An dieser Stelle haben wir bereits des Öfteren im Rahmen des Dieselabgasskandal von zivilrechtlichen Urteilen berichtet, bei denen Käufer erfolgreich gegen die Händler als Verkäufer vorgegangen sind. Heute wollen wir uns mit der Frage beschäftigen, welche Auswirkungen es hat, wenn ein Käufer das von den Herstellern angebotene Einspielen eines Software-Updates verweigert.
Sie haben es bereits geahnt? Ohne Update dürfen Sie Ihr Fahrzeug dann nicht mehr im Straßenverkehr nutzen, denn die zuständige Behörde wird dies mit entsprechendem Bescheid untersagen und, damit Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, den Sofortvollzug des Bescheids anordnen. Dagegen vor den Verwaltungsgerichten zu klagen hat wenig Aussicht auf Erfolg, wie ein Beschluss des VG Stuttgart vom 27 April 2018 (8 K 1962/18) verdeutlicht.
Käufer nimmt nicht an Rückrufaktion des Herstellers im Dieselabgasskandal teil
In dem entschiedenen Rechtsstreit geht es um einen Pkw der Marke Audi, Typ A4. In diesem ist ein vom Dieselabgasskandal betroffener Dieselmotor mit Schummelsoftware des Typs EA189 (Euro 5) verbaut. Als das zuständige Landratsamt davon Kenntnis erlangt hat, dass das Fahrzeug nicht an der vom Hersteller erfolgten Rückrufaktion zu Installation eines Software-Updates teilgenommen hat, untersagte es mit Bescheid vom 23 Januar 2018 den Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr und ordnete die sofortige Vollziehung des Bescheids an, so dass die Nutzung des Fahrzeugs im öffentlichen Verkehr ab sofort verboten war.
Um dies zu verhindern hat der Käufer beim zuständigen Verwaltungsgericht einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gestellt. Er wollte damit erreichen, dass er das Fahrzeug solange weiter nutzen kann, bis in einem Hauptsacheverfahren rechtskräftig über die Rechtmäßigkeit der Nutzungsuntersagung entschieden ist.
Begründet hat der Käufer seine Weigerung damit, dass er ein Zivilverfahren auf Schadenersatz gegen den Hersteller führen würde und deshalb zu Beweiszwecken das Fahrzeug in dem derzeitigen Zustand halten müsse.
Klage hat nach summarischer Prüfung keine Erfolgsaussichten
Diese Argumentation mochten die Richter nicht folgen. Sie haben seinen Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung haben sie ausgeführt, dass das Fahrzeug in seinem derzeitigen Zustand, also ohne Nachrüstung, nicht mehr den Typengenehmigung entsprechen würde. Daran ändere auch der laufende Zivilprozess nichts. Vielmehr würde es dem Antragsteller freistehen, sein Fahrzeug stillzulegen und außerhalb des öffentlichen Straßenverkehrs zu lagern, um es für einen Sachverständigen vorzuhalten. Damit verbundene Kosten könne er dann ja im Zivilverfahren gegen den Hersteller als weitere Schadensposition geltend machen. Im Übrigen verwiesen die Richter auf die Möglichkeit eines selbstständigen Beweissicherungsverfahrens, sodass der Antragsteller auch vorrangig diesen Weg hätte beschreiten müssen. Die Maßnahme sei auch verhältnismäßig, denn durch die nicht beseitigte Abschakteinrichtung seien die im Betrieb auf öffentlichen Straßen entstehenden Abgaswerte unzulässig erhört wodurch sich eine Gefahr für die allgemeine Gesundheit und die Umwelt ergebe. Dass viele Fahrzeuge noch nicht an der Rückrufaktion teilgenommen hätten und in welchem Ausmaß sich die Nichtteilnahme des Fahrzeugs des Antragstellers auf die Luftreinhaltung auswirken würde, sei – so die Richter – ohne Relevanz.
