Die Installation von Solaranlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden wirft immer wieder rechtliche Fragen auf. Die Interessen des Denkmalschutzes stehen dabei oftmals im Konflikt mit dem Wunsch nach einer nachhaltigen Energieversorgung durch erneuerbare Energien. Ein aktuelles Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Rheinland-Pfalz (Urteil vom 15. August 2024 (Az. 1 A 10604/23.OVG) bringt wichtige Klarheit in diese Debatte und setzt ein bedeutendes Zeichen für den Ausbau erneuerbarer Energien auch in denkmalgeschützten Bereichen.
Hintergrund des Falls
Der Fall, der vor dem OVG Rheinland-Pfalz verhandelt wurde, betraf einen Eigentümer eines denkmalgeschützten Wohngebäudes in Bad Kreuznach. Dieser beantragte die Genehmigung zur Installation eines Solarzauns entlang der bestehenden Grundstückseinfriedung. Der Zaun, der eine Höhe von 1 bis 1,60 Meter aufwies, sollte entlang der straßenseitigen Begrenzung des Grundstücks errichtet werden.
Die Stadt Bad Kreuznach lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass die Errichtung des Solarzauns das Erscheinungsbild des denkmalgeschützten Gebäudes erheblich beeinträchtigen würde und daher nicht genehmigungsfähig sei. Daraufhin zog der Eigentümer vor das Verwaltungsgericht Koblenz, das die Klage ebenfalls abwies. Erst das OVG Rheinland-Pfalz gab dem Kläger in der Berufungsinstanz Recht und verpflichtete die Stadt zur Erteilung der Genehmigung.
Wesentliche Entscheidungsgründe des OVG Rheinland-Pfalz
Das OVG hob das Urteil der Vorinstanz auf und verpflichtete die Stadt Bad Kreuznach zur Erteilung der denkmalrechtlichen Genehmigung. In seiner Urteilsbegründung legte das Gericht dar, dass zwar grundsätzlich Belange des Denkmalschutzes gegen die Errichtung des Solarzauns sprechen, jedoch im vorliegenden Fall andere Interessen des Gemeinwohls schwerer wiegen.
Die Entscheidung stützte sich insbesondere auf den § 13 Abs. 2 des Denkmalschutzgesetzes Rheinland-Pfalz (DSchG). Danach kann eine Genehmigung zur baulichen Veränderung eines Denkmals erteilt werden, wenn entweder keine denkmalrechtlichen Belange entgegenstehen (§ 13 Abs. 2 Nr. 1 DSchG) oder aber andere öffentliche oder private Interessen überwiegen (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 DSchG).
Im vorliegenden Fall berief sich das OVG auf die Vorschriften des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), insbesondere auf § 2 EEG, der die Errichtung und den Betrieb von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien im überragenden öffentlichen Interesse sieht. Das Gericht stellte fest, dass die Errichtung des Solarzauns ein solches öffentliches Interesse darstellt, das gegenüber dem Denkmalschutz Vorrang hat.
Bedeutung des § 2 EEG für den Konflikt zwischen Denkmalschutz und erneuerbaren Energien
Der § 2 EEG legt fest, dass der Ausbau erneuerbarer Energien sowohl im Interesse der öffentlichen Sicherheit als auch im überragenden öffentlichen Interesse liegt. Das OVG Rheinland-Pfalz entschied, dass diese gesetzliche Wertung in der vorliegenden Abwägung entscheidend ist. Die Bedeutung der Erneuerbaren Energien zur Sicherung der Energieversorgung und zur Bekämpfung des Klimawandels überwiegt nach Auffassung des Gerichts das Interesse an der unveränderten Erhaltung des Erscheinungsbildes des Denkmals.
Das Gericht argumentierte zudem, dass keine besonders atypischen Umstände vorliegen, die eine andere Entscheidung rechtfertigen würden. Es sei weder eine besonders hohe Schutzbedürftigkeit des Denkmals noch eine außergewöhnliche Schwere des Eingriffs erkennbar. Damit hat das Gericht klar gestellt, dass das Interesse an einer nachhaltigen Energieversorgung in bestimmten Fällen den Denkmalschutz überwiegen kann.
Ein weiteres wichtiges Argument des Gerichts war die Unmöglichkeit, alternative Standorte für die Solaranlage auf dem Grundstück des Klägers zu finden. Das OVG stellte fest, dass der Schutzgedanke des § 2 EEG es ausschließe, eine Solaranlage auf einem anderen Teil des Grundstücks zu errichten, da die Errichtung einer Solaranlage an anderer Stelle das überragende öffentliche Interesse ebenso wenig beeinträchtigen dürfe.
Fazit
Das Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 15. August 2024 (1 A 10604/23.OVG) markiert einen wichtigen Schritt in der Abwägung zwischen Denkmalschutz und dem Ausbau erneuerbarer Energien. Es zeigt, dass der Gesetzgeber den Ausbau erneuerbarer Energien als ein überragendes öffentliches Interesse ansieht, das in bestimmten Fällen Vorrang vor denkmalrechtlichen Belangen haben kann. Besonders in Zeiten des Klimawandels und der Energiewende ist diese Entscheidung von großer Bedeutung. Sie bietet Eigentümern denkmalgeschützter Immobilien, die auf nachhaltige Energien setzen wollen, mehr Rechtssicherheit.
Jedoch ist stets eine Einzelfallprüfung erforderlich, da nicht in jedem Fall das öffentliche Interesse an erneuerbaren Energien automatisch den Denkmalschutz überwiegt. Besonders bei sehr schutzbedürftigen Denkmälern oder schweren Eingriffen könnte eine andere Abwägung erforderlich sein.
Dieses Urteil stärkt die Position von Eigentümern, die sich für den Ausbau von Solaranlagen auf ihren denkmalgeschützten Gebäuden einsetzen, und zeigt auf, dass die Energiewende auch in denkmalgeschützten Bereichen realisierbar ist. Dennoch bleibt abzuwarten, wie sich zukünftige Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen entwickeln wird, denn das Urteil ist nicht allgemeinverbindlich, sondern wirkt nur zwischen den am Verfahren beteiligten Parteien. Ein anderes Gericht kann also hierzu auch eine andere Auffassung vertreten.