Wer zuerst kommt malt zuerst. Diese altbekannte Weisheit galt lange Zeit auch bei der Reservierung von Internetdomains. Wer sich in den Anfängen des Internets die richtigen Adressen gesichert hat, konnte diese dann später, als der Internethype so richtig losging, oft mit hohem Gewinn verkaufen. Nachdem das Internet – entgegen landläufiger Meinung – kein rechtsfreier Raum ist, gilt es aber auch bei der Reservierung von Internetadressen die Rechte anderer zu beachten. Dabei spielen insbesondere Namens- und Markenrechte eine Rolle. Die Zeiten, in denen Firmen und Institutionen sich aus Lästigkeit die zu ihrem Namen oder ihrer Marke gehörende Domain von einem sog. Domaingrabber zurückgekauft haben, sind längst vorbei. Diese Erfahrung musste nunmehr auch ein Domainhändler machen, der sich die Internet Domain „bag.de“ gesichert und zum Kauf angeboten hatte. BAG ist dabei die Kurzbezeichnung des Bundesarbeitsgerichts. Das LG Köln hat mit Urteil vom 26.08.2014 (33 O 56/14) einer entsprechenden Klage der Bundesrepublik Deutschland auf Unterlassung und Freigabe stattgegeben, weil dessen Namensrecht an dem Kürzel „BAG“ im Sinne von § 12 BGB verletzt worden ist.
Aus den Urteilsgründen:
„Die Klage ist begründet.
Die Klägerin kann von der Beklagten Unterlassung der weiteren Verwendung der Internet-Domain „bag.de“ wie auch die Freigabeerklärung gegenüber der DENIC in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang gemäß § 12 BGB verlangen. Denn die Beklagte hat mit der Registrierung dieser Domain das der Klägerin zustehende Namensrechts an dem für das Bundesarbeitsgericht verwendeten Kürzel „BAG“ verletzt.
Der Klägerin steht ein Namensrecht im Sinne von § 12 BGB an dem Kürzel „BAG“ zu, da hiermit eines ihrer obersten Bundesgerichte, nämlich das Bundesarbeitsgericht, mit sprachlichen Mitteln individualisierend bezeichnet wird. Namensfunktion hat eine Bezeichnung, wenn sie geeignet ist, eine Person mit sprachlichen Mitteln unterscheidungskräftig zu bezeichnen. Dieses Recht entsteht mit der Aufnahme der Benutzung im Verkehr, wenn die Bezeichnung auf die beteiligten Verkehrskreise wie ein Name wirkt. Für Abkürzungen, die aus dem vollständigen Namen abgeleitet werden, gilt dieser Schutz ebenfalls, sofern die Abkürzung selbst Unterscheidungskraft aufweist (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Aufl. 2014, § 12 Rz 111; BGH GRUR 2014, 506 Tz 10 – sr.de – mit weiteren Nachweisen).
Bei Anwendung dieser Grundsätze muss ein Namensrecht der Beklagten aufgrund der lang andauernden und bundesweiten Benutzung der aus dem Gerichtsnamen „Bundesarbeitsgericht“ gebildeten Abkürzung „BAG“ angenommen werden. Unstreitig verwendet das Gericht seit 1955 für sich selbst die Abkürzung „BAG“. Unter dieser Abkürzung ist es, wie die Mitglieder der Kammer aufgrund eigener Erfahrung beurteilen können, in den beteiligten Verkehrskreisen – zumindest den juristischen aber auch den arbeitsrechtlich interessierten – bekannt. Eine Bekanntheit in allen denkbaren Verkehrskreisen oder gar eine Verkehrsdurchsetzung ist nicht Schutzvoraussetzung. Die Buchstabenfolge verfügt auch über originäre Unterscheidungskraft, da eine bestimmte beschreibende Verwendung nicht festgestellt werden kann. Dass auch andere Behörden möglicherweise mit diesem Kürzel bezeichnet werden bzw. dieses Kürzel sich auch in den Namen von Unternehmen und Vereinen findet, steht dem nicht entgegen. Denn in den von der Beklagten aufgezeigten Fällen ist gerade nicht feststellbar, dass insoweit eine beschreibende Verwendung erfolgt (siehe dazu auch BGH, a.a.O., Tz. 11). Vielmehr belegen die aufgezeigten Fälle gerade umgekehrt, dass dem Kürzel jedenfalls vielfach von Namensträgern Unterscheidungskraft beigemessen wird. Im Übrigen ist es nicht und kann es auch nicht Voraussetzung des Namensschutzes sein, dass eine Namensverwendung nur durch einen einzigen Namensträger erfolgt. Dies belegt schon der Umstand, dass die wenigsten der im Bundesgebiet verwendeten Familiennamen nur einmal vorkommen dürften. Gleichwohl kommt auch häufig festzustellenden Namen, sofern sie nicht ihre Unterscheidungsfunktion verloren haben, weiterhin Unterscheidungskraft und damit der Schutz des § 12 BGB zu.
