Eigenbedarfskündigungen sind oft streitbefangenen, weil der Mieter den Eigenbedarf nicht anerkennen möchte und für nur vorgeschoben hält. Ein aktuelles Urteil des Amtsgerichts München vom 12.01.2021 (473 C 11647/20) stärkt die Rechtsposition von Vermietern, in dem das Gericht eine Eigenbedarfskündigung, die im Hinblick auf die beabsichtigte Beschäftigung eines Au-Pair ausgesprochen worden war, für rechtens gehalten hat.
Familiärer Bedarf für die Beschäftigung eines Au-Pair
Der Kläger hatte im Jahr 2002 eine Zweizimmerwohnung mit 59 m² in München erworben in der die Beklagte, die zu 60 % schwer behindert ist und Harz-IV-Leistungen bezieht, seit 2002 lebt. Für die Wohnung bezahlte sie monatlich 763 €.
Mit Schreiben vom 13.11.2019 kündigte der Kläger das Mietverhältnis mit Frist zum einen 30.08.2020 wegen Eigenbedarfs. Zur Begründung trug er vor, dass er nur knapp 700 m, also wenige Gehminuten, entfernt, von seiner Wohnung gemeinsam mit seiner Ehefrau und 3 Kindern, von denen 2 die Grundschule besuchen und eines erst ein Jahr alt ist, leben würden. Seine Frau sei von zu Hause aus berufstätig. Zur Entlastung seiner Ehefrau hätten sie sich entschlossen künftig ein Au-Pair zu beschäftigen. Da in ihrer Wohnung, die aus einem Elternschlafzimmer, 3 Kinderzimmern, einem Wohn-Essbereich mit offener Küche sowie Bad und einem Büro besteht, gebe es keine Möglichkeit zur Unterbringung des Au-Pair, weil sämtliche vorhandenen Räume bereits anderweitig genutzt werden. Von daher würde er seine Wohnung benötigen, um dort das Au-Pair unterzubringen.
Die Beklagte sah das nicht ein, weil sie der Meinung war, der Kläger könne das Au-Pair auch in der von ihm bewohnten Wohnung unterbringen und falls nicht, dann müsse der Kläger eben eine Wohnung in vergleichbarer Distanz für das Au-Pair anmieten. Sie jedenfalls habe aufgrund ihrer Schwerbehinderung und ihres Harz-IV-Bezugs, keine Chance am freien Wohnungsmarkt eine vergleichbare Wohnung zu bekommen. Sie habe sich zwar darum bemüht, dies sei aber aussichtslos. Auch würde sie an einem mittelgradigen depressiven Syndrom leiden, das sich zu verschlechtern drohe.
Auch Au-Pair kann Eigenbedarf rechtfertigen
Vor Gericht fand die Mieterin mit ihrer Argumentation kein Gehör, sodass der Räumungsklage des Vermieters stattgegeben wurde.
Zur Begründung hat der Richter ausgeführt, dass in der Rechtsprechung anerkannt sei, dass der Wunsch des Vermieters ein Au-Pair zur Kinderbetreuung in seinen Haushalt aufzunehmen, grundsätzlich vernünftig und nachvollziehbar sei. Von daher sei auch ein anerkennenswerter Kündigungsgrund gegeben, wenn der Vermieter ein Au-Pair in einer anderen, fußläufig erreichbaren Wohnung unterbringen möchte. Zur Überzeugung des Gerichts habe der Kläger dargelegt, dass nur mit Hilfe eines Au-Pair es der Ehefrau des Klägers möglich sei ihren Beruf wieder nachzugehen, weil nur so die Kinderbetreuung sichergestellt werde.
Die Raumaufteilung innerhalb der eigenen Wohnung sei allein Sache des Klägers und seiner Familie und unterliege, so das Gericht, lediglich einer Missbrauchskontrolle dahingehend, ob der verfügbare Wohnraum und die angegebene Nutzung in einem auffälligen Missverhältnis stehen, so dass sich der Verdacht aufdrängen müsste, die volle Ausnutzung des Wohnraumes werde nur vorgespiegelt, um die Kündigung zu ermöglichen. Würde man zudem verlangen, dass ein Au-pair stets im selben Haus oder derselben Wohnung lebt wie die Gastfamilie, würde dies zu einer Schlechterstellung von Familien führen, die kinderreich sind aber über kein Haus verfügen, sondern nur in einer räumlich beengten Wohnung leben.
Da zum einen aufgrund des vorgelegten Attests gerade nicht feststand, dass die Beklagte sich in durchgehend ärztlicher Behandlung befunden hätte und sie zudem nur in besonders beliebten Vierteln in Innenstadtlage nach Ersatzwohnraum gesucht habe, habe sie nicht nachgewiesen, alles Erforderliche und Zumutbare zur Erlangung einer neuen Wohnung unternommen zu haben.
Um zu verhindern, dass die Beklagte aufgrund der zwischenzeitlich abgelaufenen Räumungsfrist zeitnah zwangsgeräumt werden kann, hat das Gericht dann unter Bezugnahme auf die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Erschwernisse die Räumungsfrist bis zum 31.07.2021 verlängert.
Anmerkung:
Wer als Vermieter Eigenbedarf als Kündigungsgrund geltend machen möchte, der muss bereits sorgfältig die Kündigung erklären. Wer hier nachlässig handelt, hat am Ende das Nachsehen. Deshalb sollten Sie dann, wenn Sie Eigenbedarf geltend machen möchten, stets daran denken, dass aus der Kündigung ein Räumungsrechtsstreit werden kann, in dem die Wirksamkeit der von Ihnen ausgesprochenen Kündigung auf dem Prüfstand steht. Von daher ist es sinnvoll, nicht erst, wenn der Mieter nach Erhalt der Kündigung nicht auszieht, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, sondern sich bereits im Vorfeld qualifizierten Rechtsrat einzuholen, damit die Weichen von Anfang an richtig gestellt werden.