Gute Nachricht für alle vom Dieselskandal betroffenen Fahrzeughändler, denn diese müssen sich die Arglist von Volkswagen nicht zurechnen lassen, so dass Gewährleistungsansprüche gegen den Verkäufer nach 2 Jahren verjähren und zwar unabhängig davon, wann der Käufer von dem Mangel, also der Schimmelsoftware, Kenntnis erlangt hat (OLG Koblenz, Urteil vom 06.06.2019 – 1 U 1552/18).
Käufer verlangt nach 8 Jahren Nutzung vom Kfz-Händler die Lieferung eines neuen VW Golf Diesel
Im entschiedenen Rechtsstreit hatte der Käufer 2009 einen VW Golf Diesel beim Beklagten, einem Kfz-Händler, gekauft, also das Fahrzeug bei Bekanntwerden des Dieselskandals im Jahr 2015 bereits 6 Jahre genutzt. 2017 verlangte der Käufer dann vom Verkäufer die Lieferung eines entsprechenden mangelfreien Neufahrzeugs. Da der Verkäufer dazu nicht bereit war, weil das gelieferte Fahrzeug seiner Meinung nach schon nicht mangelhaft gewesen wäre, darüber hinaus aber etwaige Gewährleistungsansprüche längst verjährt sein, landete der Rechtsstreit schließlich vor Gericht.
Gewährleistungsansprüche des Käufers verjähren grundsätzlich in 2 Jahren
Nachdem bereits erstinstanzlich das Landgericht Koblenz die Klage abgewiesen hatte, blieb auch die Berufung des (dreisten) Käufers gegen das Urteil ohne Erfolg.
Fahrzeuge, die mit der Schummelsoftware ausgestattet sind, sind mangelhaft
Die Richter haben zwar klargestellt, dass das Fahrzeug, weil es mit der Schummelsoftware ausgestattet war, so dass jederzeit mit einer Betriebsuntersagung gerechnet werden müsse, mangelhaft war. Darauf komme es aber nicht entscheidend an, so die Richter, weil Gewährleistungsansprüche jedenfalls verjährt sind.
Keine Zurechnung einer etwaigen Arglist des Herstellers
Gewährleistungsansprüche verjähren – unabhängig von der Kenntnis des Mangels – innerhalb von zwei Jahren ab Übergabe des Fahrzeugs (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB).
Soweit das Gesetz für den Fall, dass der Mangel vom Verkäufer arglistig verschwiegen wird, eine längere Verjährungsfrist vorsieht (§ 438 Abs. 3 Satz 1 BGB), greift diese längere Verjährungsfrist nur dann ein, wenn der Händler selbst arglistig gehandelt hat.
Unstreitig habe im konkreten Fall die Beklagte aber selbst nicht arglistig gehandelt. Folglich seien die Gewährleistungsansprüche des Klägers bereits vor Bekanntwerden des „Diesel-Skandals“ verjährt.
Eine etwaige Arglist der Fahrzeugherstellerin spiele in diesem Zusammenhang keine Rolle, da eine Arglist des Herstellers dem Händler grundsätzlich nicht zugerechnet werde (Fortführung der Rechtsprechung aus OLG Koblenz, Urteil vom 28.09.2017 – 1 U 302/17).
Deliktische Ansprüche greifen nicht durch
Schließlich haben die Richter auch klargestellt, dass sich aus Deliktsrecht kein anderes Ergebnis ergeben kann. Auch im Bereich der deliktischen Haftung erfolge keine Zurechnung eines etwaigen Fehlverhaltens der Fahrzeugherstellerin, beispielsweise eines betrügerischen oder vorsätzlich sittenwidrigen Verhaltens.
Darüber hinaus hat der Senat angedeutet, dass er Zweifel an einer deliktischen Haftung der Fahrzeugherstellerin hat. Die Annahme einer betrügerischen Absicht bzw. eines vorsätzlich sittenwidrigen Handelns zu Lasten des Fahrzeugkäufers erscheine nicht naheliegend, wenn die Abschaltvorrichtung dazu gedient haben sollte, eine Beeinträchtigung des Motors durch eine dauerhafte Abgasrückführung zu verhindern.
Tipp: Längere Verjährung bei Ansprüchen gegen den Hersteller
Bei Schadenersatzansprüchen gegen den Hersteller gilt dagegen eine einheitliche Verjährung von 3 Jahren und zwar gleichgültig, ob es sich um ein Neufahrzeug oder einen Gebrauchtwagen handelt. Für den Beginn der Verjährung kommt es hier auch nicht maßgeblich auf die Übergabe des Fahrzeugs an, sondern der Zeitpunkt in dem Sie Kenntnis davon hatten, dass Ihr Fahrzeug vom Dieselskandal betroffen ist. Da die Frist nicht ab dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung, sondern erst mit Ablauf des Jahres in dem Sie Kenntnis erlangt haben, zu laufen beginnt, bestehen also – je nach Hersteller – noch Ansprüche, die nicht verjährt sein können. Verallgemeinern lässt sich dies nicht. Grundsätzlich dürfte es aber so sein, da der Dieselskandal ja mit Volkswagen begonnen hatte, dass Ansprüche gegen Volkswagen eher verjährt sein könnten, als beispielsweise Ansprüche gegen einen anderen Hersteller, der ebenfalls Dieselfahrzeuge manipuliert hat. In meisten Fällen dürfte dann aber mit Ablauf des Jahres 2019 auch hier die Mehrzahl aller Ansprüche verjähren, es sei denn, es tauchen noch andere Hersteller auf, die auch manipuliert haben, die aber bislang noch nicht überführt worden sind.