Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einer Entscheidung vom 16. August 2023 (Az. 7 AZR 300/22) wichtige Klarstellungen zur Anwendung des Schriftformgebots bei Vertragsmodifizierungen vor Aufnahme der Beschäftigung vorgenommen. Diese Entscheidung beleuchtet grundlegende Aspekte des Arbeitsrechts und verdient daher eine detaillierte Betrachtung.
Hintergrund des Falles
Der Fall drehte sich um einen für die Sommersaison 2019 befristet eingestellten Kassierer im Südbad in J., dessen ursprünglich vereinbarter Arbeitsbeginn mündlich vorverlegt wurde. Zentraler Streitpunkt war, ob diese mündliche Änderung des Arbeitsbeginns dem Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) entspricht.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Das Schriftformerfordernis nach § 14 Abs. 4 TzBfG spielt eine zentrale Rolle bei der Befristung von Arbeitsverhältnissen. Es soll Rechtssicherheit für die Vertragsparteien schaffen, indem wesentliche Vertragsbestandteile wie die Dauer der Befristung unmissverständlich und nachprüfbar festgehalten werden.
Entscheidungsgründe des BAG
Das BAG stellte fest, dass die mündliche Vorverlegung des Arbeitsbeginns nicht einer neuen Befristungsvereinbarung gleichkommt und somit nicht dem Schriftformerfordernis unterliegt. Wesentlich ist, dass das Enddatum des Arbeitsverhältnisses – hier der 30. September 2019 – schriftlich fixiert war und unverändert blieb. Die Änderung des Anfangsdatums beeinträchtigte nicht die Klarheit über das Beendigungsdatum, welches für die Erfüllung des Schriftformerfordernisses ausschlaggebend sei, so die Richter.
Bedeutung und Implikationen
Diese Entscheidung hat weitreichende Implikationen für die Praxis. Sie verdeutlicht, dass Modifikationen in Arbeitsverträgen, die vor Arbeitsantritt erfolgen und nicht das Enddatum der Befristung betreffen, nicht unbedingt der Schriftform bedürfen. Dies erleichtert die Flexibilität in der Handhabung von Arbeitsverhältnissen, insbesondere in Bezug auf den Arbeitsbeginn.
Während das Urteil für Klarheit sorgt, könnten sich dennoch Herausforderungen in der Umsetzung ergeben. Die Abgrenzung zwischen einer „unwesentlichen“ Modifikation, die keiner Schriftform bedarf, und einer „wesentlichen“ Änderung, die das Schriftformerfordernis auslöst, könnte in der Praxis zu Unklarheiten führen.
Fazit
Das Urteil des BAG vom 16. August 2023 (7 AZR 300/22) trägt zu einem besseren Verständnis des Schriftformgebots bei Vertragsmodifizierungen vor Arbeitsantritt bei. Es stärkt die Flexibilität in der Gestaltung von Arbeitsverhältnissen, ohne die Rechtssicherheit zu beeinträchtigen. Gleichzeitig ist es für Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen wichtig, die Grenzen dieser Flexibilität zu erkennen und im Zweifel auf eine schriftliche Fixierung von Vertragsänderungen zu bestehen, um rechtliche Risiken zu minimieren.