Papier ist bekanntlich geduldig. Gerade beim Verkauf gebrauchter Kraftfahrzeuge werden diese oft in rosigen Worten beschrieben, um einen möglichen Käufer zum Vertragsschluss zu verleiten. Wer hier als Verkäufer allerdings allzu leichtfertig unrichtige Angaben macht, der riskiert – ungeachtet einer strafrechtlichen Greifbarkeit wegen Betrugs – dass der Kaufvertrag nachträglich rückabgewickelt wird und der Kaufpreis zurückgezahlt werden muss, wenn der Käufer dahinter kommt, dass die gemachten Angaben nicht stimmen.
Diese Erfahrung musste nun auch einen Autoverkäufer machen, der über eine Internetplattform einen VW Polo zum Preis von 1.950 € angeboten und das Fahrzeug als scheckheftgepflegt angepriesen hatte, was aber nicht zutreffend war. Auch bei der Motorleistung hatte er geschummelt und diese mit 55 kW angegeben, obwohl das Fahrzeug nur 44kw hatte. Als die Käuferin hinter den Schwindel kam, trat sie kurzerhand vom Kaufvertrag zurück und verlangte Rückzahlung des Kaufpreises. Der Verkäufer verweigerte die Rückzahlung und verwies auf einen vertraglich vereinbarten Gewährleistungsausschluss, so dass der Rechtsstreit schließlich vor dem Amtsgericht München landete und von diesem mit Urteil vom 05.05.2015 (191 C 8106/15) zugunsten der Käuferin entschieden wurde.
Das Gericht kam zum Ergebnis, dass die Käuferin Rückabwicklung verlangen könne, weil das Fahrzeug nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufwies und damit mangelhaft war. Eine solche Beschaffenheitsvereinbarung lag nach Auffassung des Gerichts nicht nur hinsichtlich der zu geringen Motorleistung vor, sondern auch hinsichtlich der Eigenschaft „scheckheftgepflegt“. Beschaffenheit ist jede Eigenschaft und jeder der Sache anhaftende tatsächliche, wirtschaftliche oder rechtliche Umstand. Vereinbart wird die Beschaffenheit, wenn der Inhalt des Kaufvertrags die Pflicht des Verkäufers bestimmt, die gekaufte Sache in dem Zustand zu übereignen und zu übergeben, wie sie im Vertrag festgelegt wird.
Die Scheckheftpflege eines Fahrzeuges, so das Gericht, stellt eine Beschaffenheit dar, da sie ein wertbildender Faktor des Fahrzeugs ist. Die Angebotsbeschreibung im Internet habe nicht lediglich werbenden Charakter. Dies ergebe sich aus dem Umstand, dass im Kaufvertragsformular eine nähere Beschreibung des Fahrzeuges hinsichtlich Ausstattung und Zustand des Fahrzeugs nicht mehr im Detail erfolgt sei. Die Scheckheftpflege als Beschaffenheit des Fahrzeuges sei auch nicht bloß eine einseitige Erwartung der Klägerin gewesen, da der Verkäufer ohne Anlass darauf im Internetangebot hingewiesen habe und somit die Erwartung nicht einseitig von der Klägerin ausgegangen sei.
Für die Klägerin sei die Angabe, dass das Fahrzeug scheckheftgepflegt ist, maßgebend für den Kaufentschluss gewesen. Sie habe erwarten können, dass die vorgeschriebenen Inspektionen von einer hierzu autorisierten Fachwerkstatt durchgeführt und im Scheckheft dokumentiert sind. Eine weitere Beschaffenheitsvereinbarung hätten die Parteien über die Motorstärke getroffen in Höhe von 55 kW. Obwohl im Kaufvertrag vom 08.11.2014 auf die Motorleistung nicht erneut eingegangen wurde, habe die Angabe im Angebot auch hier nicht nur werbenden Charakter, sondern bestimme die geschuldete Leistungspflicht des Beklagten.
Der beklagte Verkäufer kann sich nicht auf den Gewährleistungsausschluss berufen.
Abgesehen davon müsste sich der Beklagte bei einem Gewährleistungsausschluss den Vorwurf der Arglist gefallen lassen und könnte sich gemäß § 444 BGB wegen der vorbezeichneten Mängel nicht auf den Haftungsausschluss berufen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt ein Verkäufer arglistig, wenn er zu Fragen, deren Beantwortung erkennbar maßgebliche Bedeutung für den Kaufentschluss seines Kontrahenten hat, ohne tatsächliche Grundlagen ins Blaue hinein unrichtige Angaben macht. Davon sei hier auszugehen.
Der Beklagte habe das Fahrzeug als scheckheftgepflegt angeboten, ohne den Nachweis dafür zu erbringen, obwohl er wissen musste, ob die nach den Herstellerangaben erforderlichen Wartungen durch eine autorisierte Fachwerkstatt regelmäßig durchgeführt worden sind. Dass die Klägerin nicht sofort nach dem Scheckheft gefragt hat, lasse nicht den Schluss zu, dass die Scheckheftpflege für sie keine maßgebliche Bedeutung gehabt hätte. Vielmehr durfte die Klägerin sich auf die Angaben des Beklagten in dessen Angebot verlassen.