Ist eine Wohnung vermietet und möchte, gleich aus welchen Gründen, der Vermieter den Mieter nicht mehr, dann wird oft die Karte der Eigenbedarfskündigung gespielt, weil damit regelmäßig, jedenfalls dann, wenn der Vermieter alles richtig macht, die Vertragsbeziehung zu dem unliebsamen Mieter ein Ende finden wird. Dass es allerdings nicht ganz so einfach ist, wie sich dies mancher Vermieter vorstellt, zeigt ein Urteil des Amtsgerichts München vom 13.04.2018 (433 C 16581/17) in dem die zuständige Richterin die Eigenbedarfskündigung des Vermieters mit der Begründung abgelehnt hat, sie sei nicht vom ernsthaften Überlassungswillen des Vermieters und dem tatsächlichen Nutzungswillen seines Sohnes, zu dessen Gunsten die Eigenbedarfskündigung ausgesprochen worden war, überzeugt.
Vermieter kündigt der Ex
Der klagende Vermieter war zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags mit der Mieterin liiert als er dieser und ihre nunmehr 18-jährigen Tochter in München eine Dreizimmerwohnung vermietet hatte. Neben der streitgegenständlichen Wohnung hat er noch 2 weitere Wohnungen Seite 2010 und 2016, die ebenfalls vermietet sind.
Am 26.02.2017 kündigte der Kläger zum 31.08.2017. Zur Begründung führte er aus, dass der Eigenbedarf für seinen 22-jährigen Sohn geltend macht. Dieser würde seinen einem Mietshaus befindliche Wohnung, das zum Abriss ansteht, verlieren. Ihm sei auch bereits gekündigt. Der Sohn werde dann entweder mit seinem Bruder oder aber mit einem Freund in die Wohnung einziehen.
Mieterin widerspricht der Kündigung
Das kam der Mieterin spanisch vor, sodass sie Widerspruch gegen die Kündigung erhob. Zur Begründung führte sie aus, dass die Kündigung schon mangels konkreter Darlegung des Kündigungsgrundes unwirksam sei. Sie würde aber auch so kurzfristig keinen bezahlbaren Ersatzwohnraum in vergleichbarer Größe finden. Ihre zwischenzeitlich volljährige Tochter sei darauf angewiesen bis zum Abschluss ihrer Ausbildung bei ihr zu wohnen und zu leben.
Räumungsklage bleibt ohne Erfolg
Der Vermieter zog daraufhin vor das Amtsgericht München und unterlag. Dies nicht zuletzt deshalb, weil der Sohn des Klägers in seiner Vernehmung als Zeuge ausgesagt hatte, dass ihm zwar von seinem Vermieter mündlich mitgeteilt worden sei, dass er langsam aus seiner 2 1/2 Zimmerwohnung ausziehen müsse, weil das Haus abgerissen werden soll. Eine schriftliche Kündigung habe er allerdings noch nicht erhalten. Er habe mit seinem Vater im Mai oder Juni 2017 ein Gespräch über die Lösung seines Wohnungsproblems geführt. Nach seinem Einzug in die Wohnung solle er seinem Vater Miete bezahlen. Über die konkrete Höhe sei aber noch nicht gesprochen worden. Bislang komme sein Vater vollständig für seinen Unterhalt auf und er verdiene lediglich aus einem Nebenjob 450 € im Monat. Auch nach Abschluss seines Studiums wolle er in München bleiben.
Die Richterin war zwar der Auffassung, dass die Kündigung formal wirksam ist, weil die für eine Eigenbedarfskündigung erforderlichen „ Kerntatsachen“ hinreichend bezeichnet worden sind. Sie sei aber weder davon überzeugt, dass ein ernsthafter Überlassungswille bestanden hätte noch dass der als Zeuge vernommene Sohn überhaupt einen tatsächlichen Nutzungswillen habe.
Das Gericht hat dann klargestellt, dass der Überlassungswille bereits zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung bestehen müsse. Aus der Aussage des Sohnes Folge aber, dass der klagende Vermieter die Kündigung bereits zu einem Zeitpunkt ausgesprochen habe, indem er mit seinem Filius noch gar nicht über die Nutzung der Wohnung gesprochen habe. Ein Vermieter, der eine Eigenbedarfskündigung zugunsten eines Familienangehörigen ausspricht müsse nämlich zwingend vor Ausspruch der Kündigung klären, ob der Angehörige überhaupt Umzugs bereit ist. Versäumt er dies, dann sei die Kündigung bereits aus diesem Grund unwirksam.
Weiter hat das Gericht Zweifel, ob der Sohn die Wohnung auch tatsächlich nutzen wollte, denn dieser hatte weder konkrete Vorstellungen davon in welcher Höhe für die streitgegenständliche Wohnung Miete an den Kläger zahlen sollte, obwohl für ihn die Zahlung per se selbstverständlich war, noch hatte er sich Gedanken über die konkrete Nutzung – wie beispielsweise eine Verteilung der Zimmer bei der von ihm erwähnten WG gemacht, noch hatte er sich Gedanken zur Einrichtung der Wohnung gemacht, wobei letzteres auch im Hinblick auf das Alter des Zeugen für das Gericht in gewisser Weise noch nachvollziehbar ist.
Die fehlenden Vorstellungen zur konkreten Ausgestaltung sowohl des Mietverhältnisses als auch der Nutzung der Wohnung selbst ließen dann das Gericht an dem tatsächlichen Nutzungsinteresse des Zeugen zweifeln.
Fazit
Wer eine Eigenbedarfskündigung ausspricht, der sollte sich bereits vor Ausspruch der Kündigung zum Überlassungswillen aber auch dem Nutzungsinteresse Gedanken machen. Ansonsten kann, so wie hier, die Kündigung schnell ihre Wirkung verfehlen. Wer übrigens eine Eigenbedarfskündigung ausspricht, ohne dass überhaupt Eigenbedarf vorliegt, der macht sich nicht nur gegenüber dem Mieter schadenersatzpflichtig, sondern auch strafbar. Dieser Umstand ist zwar meist den Mietern, aber offensichtlich vielen Vermietern nicht hinreichend bekannt. Es kann deshalb nur davon abgeraten werden Eigenbedarf vorzutäuschen, weil sonst das dicke Ende oft nachkommt.