Wir stellen immer wieder fest, dass viele Arbeitnehmer entweder völlig falsche Vorstellungen davon haben, was bei einem Kündigungsrechtsstreit nach einer Kündigung vor dem Arbeitsgericht passiert und vor allen Dingen, wie sie sich bei Gericht verhalten müssen, um sich bestmöglich zu verkaufen. Wir sagen Ihnen daher nachfolgend, was Sie wissen müssen und worauf es ankommt, damit sie nicht das Nachsehen haben.
Gibt es Fristen, die zu beachten sind?
Ja. Haben Sie eine Kündigung Ihres Arbeitgebers erhalten, dann müssen Sie grundsätzlich innerhalb von 3 Wochen eine Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht einreichen. Ansonsten wird die Kündigung Kraft gesetzlicher Fiktion wirksam. Ihr Arbeitsverhältnis wird dann durch einen Automatismus beendet, ohne dass überhaupt ein Arbeitsgericht geprüft hat, ob die Kündigung wirksam ist.
Kann ich die Klage selbst einreichen?
Grundsätzlich ja. Vor dem Arbeitsgericht besteht kein Anwaltszwang. Sie können also die Klage selbst formulieren oder aber zu Protokoll bei der Geschäftsstelle des für Sie zuständigen Arbeitsgerichts einreichen. Dort hilft man Ihnen auch bei der Stellung der richtigen Anträge.
Zur Fristwahrung ist dies ausreichend. Empfehlenswert aber meistens nicht, weil Sie dann selbst vor Gericht mit Ihrem Arbeitgeber verhandeln müssen, was regelmäßig nicht von Erfolg gekrönt ist. Deshalb sollten Sie auf jeden Fall spätestens dann, wenn in der Güteverhandlung keine Einigung erzielt worden ist, kompetente anwaltliche Vertretung in Anspruch nehmen. Haben Sie keine Rechtsschutz Versicherung die die Kosten übernimmt und können Sie sich den Rechtsstreit nicht leisten, dann besteht die Möglichkeit Prozesskostenhilfe zu beantragen, sodass die Staatskasse den Rechtsstreit entweder ganz übernimmt oder jedenfalls Ihnen die Kosten vollstreckt.
Wie sieht es mit den Kosten aus?
Als Streitwert für die Berechnung der Gebühren werden regelmäßig drei Bruttomonatsgehälter herangezogen.
Werden weitere Anträge gestellt, beispielsweise den Antrag auf Weiterbeschäftigung oder auf Erteilung eines Zeugnisses, dann kommt dafür noch jeweils ein Bruttogehalt dazu.
Keine Kostenerstattung in erster Instanz
Im Arbeitsrecht besteht in erster Instanz die Besonderheit, dass keine Kostenerstattung stattfindet. D. h., Sie müssen nicht befürchten, wenn Sie den Rechtsstreit verlieren, Ihrem Arbeitgeber die Anwaltskosten erstattet zu müssen. Umgekehrt aber bekommen Sie auch keine Kosten erstattet, wenn Sie den Rechtsstreit gewinnen.
Gerichtskosten fallen nur dann an, wenn der Rechtsstreit durch Urteil entschieden wird. Schließen Sie dagegen einen Vergleich ab, dann ist die Tätigkeit des Gerichts kostenlos.
Rechtsschutzversicherung
Haben Sie eine Rechtsschutzversicherung, dann übernimmt diese regelmäßig die Kosten, wenn Sie Berufsrechtsschutz mitversichert haben.
Tipp: Als Arbeitnehmer sollten Sie stets eine Rechtschutzversicherung mit Arbeitsrechtsschutz haben. Dann sind Sie für den Fall der Fälle immer gut gewappnet.
Prozesskostenhilfe
Können Sie sich keinen Anwalt leisten, dann besteht auch die Möglichkeit Prozesskostenhilfe zu beantragen. Diese wird regelmäßig im arbeitsgerichtlichen Verfahren bewilligt. Dies insbesondere auch dann, wenn der Arbeitgeber anwaltlich vertreten ist.
Habe ich überhaupt Kündigungsschutz?
Bei der Frage, ob und wenn ja welchen Kündigungsschutz Sie haben, steckt diese oft der Teufel im Detail:
Allgemeiner Kündigungsschutz
Allgemeinen Kündigungsschutz haben Sie nur dann, wenn Sie länger als 6 Monate beschäftigt sind und im Betrieb dauerhaft mehr als 10 Mitarbeiter arbeiten, wobei Teilzeitbeschäftigte nur anteilig gerechnet werden.
