Die Ahndung von Parkverstößen ist ein lukratives Geschäft. Deswegen werden „Tickets“ oder „Knöllchen“ in vielen Kommunen nicht nur von Polizeibeamten ausgestellt, sondern auch von der sog. kommunalen Verkehrsüberwachung, also städtischen Bediensteten, die befugt sind Verkehrsverstöße im ruhenden Verkehr zu ahnden. Setzt eine Kommune dabei allerdings keine eigenen Bediensteten ein, sondern Leiharbeiter eines privaten Dienstleisters, dann ist dies nach einer Entscheidung des OLG Frankfurt vom 03.01.2020 (2 Ss-Owi 963/18) rechtswidrig, so dass entsprechende Verwarnungen oder Bußgeldbescheide unwirksam sind.
Streit um Verwarnung wegen Falschparkens über 15 €
Ausgangspunkt des Rechtsstreits war in Frankfurt am Main eine Verwarnung des Betroffenen über 15 €. Dieses war vom Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt am Main als Ortspolizeibehörde wegen Parkens im eingeschränkten Halteverbot verhängt worden.
Da der betroffene Autofahrer die Verwarnung nicht annahm, also die 15 € nicht bezahlt hat, wurde ein entsprechender Bußgeldbescheid erlassen gegen den er, zunächst erfolglos, Einspruch eingelegt hatte, denn das Amtsgericht Frankfurt hatte mit Urteil vom 19.07.2018 (979 Owi 858 JS 47749/17) zunächst die behördliche Entscheidung bestätigt.
Verkehrsüberwachung in Frankfurt erfolgte durch Leiharbeitnehmer eines privaten Dienstleisters
Der betroffene Autofahrer wollte sich damit aber nicht zufriedengeben, denn er hatte in Erfahrung gebracht, dass die Verwarnung nicht von einem städtischen Bediensteten stammte, sondern stattdessen von einem Leiharbeitnehmer eines privaten Dienstleisters. Dieser hatte den „Parküberwacher“ im Rahmen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes der Gemeindeverwaltung überlassen. Diese hatte dann diesen und andere Leiharbeitnehmer im Rahmen einer physisch-räumlichen und organisatorischen Integration in die Gemeindeverwaltung zu Hilfs Polizeibeamtinnen und Hilfspolizeibeamten bestellt. Nach § 99 Abs. 2 S.1 HSOG hätten Hilfspolizeibeamte im Rahmen ihrer Aufgaben die Befugnisse von Polizeivollzugsbeamten. Diese umfassenden Rechte seien dann nach einer Auskunft des Innenministeriums einzelvertraglich wieder beschränkt worden. Das vom Gericht zur Auskunft aufgeforderte Innenministerium hatte dann noch weiter mitgeteilt, dass neben der Stadt Frankfurt auch weitere Kommunen in Hessen Aufgaben bei Überwachung des ruhenden Verkehrs an Leiharbeitskräfte übertragen hätten und diese jeweils zu Hilfspolizeibeamten bestellt worden sein. In einigen Kommunen würden die Leiharbeitskräfte Uniformen tragen; in anderen nicht.
Absolutes Beweisverwertungsverbot führt zur Einstellung des Verfahrens
Der lange Atem des betroffenen Autofahrers hat sich ausgezahlt, denn das Verfahren wurde vom OLG Frankfurt eingestellt. Nach Auffassung der Richter musste das Verfahren eingestellt werden, weil die den Bußgeldbescheid zugrundeliegenden Beweise einem absoluten Beweiswertungsverbot unterliegen. Das Recht Ordnungswidrigkeiten zu ahnden, so die Richter, sei eine öffentliche Aufgabe, die ausschließlich dem Staat und dort konkret der Polizei zugewiesen ist. Dieses im Rechtsstaatsprinzip verwurzelte staatliche Gewaltmonopol beziehe sich auf die gesamte Verkehrsüberwachung, d.h. sowohl den fließenden als auch den ruhenden Verkehr. Eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage diese Aufgaben auf private Dienstleister zu übertragen besteht nicht. Deshalb ist die Überlassung privater Mitarbeiter nach dem AÜG zur Durchführung hoheitlicher Aufgaben unzulässig und die Bestellung dieser Personen zu Hilfsbeamten der Ortspolizeibehörden gesetzeswidrig. Ein im Wege der Arbeitnehmerüberlassung überlassene Mitarbeiter wird nämlich nicht Arbeitnehmer des Entleihers. Da also die überlassenen Mitarbeiter nicht Bedienstete der Stadt Frankfurt geworden sind, konnten diese auch nicht wirksam durch einen hoheitlichen Bestellungsakt zu „Stadtpolizisten“ werden.
Anmerkung:
Die Richter fanden dann auch noch harte Worte für das Vorgehen der Stadt in dem sie ausgeführt haben, dass nach außen der täuschende Schein der Rechtsstaatlichkeit aufgebaut worden sei, um gegenüber Bürgern aber auch Gerichten den Eindruck polizeilicher Handlungen zu vermitteln. Tatsächlich seien diese aber durch einen privaten Dienstleister durchgeführt worden, der im Ergebnis durch die ausgesprochenen Verwarnungen finanziert wird und der die den Verwarnungen zugrunde liegenden Verstöße selbst erhebe.
Das hier zu Tage getretene Problem taucht nicht nur in Hessen, sondern auch in anderen Gemeinden und Kommunen außerhalb Hessens auf. Wenn Sie also auch erst kürzlich eine Verwarnung erhalten haben, dann wäre es durchaus denkbar, dass auch diese nach den vorgenannten Grundsätzen unbequem ist. In der Praxis dürfte es aber schwierig sein im Einzelfall mit vertretbarem Aufwand herausfinden zu können, ob derjenige, der das Ticket ausgestellt hat, nun tatsächlich bei der Stadt beschäftigt war oder aber es sich ebenfalls um einen Leiharbeitnehmer handelt. Wenn Sie Spaß daran haben und es Ihnen nicht um die Verwarnung oder das Bußgeld geht, sondern ums Prinzip, dann fassen sie bei der Kommune nach und lassen sich darüber aufklären, welchen Status der Parküberwacher, der sie aufgeschrieben hat, hatte. War es kein städtischer Bediensteter, dann ist die Verwarnung hinfällig.