Insoweit kann sich die Beklagte auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass das Kürzel identisch sei mit einem in den angesprochenen Verkehrskreisen in Deutschland bekannten generischen Begriff aus der englischen Sprache für „Beutel, Tüte, Tasche, Koffer“. Denn es ist nichts dafür vorgetragen, dass dieser Begriff bereits derart Eingang in die deutsche Sprache gefunden hat, dass er ohne weiteres und losgelöst von seiner konkreten Verwendung als beschreibende Angabe im Sinne der aufgezeigten Bedeutungen verstanden wird. Die auf Seite 5 der Klageerwiderung aufgeführten Internetseiten weisen den Begriff gerade nicht in Alleinstellung auf. Dass die ebenfalls aufgeführte Internetseite „bag.com“ überhaupt für interessierte Verkehrskreise in der Bundesrepublik Deutschland bestimmt ist, ist nicht vorgetragen. Der als Anl. B9 vorgelegte Ausdruck der Startseite spricht mit seiner englischsprachigen Fassung sogar dagegen. Dass der Begriff auf solchen Seiten beim Angebot von Taschen beschreibend Verwendung findet, vermag nicht zu belegen, dass er auch generell in diesem Sinne verstanden wird. Nach der Lebenserfahrung der Mitglieder der Kammer ist dies jedenfalls nicht der Fall.
Die Beklagte hat auch eine unberechtigte Namensanmaßung im Sinne von § 12 BGB durch Registrierung und Verwendung der streitgegenständlichen Domain begangen. Denn sie hat unbefugt den Namen bzw. eine als Namen geschützte Bezeichnung gebraucht, dadurch eine Zuordnungsverwirrung verursacht und schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt. Durch die Registrierung des Domainnamens „bag.de“ hat die Beklagte das namensrechtlich geschützte Kürzel des Bundesarbeitsgerichts namensmäßig gebraucht. Es kann auch nicht – wie bereits oben aufgezeigt wurde – festgestellt werden, dass der Verkehr in diesem Domainnamen ausschließlich eine Beschreibung des Inhalts der damit bezeichneten Webseite sieht. Der Namensgebrauch ist auch unbefugt erfolgt. Dies ist der Fall, wenn dem Verwender kein eigenes Benutzungsrecht zusteht. So liegen die Dinge vorliegend: Der Beklagten steht weder ein eigenes prioritätsälteres Namens- oder sonstiges Kennzeichenrecht an der Abkürzung „BAG“ zu, noch ist ihr die Benutzung von einem Inhaber eines solchen Rechts gestattet worden. Aus diesem Grunde ist es auch in diesem Zusammenhang ohne Belang, dass das Kürzel nach dem Vortrag der Beklagten noch von Dritten namensmäßig verwendet wird (vgl. zum Ganzen auch BGH, a.a.O., Tz 14 ff.).
Auch das Merkmal der Zuordnungsverwirrung ist zu bejahen. Diese liegt im Regelfall bereits dann vor, wenn ein Dritter einen fremden Namen namensmäßig im Rahmen einer Internetadresse verwendet. Der Verkehr sieht in der Verwendung eines unterscheidungskräftigen, nicht zugleich als Gattungsbegriff verstandenen Zeichens als Internetadresse im allgemeinen einen Hinweis auf den Namen des Betreibers des jeweiligen Internetauftritts (BGH, a.a.O., Tz 21 f.). Die in diesem Zusammenhang gelegentlich erörterte Frage einer bloß regional begrenzten Tätigkeit des Namensträgers stellt sich im Fall des Bundesarbeitsgerichts ohnehin nicht.
Schließlich gebührt bei der abschließend vorzunehmenden Abwägung dem Interesse der Klägerin der Vorrang. Denn das schutzwürdige Interesse des Namensträgers ist in Fallgestaltungen wie der vorliegenden typischerweise bereits dadurch beeinträchtigt, dass der Name durch einen Nichtberechtigten als Domainname unter der in Deutschland üblichen Top-Level-Domain „.de“ registriert wird. Die den Berechtigten ausschließende Wirkung setzt bei der Verwendung eines fremden Namens als Domainname bereits mit der Registrierung und nicht erst mit der Benutzung der Domain ein. Umgekehrt sind schützenswerte Belange der Beklagten, die im Rahmen der Interessenabwägung zu ihren Gunsten zu berücksichtigen sein könnten, vorliegend weder vorgetragen noch ansonsten ersichtlich. Das bloße Interesse der Beklagten am Weiterverkauf des registrierten und nicht als Adresse einer mit Inhalten versehenen Internetseite verwendeten Domainnamens ist bei der hier vorzunehmenden Prüfung nicht schutzwürdig (vgl. BGH, a.a.O., Tz 28 ff.).“