Gemäß Art. 3 GG ist der Gleichbehandlungsgrundsatz festgelegt, welcher dem Staat verbietet, Bürger willkürlich zu diskriminieren. Stellen Sie sich vor, Sie möchten heiraten und das Standesamt fragt nach Ihrem Einkommen und Vermögen. Nach der Auskunft erhalten Sie eine Rechnung über 11.762 €. Utopisch? In Deutschland nicht, wenn es um eine Scheidung geht. Hier greift § 43 FamGKG, der den Verfahrenswert in Ehesachen nach verschiedenen Kriterien, einschließlich der Vermögens- und Einkommensverhältnisse, festlegt. Dies kann dazu führen, dass Besserverdiener hohe Gerichtskosten tragen müssen.
Anton und Berta möchten sich scheiden lassen. Anton ist Unternehmer mit einem monatlichen Nettoeinkommen von ca. 30.000 €, während Berta als Sekretärin ca. 1.500 € verdient. Sie haben vor ihrer Hochzeit einen Ehevertrag abgeschlossen und nach ihrer Trennung eine notarielle Scheidungsfolgenvereinbarung getroffen. Nun möchten sie sich einvernehmlich scheiden lassen. Doch anstatt das Verfahren zügig voranzutreiben, werden sie mit Fragen zu ihren Vermögenswerten konfrontiert und erhalten eine Gerichtskostenrechnung über 11.762 €.
Die Forderung solch hoher Gebühren, insbesondere für ein kurzes Gerichtsverfahren, wirft die Frage auf, ob dies eine verdeckte Steuer für Besserverdiener ist. Bei der Eheschließung spielt das individuelle Einkommen und Vermögen keine Rolle bei der Gebührenbemessung. Warum also bei einer Scheidung?
Abgaben: Steuern, Gebühren und Beiträge
In Deutschland werden von den Bürgern und Einwohnern seitens des Staates unterschiedliche Abgaben erhoben. Sind dabei drei Kategorien zu unterscheiden:
Steuern sind Geldleistungen, die keine Gegenleistung erfordern. Diese sind fällig, wenn ein bestimmter Gebührentatbestand erfüllt wird. Am bekanntesten ist dabei die am Einkommen orientierte Einkommensteuer oder die Mehrwertsteuer, mit 7 % bzw. 19 % einem Lee gleichen Steuersatz unterliegt, gleichwohl aber indirekt dazu führt, dass einkommensstärkere Haushalte, die aufgrund ihres höheren Einkommens mehr konsumieren können, auch mir Mehrwertsteuer bezahlen, als einkommensschwächere Haushalte.
Gebühren sind Zahlungen für besondere Leistungen oder für Inanspruchnahme von öffentlichen Einrichtungen. Dabei besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Gebühr und einer konkreten Gegenleistung (Zweckverbindung). D.h. man bezahlt das, was man nutzt/verbraucht/gebraucht/benötigt wie z.B. die Nutzungsgebühr für die Müllabfuhr, Trinkwasser, Abwasser, Friedhof, Kindergarten oder die Verwaltungsgebühren für eine Beurkundung, Erteilung von Bescheinigungen, Genehmigungen, Passgebühren.
Beiträge sind eine Geldleistung für den Ersatz des Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung und Erweiterung öffentlicher Einrichtung und Anlagen. Ein Beispiel sind die Kosten für die Erschließung eines Baugebietes und Straßenanliegerbeiträge. Im Unterschied zu den Gebühren gibt es hier keine unmittelbare Gegenleistung der öffentlich-rechtlichen Einrichtung. Auf die Straßenanliegerbeiträge bezogen heißt das, dass auch andere, die keine Beiträge bezahlt haben, die Straße benutzen dürfen.
Wenn wir also diese Begrifflichkeiten zuordnen, dann stellen die Gerichtskosten, die für die Leistung der Justiz erhoben werden, Gebühren Sinne der vorgenannten Definition dar.
Was kostet eine Eheschließung?
Heiraten kann zwar ebenfalls teuer sein. Dies liegt aber weniger an den Gebühren, die das Standesamt für die Eheschließung nimmt, sondern mehr an dem Rahmen, der von künftigen Eheleuten gewünscht wird. So gibt beispielsweise die Landeshauptstadt München die Kosten standesamtlicher Trauungen mit 60 € – 350 € an und weist darauf hin, dass dann, wenn im Münchner Rathaus oder im Schloss Nymphenburg getraut werden soll, höhere Gebühren anfallen, die mit bis zu 900 € angegeben werden.
Zu höheren Gebühren kommt es hier also nicht.
Ist § 43 FamGKG verfassungsrechtlich bedenklich?