Trifft dies auf Sie zukommen dann kann der Arbeitgeber nur dann wirksam kündigen, wenn die Kündigung sozial gerechtfertigt ist. Als Rechtfertigungsgründe für eine Kündigung kommen in erster Linie betriebsbedingte Gründe, aber auch Gründe in Ihrem Verhalten oder Ihrer Person in Betracht. Ob eine solche Kündigung vor Gericht Bestand haben wird, kann Ihnen aber regelmäßig ein im Arbeitsrecht erfahrener Rechtsanwalt sagen.
Besonderheit Kleinbetrieb
Im sog. Kleinbetrieb, also, wenn weniger als 10 Mitarbeiter beschäftigt sind, besteht nur ein eingeschränkter Kündigungsschutz. Dort wird vom Arbeitsgericht nur geprüft, ob die Kündigung willkürlich ist. Ihre Chancen im Prozess erfolgreich zu sein, sind daher deutlich niedriger.
Kündigung während der Probezeit
Ist die Kündigung dagegen bereits in der Probezeit erfolgt, dann macht es meist keinen Sinn dagegen vorzugehen. Während der Probezeit kann der Arbeitgeber nämlich stets ohne Angabe von Gründen mit einer Frist von 2 Wochen kündigen.
Besonderer Kündigungsschutz
Neben dem allgemeinen Kündigungsschutz gibt es zahlreiche gesetzliche Regelungen, die für bestimmte Personenkreise besonderen Kündigungsschutz vorsehen. Solch besonderen Kündigungsschutz genießen beispielsweise Auszubildende, Schwangere, Schwerbehinderte, Betriebsräte. Die Aufzählung ist nicht abschließend. Auch hier kann Ihnen einem Arbeitsrecht versierter Rechtsanwalt weiterhelfen.
Habe ich einen Anspruch auf die Zahlung einer Abfindung?
Einen gesetzlich geregelten Anspruch auf Zahlung einer Abfindung gibt es ausnahmsweise nur dann, wenn der Arbeitgeber bereits bei Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung eine Abfindung in Höhe eines halben Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr unter der Bedingung angeboten hat, dass keine Kündigungsschutzklage eingereicht wird. Ansonsten ist von der Systematik des Gesetzes, die Klage immer darauf gerichtet gerichtlich feststellen zu lassen, dass die Kündigung wirksam ist.
Gleichwohl enden 90 % oder vielleicht sogar 95 % aller Kündigungsrechtsstreitigkeiten damit, dass die Parteien sich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses einigen und der Arbeitgeber für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung zahlt. Hier fallen also Theorie und Praxis sehr stark auseinander. Deshalb ist dem eigentlichen Verhandlungstermin vor der Kammer im arbeitsgerichtlichen Verfahren immer ein sogenannter Gütetermin vorgeschaltet. In diesem Termin, in dem nur der Berufsrichter, nicht aber die beiden Laienrichter, die im Kammertermin anwesend sind, anwesend ist, geht es nicht darum ein Urteil zu fällen, sondern ausschließlich darum, dass das Gericht zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vermittelt. Die Vermittlung bedeutet dann wiederum, dass der Arbeitgeber sich durch die Zahlung einer Abfindung „freikauft“ und der Arbeitnehmer gegen die Zahlung der Abfindung auf den Arbeitsplatz verzichtet.
Wie hoch ist die Abfindung, die ich erwarten kann?
Die Höhe der Abfindung hängt von unterschiedlichsten Faktoren ab. Der sog. Haustarif der Arbeitsgerichte beträgt dabei regelmäßig pro Beschäftigungsjahr ein halbes Bruttomonatsgehalt. Je nachdem, wie solvent der Arbeitgeber ist und wer die besseren Chancen hat den Rechtsstreit zu gewinnen, kann hier aber im Einzelfall deutlich mehr, als auch über eine Bruttomonatsgehalt, heraus gehandelt werden oder aber es wird weniger gezahlt. Es kommt dabei sehr stark auf die Umstände des Einzelfalls, aber auch auf Ihr eigenes Verhandlungsgeschick bzw. Verhalten im Prozess und auf die Durchsetzungskraft Ihres Rechtsanwalts an.
Wichtig: Wie soll ich mich im Arbeitsprozess verhalten?
