Die Durchsetzung von Forderungen im Inkasso erfolgt oft mit harten Bandagen. Nicht selten kommt es dabei vor, dass dem (vermeintlichen) Schuldner damit gedroht wird, dass für den Fall der Nichterfüllung der Forderung Strafanzeige erstattet wird.
Hat ein Rechtsanwalt den Sachverhalt geprüft und gelangt dabei zu dem Ergebnis, dass der Schuldner sich (auch) strafbar gemacht haben könnte, dann ist die Drohung mit einer Strafanzeige nicht per se verwerflich und damit strafbar, sondern zeigt dem Schuldner lediglich die Konsequenzen seines vorangegangenen (auch strafbaren) Handelns auf.
Anders liegt der Fall dagegen, wenn der Rechtsanwalt den Bestand der Forderung nicht geprüft und ins Blaue hinein mit einer Strafanzeige droht (oder sogar weiß, dass die angemahnte Forderung nicht besteht). In diesem Fall hat der BGH (Beschluss vom 05.09.2013 –1 StR 162/13) nunmehr eine verwerfliche Gesinnung des Rechtsanwalts bejaht und eine Verurteilung wegen Nötigung nach § 240 StGB für rechtens erklärt.
Gegenstand des Verfahrens waren anwaltliche Mahnschreiben an die Kunden von sog. Gewinnspieleintragungsdiensten. Diesen war über Callcenter angeboten worden, sie gegen einen Teilnehmerbeitrag in Gewinnspiele einzutragen. Die Eintragung erfolgte nicht. Nachdem es bei Einzug der Teilnehmerbeträge mittels Lastschrifteinzug immer häufiger zu Rücklastschriften kam, wurde ein „Inkassoanwalt“ beauftragt, mehrere Entwürfe für Mahnschreiben zu erstellen. Die entsprechend den Entwürfen hergestellten Mahnschreiben erweckten den Anschein, der Anwalt habe die Forderungen aus den Gewinnspieleintragungen geprüft. Dies war jedoch nicht der Fall. Er hatte sie auch nicht versandt. Dass der Angeklagte bei deren Erstellung Kenntnis von der fehlenden Eintragung der Kunden in die Gewinnspiele hatte, konnte nicht festgestellt werden.
Den Hinweis des Anwalts in den entworfenen Schreiben, seine Mandantin behalte sich im Falle der Nichtzahlung die Erstattung einer Strafanzeige vor, sah der BGH als (versuchte) Nötigung im Sinne von § 240 StGB an. Zwar habe der Anwalt nicht konkret gewusst, dass die von ihm eingetriebenen Forderungen zivilrechtlich nicht gerechtfertigt waren. Der BGH hat es als mit den Grundsätzen eines geordneten Zusammenlebens unvereinbar und daher verwerflich angesehen, dass juristische Laien durch Behauptungen und Androhungen, die der Rechtsanwalt mit der Autorität eines Organs der Rechtspflege ausgesprochen habe, zur Erfüllung der behaupteten, nur scheinbar von diesem geprüften rechtlichen Ansprüche veranlasst werden sollten. Die entsprechend den Entwürfen hergestellten Mahnschreiben erweckten den Anschein, der Rechtsanwalt habe die Forderungen aus den Gewinnspieleintragungen geprüft. Tatsächlich seien die Namen der Empfänger vom Verantwortlichen des Gewinnspieleintragungsdienstes selbst eingesetzt worden.
(Quelle: Rechtsanwaltskammer Newsletter 12/2013)