Die Änderungskündigung ist ein spezielles Instrument im Arbeitsrecht, das es dem Arbeitgeber ermöglicht, bestehende Arbeitsbedingungen, die nicht bereits durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers problemlos einseitig geändert werden können, zu ändern. Dabei kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet gleichzeitig einen neuen Vertrag unter geänderten Bedingungen an. Dieses Vorgehen erfordert jedoch eine sorgfältige Beachtung der Sozialauswahl, um die Rechte der Arbeitnehmer zu wahren.
Grundlagen der Änderungskündigung
Eine Änderungskündigungim Sinne von § 2 KSchG kommt häufig bei betriebsbedingten Umstrukturierungen zum Einsatz. Sie stellt eine Kombination aus Kündigung und neuem Vertragsangebot dar. Der Arbeitnehmer hat die Möglichkeit, dieses Angebot unter Vorbehalt anzunehmen und dagegen Klage zu erheben. Man spricht dann von einer sog. Änderungskündigungsschutzklage. Nimmt der Arbeitnehmer dagegen das Angebot nicht unter Vorbehalt an und klagte gegen, dann handelt es sich um eine Kündigungsschutzklage. Der Unterschied besteht darin, dass dann, wenn der Arbeitnehmer die Änderungskündigungsklage verliert, das Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen fortgeführt wird. Verliert er dagegen die Kündigungsschutzklage, dann ist damit das Arbeitsverhältnis endgültig beendet.
Rolle der Sozialauswahl
In Betrieben mit mehr als 10 Arbeitnehmern ist die Sozialauswahl in § 1 Abs. 3 KSchG festgeschrieben. Sie verpflichtet den Arbeitgeber, soziale Gesichtspunkte wie Lebensalter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltsverpflichtungen und Schwerbehinderung bei der Entscheidung über Kündigungen zu berücksichtigen.
Sozialauswahl bei Betrieben mit Betriebsrat
Gemäß § 102 BetrVG ist der Betriebsrat bei jeder Kündigung, einschließlich Änderungskündigungen, zu beteiligen. Eine Änderungskündigung, die z.B. eine Versetzung in eine niedrigere Entgeltgruppe nach sich zieht, muss sozial gerechtfertigt sein. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber eine Sozialauswahl unter den betroffenen Arbeitnehmern durchführen muss, wobei Kriterien wie Alter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung zu berücksichtigen sind.
Betriebe ohne Betriebsrat
In Betrieben ohne Betriebsrat bleibt die Pflicht zur Sozialauswahl bestehen. Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass die Auswahlkriterien fair und nachvollziehbar angewendet wurden, um die soziale Rechtfertigung der Änderungskündigung zu gewährleisten.
Beispiel: Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 23 11. 2021
Im Fall, der vor dem Arbeitsgericht Hagen verhandelt wurde (Az.: 5 Ca 460/21), wurde eine Arbeitnehmerin nach einem Teilbetriebsübergang und Neustrukturierung mit einer niedrigeren Entgeltgruppe konfrontiert. Der Arbeitgeber sprach daraufhin eine Änderungskündigung aus, ohne eine korrekte Sozialauswahl zu dokumentieren. Das Gericht monierte insbesondere, dass der Arbeitgeber weder den Kreis der vergleichbaren Arbeitnehmer noch die Gewichtung der einzelnen Auswahlkriterien darlegte. Somit konnte nicht überprüft werden, ob die Änderung einem anderen Arbeitnehmer sozial eher zumutbar gewesen wäre. Dieses Versäumnis führte zur Unwirksamkeit der Änderungskündigung, da sie nicht den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Sozialauswahl entsprach.
Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung einer präzisen und dokumentierten Sozialauswahl. Arbeitgeber müssen transparent darlegen, wie und warum bestimmte Mitarbeiter von der Änderungskündigung betroffen sind. Dies dient nicht nur der rechtlichen Absicherung, sondern auch der Wahrung des Betriebsfriedens.
Fazit
Zusammenfassend ist die Änderungskündigung ein komplexes arbeitsrechtliches Instrument, das sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer erhebliche Konsequenzen haben kann. Eine sorgfältige Sozialauswahl ist dabei unerlässlich, um die Kündigung rechtlich abzusichern und die sozialen Folgen für die betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen zeigt deutlich, dass eine unzureichende Berücksichtigung der sozialen Kriterien zur Unwirksamkeit der Änderungskündigung führen kann. Für Arbeitgeber bedeutet dies, dass sie nicht nur die wirtschaftlichen Aspekte einer Neustrukturierung berücksichtigen, sondern auch die sozialen Auswirkungen auf ihre Arbeitnehmer sorgfältig abwägen müssen. Dies erfordert eine transparente und nachvollziehbare Vorgehensweise bei der Sozialauswahl, um die Rechte der Arbeitnehmer zu wahren und den Betriebsfrieden zu sichern. Die Änderungskündigung bleibt somit ein wichtiges, aber sorgfältig zu handhabendes Instrument im Arbeitsrecht, das eine umfassende Kenntnis der rechtlichen Rahmenbedingungen und eine verantwortungsbewusste Anwendung erfordert. Um hier keine Fehler zu machen, sollten sich Arbeitgeber vor Ausspruch einer Änderungskündigung fundiert arbeitsrechtlich beraten lassen. Arbeitnehmer, die eine Änderungskündigung erhalten haben, sollten ihrerseits, bevor sie eine Entscheidung treffen, wie damit umgegangen wird, dass Für und Wider der einzelnen Optionen, also Annahme des Angebots, Annahme des Angebots unter Vorbehalt oder Ablehnung des Angebots, fachkundigen Rat in Anspruch nehmen. Da, wie aufgezeigt, der Teufel oft im Detail steckt, ist es auch hier für den Laien oft schwierig den Überblick zu behalten und die richtige Entscheidung zu treffen.
Falls Sie als Arbeitgeber eine Änderungskündigung aussprechen möchten oder als Arbeitnehmer eine Änderungskündigung erhalten haben, dann beraten und vertreten wir Sie gerne, bundesweit.