Ihr eigenes Verhalten im Arbeitsprozess ist essenziell für den Verhandlungserfolg über die Abfindungshöhe. Kommt im Arbeitsprozess nämlich kein Vergleich zustande, und am Ende würden Sie den Rechtsstreit gewinnen, dann müsste der Arbeitgeber für die Zeit, in der Sie nicht gearbeitet haben und keinen anderweitigen Lohn bezogen haben, den Lohn als sog. Verzugslohn nachzahlen. Da in arbeitsgerichtlichen Verfahren, gerade, wenn es durch mehr Instanzen geht, zwei Jahre oder länger dauern kann, kommt hier eine erhebliche Unsicherheit auf den Arbeitgeber zu, die ihn, jedenfalls dann, wenn er wirtschaftlich denkt, vergleichsbereit macht. Es ist also ein Pokerface gefragt.
Sie sollten daher Ihr Verhalten so gestalten, um den Arbeitgeber möglichst im Ungewissen zu lassen, welches finanzielle Risiko auf ihn zukommt. Dazu zählt, dass Sie es tunlichst vermeiden sollten, dass der Arbeitgeber Kenntnis davon erlangt, dass Sie bereits woanders eine neue Stelle gefunden haben. Lässt sich dies nicht vermeiden, dann sollten Sie aber stets betonen, dass Sie natürlich dann, wenn Sie den Rechtsstreit gewinnen, wieder bei ihm weiterarbeiten würden. Auch, wenn Sie dies in Wahrheit gar nicht vorhaben, so wird er auf jeden Fall, um gerade dies zu vermeiden, eher bereit sein, die Abfindungszahlung zu erhöhen. Von daher ist es völlig kontraproduktiv, wenn Sie sich vor Gericht hinstellen und offen kundtun, dass Sie ohnehin nicht vorhaben, bei diesem Arbeitgeber nochmals anzufangen.
Kontraproduktiv ist es auch, wenn Sie selbst oder Ihr Anwalt anfangen in der Verhandlung oder in den Schriftsätzen den Arbeitgeber zu beschimpfen. Sie öffnen dem Arbeitgeber nämlich so eine Hintertür, dass er selbst dann, wenn er den Rechtsstreit verliert, Sie trotzdem loswird. In derartigen Fällen sieht das Gesetz vor, dass der Arbeitgeber einen Auflösungsantrag gegen Zahlung einer Abfindung stellen kann. Dies bedeutet, wenn Ihr Gesamtverhalten es dem Arbeitgeber unzumutbar macht, Sie weiter zu beschäftigen, dann kann dann das Gericht, das an sich die Kündigung für unwirksam hält, gleichwohl das Arbeitsverhältnis auflösen und spricht Ihnen dann im Gegenzug nach eigenem Ermessen lediglich eine Abfindungszahlung zu, die meistens unter dem liegen wird, was Sie bei geschickter Prozessführung selbst herausgehandelt hätten.
Heulen, Pöbeln oder Schreien gehört also nicht vor Gericht. Wenn Sie wissen oder befürchten, dass Sie dem emotionalen Druck der Verhandlung nicht gewachsen sind, dann ist es besser, Sie kommen nicht persönlich zum Termin, sondern überlassen die Verhandlungen einem Profi, nämlich Ihrem Anwalt. Es besteht stets die Möglichkeit einen Vergleich widerruflich abzuschließen, so dass Sie dann in Ruhe darüber entscheiden können, ob Sie, dass was vereinbart worden ist, auch wirklich möchten, ohne dass Sie sich vom Gericht, dem Gegner oder der Situation insgesamt unter Druck setzen lassen. Dies ist selbst dann möglich, wenn das Gericht Ihr persönliches Erscheinen angeordnet hat. In diesem Fall können sie nämlich einem Dritten, beispielsweise eine Person ihres Vertrauens oder aber gleich Ihrem Rechtsanwalt eine besondere Vollmacht erteilen, sodass Sie grundsätzlich vom Erscheinen entbunden sind. Davon abzuraten wäre nur dann, wenn das Gericht durch Einvernahme von Zeugen, die gegen Sie aussagen, Beweis erhebt. Dann würden Sie dadurch, dass Sie nicht persönlich erscheinen, dem Gericht die Möglichkeit nehmen, Sie selbst informatorisch zu den Vorwürfen anzuhören, die gegen Sie erhoben werden.
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