Aufgrund des Arbeitsvertrags ist der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber zur Arbeitsleistung verpflichtet. In den meisten Arbeitsverträgen ist die Arbeitsleistung aber nicht näher konkretisiert. Es sind regelmäßig nur Art und Umfang der zu verrichtenden Arbeit geregelt. Eine Konkretisierung der zu erbringenden Arbeitsleistung obliegt deshalb dem Arbeitgeber im Rahmen des sog. Direktionsrechts, § 106 GewO. Danach kann der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern Arbeitsinhalt, Arbeitsort und Arbeitsleistung nach billigem Ermessen, § 315 Abs. 1 BGB, näher bestimmen. Es handelt sich also um ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Arbeitgebers.
Will der Arbeitgeber dagegen Eingriffe in das Arbeitsverhältnis vornehmen, die über sein Weisungsrecht hinausgehen, dann ist dies nur durch eine Änderungskündigung möglich.
Darunter versteht man die Kündigung des bestehenden Arbeitsverhältnisses verbunden mit dem Angebot das Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen fortzusetzen.
Nimmt der Arbeitnehmer das Angebot an, dann wird das Arbeitsverhältnis zu den geänderten Bedingungen fortgesetzt. Nimmt er dagegen nicht an und erhebt Kündigungsschutzklage, dann endet das Arbeitsverhältnis, wenn die Kündigungsschutzklage nicht erfolgreich ist, also die Änderung sozial gerechtfertigt war. Daneben kann der Arbeitnehmer, wenn er einerseits die Rechtmäßigkeit der beabsichtigten Änderung gerichtlich überprüft haben möchte, andererseits aber nicht Gefahr laufen will, den Arbeitsplatz ganz zu verlieren, das Angebot unter Vorbehalt annehmen. Gewinnt er die dann zu erhebende Änderungskündigungsschutzklage, dann wird das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen fortgesetzt. Verliert er dagegen, dann findet eine Fortsetzung zu den geänderten Bedingungen statt.
War die Änderung durch Weisung möglich und hat der Arbeitgeber stattdessen eine Änderungskündigung erklärt, und erhebt der AN eine Kündigungsschutzklage dann ist diese erfolgreich (BAG, Urteil vom 22.09.2016 – 2 AZR 509/15), weil der AG den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt hat.
Kündigungsschutzklage gegen überflüssige Änderungskündigung ist begründet
In dem entschiedenen Rechtsstreit ist der Arbeitgeber zweigleisig gefahren. Er hatte zunächst aufgrund seines Direktionsrechts die Klägerin an einen anderen Standort versetzt und „höchst vorsorglich“ die Kündigung des Arbeitsverhältnisses am Standort Ar verbunden mit dem Angebot das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Kündigungsfrist am Standort B fortzusetzen erklärt. Offensichtlich war er sich nicht ganz sicher, ob die Versetzung von seinem Direktionsrecht gedeckt ist, denn zum Zeitpunkt, als das Arbeitsverhältnis begründet worden war, gab es nur einen Standort. Das Unternehmen hatte sich dann so weit entwickelt, dass es zwischenzeitlich 6 Standorte gab, die nun wieder auf 2 Betriebsstätten reduziert werden sollten.
Die Mitarbeiterin nahm das Änderungsangebot nicht an. Sie erklärte auch keine Vorbehaltsannahme sondern erhob Kündigungsschutzklage. Der Arbeitgeber wiederum nahm die Versetzung kraft Direktionsrechts später zurück.
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt
Nach Auffassung aller Instanzen, nun zuletzt auch des BAG, war die Kündigungsschutzklage erfolgreich, weil die Kündigung der Klägerin zum Zwecke der Änderung des Beschäftigungsorts unverhältnismäßig und die Kündigung damit sozial ungerechtfertigt im Sinne von § 1 Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz war.
Eine Änderungskündigung ist wegen der mit ihr verbundenen Bestandsgefährdung unverhältnismäßig, wenn die erstrebte Änderung der Beschäftigungsbedingungen durch Ausübung des Weisungsrechts des Arbeitsgebers gem. § 106 GewO möglich ist, so die Richter. In einem solchen Fall „bedingt“ der mögliche Wegfall des Beschäftigungsbedarfs zu den bisherigen Bedingungen eine (Änderungs-)Kündigung nicht i.S.v. § 2 S. 1, § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG.
Die mit der Änderungskündigung angestrebte Änderung des Beschäftigungsorts konnte der Arbeitgeber durch die Ausübung ihres Direktionsrechts vornehmen. Nach § 106 S. 1 GewO darf der Arbeitgeber u.a. den Ort der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit dieser nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt ist. Der Inhalt der einzelvertraglichen Regelungen ist durch Auslegung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln.
Die Auslegung der vertraglichen Regelungen hat zum Ergebnis, dass diese keine Festlegung enthalten, die das Direktionsrecht des Arbeitgebers einschränkt. Auf Reichweite und Wirksamkeit der im Arbeitsvertrag vereinbarten „Versetzungsklausel“ kommt es deshalb nicht an.
Nimmt der Arbeitnehmer das mit der Kündigung verbundene Änderungsangebot in einem solchen Fall nicht unter Vorbehalt an, ist auf seinen Antrag nach § 4 S. 1 KSchG festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist.
Änderungsklage gegen überflüssige Änderungskündigung ist unbegründet
Anders verhält es sich dagegen, wenn die Klägerin keine Kündigungsschutzklage, sondern lediglich eine Änderungskündigungsschutzklage eingelegt hätte, also das Angebot zur Änderung unter dem Vorbehalt der gerichtlichen Nachprüfung angenommen hätte. Für diesen Fall hat nämlich das BAG bereits mit Urteil vom 26.01.2012 (2 AZR 102/11) entschieden. Begründet wurde dies damit, dass für den Erfolg einer Änderungsschutzklage bei einem bestehenden Weisungsrecht nur ist, ob der Arbeitgeber die Möglichkeit hat, die erstrebte Änderung durch sein Weisungsrecht durchzusetzen. Dann ist die Änderung der Arbeitsbedingungen in Ordnung, auch wenn der Arbeitgeber rechtlich die „falsche Verpackung“ gewählt hat. In diesem Rechtsstreit hatte der Arbeitgeber nämlich nicht von seinem Weisungsrecht Gebrauch gemacht, sondern stattdessen eine Änderungskündigungskündigung ausgesprochen.
Folgen für Arbeitgeber
Die Änderungskündigung ist gegenüber der Weisung das deutlich „schärfere Schwert“. Wenn zweifelhaft ist, ob die gewünschte Änderung allein durch das Direktionsrecht durchgesetzt werden kann, dann ist durchaus empfehlenswert das Weisungsrecht auszuüben und vorsorglich zusätzlich eine Änderungskündigung zu erklären. Reagiert der Arbeitnehmer dann so wie oben, nämlich dass er nicht mit einer Änderungsklage, sondern mit einer Kündigungsschutzklage antwortet, dann riskieren Sie schlimmstenfalls einen Arbeitsrechtsstreit. Kommt das Arbeitsgericht dann zum Ergebnis, dass keine Änderungskündigung erforderlich war, dann haben sie jedenfalls die Weisung aufgrund des Direktionsrechts durchgesetzt. Im Ergebnis besteht der Unterschied nur darin, dass die Weisung nicht an Fristen gebunden ist, während bei einer Änderungskündigung die Änderung erst mit Ablauf der Kündigungsfrist eintritt, so dass gerade bei langjährigen Arbeitsverhältnissen die Änderung erst mit einer zeitlichen Verzögerung greift.