Vergleicht man also die Kosten für eine standesamtliche Eheschließung mit einer gerichtlichen Auflösung der Ehe, dann erscheint das Heiraten am Standesamt als echtes Schnäppchen. Insoweit ist sicherlich zunächst zu berücksichtigen, dass der Aufwand, der auch bei einer (einvernehmlichen) Scheidung, den der Staat in Form der Justiz betreiben muss, höher ist als der Akt der bloßen Eheschließung: Anträge müssen gelesen und weitergeleitet werden, zu einem Termin laden werden und schließlich muss von einem Richter oder einer Richterin, also einem Volljuristen, Ausspruch der Scheidung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung, deren zeitliche Dauer allerdings mit 20-30 Minuten überschaubar ist, ausgesprochen werden. Von daher ist es sicherlich gerechtfertigt, gebührenrechtlich die Scheidung teurer auszugestalten als die Eheschließung selbst. Allerdings wirft die Regelung des § 43 FamGKG, nach der sich die Gerichtsgebühren für Entscheidungsverfahren im Familienrecht nach dem dreifachen Monatseinkommen der Eheleute richten, unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgrundsatzes mehrere verfassungsrechtliche Fragen auf. Das Ergebnis nicht mit meiner unmaßgeblichen Meinung subjektiv zu beeinflussen, habe ich die Frage abstrakt der KI von ChatGPT 4.0 gestellt. Dies sind die Antworten:
1. Diskriminierung aufgrund des Einkommens:
Der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG besagt, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. Eine Differenzierung nach dem Einkommen bei der Erhebung von Gebühren für eine staatliche Dienstleistung könnte als Diskriminierung angesehen werden. Während Personen mit höherem Einkommen mehr zahlen müssen, zahlen Personen mit geringerem Einkommen weniger für dieselbe Dienstleistung, nämlich die Auflösung der Ehe.
2. Fehlende Differenzierung bei der standesamtlichen Trauung:
Bei der standesamtlichen Trauung werden von allen Heiratswilligen gleiche Gebühren erhoben, unabhängig von ihrem Einkommen oder Vermögen. Dies steht im Widerspruch zur Regelung des § 43 FamGKG. Es ist nicht nachvollziehbar, warum bei der Begründung einer Ehe alle gleich behandelt werden, bei deren Auflösung jedoch nicht. Dies könnte als willkürliche und unverhältnismäßige Ungleichbehandlung angesehen werden.
3. Fehlende Korrelation zwischen Gebühr und Gegenleistung:
Die Höhe der Gebühr nach § 43 FamGKG korreliert nicht mit der Gegenleistung des Staates. Unabhängig vom Einkommen der Eheleute erbringt der Staat dieselbe Leistung, nämlich die Auflösung der Ehe. Es ist daher fraglich, ob eine einkommensabhängige Gebühr überhaupt gerechtfertigt ist.
4. Vergleich mit anderen staatlichen Dienstleistungen:
Bei vielen anderen staatlichen Dienstleistungen, wie z.B. der Beantragung eines Personalausweises, werden keine einkommensabhängigen Gebühren erhoben. Jeder Bürger zahlt denselben Betrag, unabhängig von seinem Einkommen. Dies steht im Widerspruch zur Regelung des § 43 FamGKG und könnte als weitere Ungleichbehandlung angesehen werden.
Fazit:
Die Regelung des § 43 FamGKG könnte unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgrundsatzes verfassungsrechtlich bedenklich sein. Die Differenzierung nach dem Einkommen bei der Erhebung von Gebühren für die Auflösung einer Ehe steht im Widerspruch zu anderen staatlichen Dienstleistungen und könnte als Diskriminierung angesehen werden. Es wäre daher ratsam, diese Regelung zu überdenken und gegebenenfalls anzupassen, um sicherzustellen, dass sie mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
Anmerkung:
Der Gleichheitsgrundsatz verlangt, dass gleichgelagerte Sachverhalte gleich und unterschiedliche Sachverhalte nicht willkürlich gleich behandelt werden. Unter dieser Voraussetzung scheint § 43 FamGKG, insbesondere im Hinblick auf den reinen Scheidungsausspruch, verfassungsrechtlich bedenklich. Dies gilt umso mehr, da die reine Scheidung lediglich einen formalen Akt darstellt, um eine gesetzlich geschlossene Ehe zu beenden.
So hat beispielsweise das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 23.05.2006 (1 BvR 1484/99) entschieden, dass die Regelung in § 92 KostO gegen Art. 3 GG verstößt und unwirksam ist, soweit dort für die Berechnung der Gebühr auch bei Fürsorgemaßnahmen, die sich auf die Personensorge beschränken, unbegrenzt das reine Vermögen zugrunde legt. Das Gericht betonte, dass der Gesetzgeber bei der Festsetzung von Gebühren Unterscheidungen treffen muss, die sachlich gerechtfertigt sind.
Ähnlich liegt der Fall aber auch hier, soweit für den reinen Ausspruch einer Scheidung zur Berechnung der Gerichtskosten auf Einkommen und Vermögen der Eheleute abgestellt wird.
In anderen Rechtsbereichen, wie dem Verwaltungsrecht, greift der Gesetzgeber bei fehlendem Vermögensinteresse auf einen Regelstreitwert zurück, der aktuell bei 5.000 € liegt. Ein solcher Ansatz könnte auch im Scheidungsverfahren unverhältnismäßige Ergebnisse vermeiden, wie z.B. die Forderung von 11.000 € Gerichtsgebühren für ein maximal 30-minütiges Scheidungsverfahren. Es erscheint unverhältnismäßig, Besserverdiener und Vermögende übermäßig zur Kasse zu bitten, um das Gesamtsystem zu finanzieren, insbesondere wenn dies dem Gebührenrecht widerspricht.
Zudem dürfen nach anwaltlichem Standesrecht die gesetzlichen Gebühren nicht unterschritten werden. Dies würde für die Eheleute zusätzliche Anwaltsgebühren von 15.464,65 € inklusive Mehrwertsteuer bedeuten. Die Staatskasse würde zusätzlich 2.469,15 € an Mehrwertsteuer einnehmen. Insgesamt würde der Staat bei der Scheidung von Eheleuten A und B 14.231,15 € verdienen, im Gegensatz zu einer Eheschließung in München, die bereits ab 60 € möglich ist. Das Sprichwort „Scheiden tut weh“ erhält in diesem Kontext eine ganz neue Bedeutung.