Wird der Erblasser von mehreren Personen beerbt, dann entsteht eine sog. Erbengemeinschaft. Diese ist nicht auf Dauer angelegt, sondern muss auseinandergesetzt werden. Solche Erbengemeinschaften entstehen beispielsweise regelmäßig dann, wenn bei Ehegatten kein Testament, dafür aber Kinder vorhanden sind. Der überlebende Ehegatte und die Kinder bilden dann eine Erbengemeinschaft.
Eine formelle Möglichkeit der Auseinandersetzung ist beispielsweise der Abschluss eines notariellen Erbauseinandersetzungsvertrags. Wer hier keine Rechtsnachteile erleiden will muss sich unbedingt kompetent und rechtskundig beraten lassen, wie der nachfolgende Fall zeigt, der nun vom OLG Hamm (Beschluss vom 22.07.2014 – 15 W 92/14) entschieden wurde.
Nachdem der Vater verstorben war ohne ein Testament zu hinterlassen, schloss die Ehefrau mit ihren beiden Kindern einen notariellen Erbauseinandersetzungsvertrag. Nach diesem Vertrag erwarb der Sohn gegen die Zahlung von insgesamt 100.000 DM den Erbteil seiner Schwester. In dem Vertrag fand sich folgende Formulierung:
„…S erkläre mit der Zahlung vom elterlichen Vermögen unter Lebenden und von Todes wegen ein für alle Male abgefunden zu sein.“
Als dann die Mutter verstarb, ohne ein Testament zu hinterlassen, beantragte der Sohn einen Alleinerbschein. Die Schwester trat dem entgegen, weil sie Miterbin geworden sei und nicht auf ihr Erbrecht nach der Mutter in dem Erbauseinandersetzungsvertrag nach dem Tod des Vaters verzichtet habe.
Das Gericht hat dem Sohn Recht gegeben, denn seine Schwester habe in dem abgeschlossenen Erbauseinandersetzungsvertrag nach dem Tod des Vaters, so die Richter, auf ihr gesetzliches Erbe nach dem Tode ihrer Mutter verzichtet.
Der Verzicht ergebe sich aus der Vertragsbestimmung, nach der die Schwester nach Zahlung eines bestimmten Betrages “ein für alle Male abgefunden sei“. Insoweit sei nicht erforderlich, dass der Vertrag den Begriff “Erbverzicht“ verwende. Es sei ausreichend, wenn sich der Verzichtswille aus dem Inhalt des Vertrages ergebe. Hiervon sei nach dem Vertragswortlaut auszugehen.
Die in Frage stehende Vertragsbestimmung beziehe sich auf das “elterliche Vermögen“ und lasse so erkennen, dass nicht nur der väterliche Nachlass geregelt werden solle. Die weiteren Formulierungen “unter Lebenden und von Todes wegen“ sowie “ein für alle Male abgefunden“, sprächen dafür, dass das Erbrecht nach Vater und Mutter endgültig geregelt werden solle und dass die Schwester nach dem Tode der Mutter nichts mehr zu erwarten haben sollte. Dieses Verständnis müsse auch einem juristischen Laien klar vor Augen stehen.
Der weitere Vertragsinhalt ergebe keine Anhaltspunkte für ein anderes Auslegungsergebnis. Der Vertrag enthalte vielmehr Regelungen zum Erbrecht des Sohnes nach dem Tode der Mutter, was dafür spreche, dass er auch das Erbrecht der Tochter insoweit habe regeln sollen.
Abgesehen davon sei den Vertragsbeteiligten klar gewesen, dass die an die Tochter zu leistenden Zahlungen aus dem elterlichen Vermögen bestritten werden würden – der noch in der Ausbildung befindliche Sohn habe nicht über die erforderlichen Geldmittel verfügt – und die Tochter im Ergebnis so stelle, als habe sie ihren Erbanteil von ¼ nach dem Tode des Vaters nahezu verdoppelt.
Ansprechpartner zum Erbrecht:
Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.