Anmerkung
Auch, wenn im Ergebnis die Entscheidung des Gerichts richtig ist, so ist die Argumentation schräg. Die Schummelsoftware führt nämlich lediglich dazu, dass diese erkennt, wenn sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand befindet und in diesem Betrieb weniger Schadstoffe ausgestoßen werden, als im normalen Straßenverkehr. Wird die Schummelsoftware beseitigt, dann bedeutet dies nicht, dass fortan das Fahrzeug umweltfreundlicher ist, sondern dass einfach die damit verbundene Manipulation auf dem Prüfstand entfällt. Deshalb ist die Diskussion um ein Software-Update bei Lichte betrachtet Makulatur. Wären nämlich die Hersteller in der Lage gewesen, mit entsprechender Software den Schadstoffausstoß so zu reduzieren, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden, dann wäre hier der Einsatz einer Schummelsoftware, die einen anderen Schadstoffausstoß simuliert, wenn sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand befindet, nicht erforderlich gewesen.
Hinzu kommt, dass für gewöhnliche „Normalverdiener“ schon nicht über die nötigen finanziellen Mittel verfügen, um ein Kfz stillzulegen und als Beweismittel vorzuhalten. Hier wird offensichtlich verkannt, dass aufgrund der heute sehr hohen Fahrzeugpreise eine Vielzahl von Kraftfahrern sich bei der Finanzierung eines solchen Fahrzeugs bereits „strecken“ muss. Spielraum dafür Leasingraten oder Finanzierungsraten für ein weiteres Fahrzeug, zu finanzieren, oder gar die Anschaffungskosten zu stemmen, besteht oft nicht.
Auch der Verweis auf ein gerichtliches Beweissicherungsverfahren macht deutlich, dass Verwaltungsrichter offensichtlich dieses Instrument nur aus der Gesetzestheorie, weniger aber aus der Anwendungspraxis kennen. Auch, wenn der Gesetzgeber ein solches Verfahren, bei dem vorab, also bevor ein Rechtsstreit geführt wird, ein gerichtliches Sachverständigengutachten zu einem behaupteten Mangel eingeholt werden kann, bereitstellt, so ist damit keineswegs absehbar in welcher Zeit ein solches Gutachten auch erstellt wird. Hinzu kommt, dass Gutachten regelmäßig von derjenigen Partei, zu deren Ungunsten das Gutachten ausgeht, angegriffen werden, so dass oft eine Nachbegutachtung, manchmal auch sogar ein neues Gutachten erforderlich wird und hier Monate, wenn nicht Jahre vergehen können.
Dass bei diesem Motortyp Schummelsoftware verbaut ist, ist zwischenzeitlich gerichtsbekannt. Dass es sich dabei um einen Sachmangel handelt, ist auch gerichtlich ausdiskutiert und entspricht der ständigen Rechtsprechung. Da es sich bei dem Fahrzeug auch nicht um ein Einzelstück handelt, sondern in einer Vielzahl von Fahrzeugen ein identischer Motor mit identischer Softwareausstattung verbaut ist, wäre ohnehin in einem Zivilprozess kaum zu erwarten, dass ein Gericht zu dieser Frage noch Beweis erheben wird, weil die Mangelhaftigkeit als gerichtsbekannt vorausgesetzt werden kann. Vor diesem Hintergrund war der Ansatz, dass das Fahrzeug zu Beweiszwecken im ursprünglichen Zustand erhalten werden musste, ohnehin nicht geeignet einem Fahrverbot zu entgehen. Zu diskutierender Ansatzpunkt wäre vielmehr der, ob die Entfernung der Schummelsoftware tatsächlich so, wie es suggeriert wird, das Fahrzeug umweltfreundlicher macht oder aber lediglich die Möglichkeit der Manipulation beendet wird, sodass es aus Gesundheits- und umweltpolitischer Sicht, keinen Unterschied macht, ob ein Fahrzeug mit einem Update versehen worden ist oder nicht.