen.
Der Fall verdeutlicht einmal mehr: Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand …