Werden die Inhaber eines Internetanschlusses wegen Urheberrechtsverletzung beim sog. Filesharing in Anspruch genommen, dann setzt eine erfolgreiche Rechtsverteidigung, wenn sie den Rechtsverstoß nicht selbst begangen haben, stets voraus, dass sie ausreichend ihrer sekundären Darlegungs- und Beweislast entsprochen haben. Hat ein volljähriges Kind, das im Haushalt der Eltern lebt, die Urheberrechtsverletzung gegenüber den Eltern eingeräumt, dann genügen diese ihrer sekundären Darlegungslast nur dann, wenn sie den Namen des Kindes preisgeben (BGH, Urteil vom 30.03.2017 – I ZR 19/16).
Eltern, die als Anschlussinhaber wegen einer Urheberrechtsverletzung durch Filesharing in Anspruch genommen werden, wollen den Namen ihres Kindes nicht bekannt geben
Die Beklagten wurden als Inhaber eines Internetanschlusses von der Klägerin, der die ausschließlichen Bewertungsrechte an den auf dem Musikalbum „Loud“ enthaltenen 11 Musiktiteln der Sängerin Rihanna zustehen auf Zahlung von angemessenem Schadenersatz in Höhe von mindestens 2500 € sowie die Erstattung von Abmahnkosten aus einem Streitwert von 50.000 €, das sind 1.379,80 €, in Anspruch genommen.
Die Beklagten haben die geforderte Unterlassungserklärung nicht abgegeben, sondern stattdessen bestritten die behauptete Rechtsverletzung selbst begangen zu haben. Sie haben dazu vorgetragen, dass in ihrem Haushalt neben ihnen auch ihre 3 erwachsenen Kinder, die jeweils mittels eigenem PC Zugang zum WLAN haben leben würden. Eines der Kinder habe die Rechtsverletzung auch eingeräumt, sie wollten aber nicht dessen Namen mitteilen.
Landgericht und Oberlandesgericht verurteilen die Eltern als Anschlussinhaber
Das Landgericht München I hat die Eltern als Anschlussinhaber darauf hin zur Zahlung von 2500 € Schadenersatz sowie Erstattung der Abmahnkosten in Höhe von 1.044,40 € verurteilt. Die Berufung zum OLG München blieb erfolglos. Da dieses die Revision zugelassen hat landete der Rechtsstreit schließlich beim BGH.
Haftung der Eltern entfällt nur dann, wenn diese den Namen des volljährigen Kindes preisgeben
Die Richter haben ihre Entscheidung damit begründet, dass aufgrund des fehlenden Vortrags auf Beklagtenseite die bestehende tatsächliche Vermutung der Täterschaft der Eltern als Anschlussinhaber nicht widerlegt worden war. Dies deshalb, weil die Eltern der ihnen obliegenden sekundären Darlegungslast nicht genügt haben. Dies deshalb, weil sie nicht ihr Wissen darüber, welches ihre Kinder die Urheberrechtsverletzung begangen hat, mitgeteilt haben. So die Eltern dabei sich auf Art. 6 GG berufen haben, verfing dieses Argument bei den Richtern nicht, weil zugunsten des Rechteinhabers, dem ansonsten eine Rechtsverfolgung unmöglich gemacht werden würde, dessen Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG, bei einer vorzunehmenden Güterabwägung überwiegt.
Die Richter führen weiter aus, dass die Eltern als Partei des Verfahrens der prozessualen Wahrheitspflicht nach § 138 Abs. 1 ZPO unterliegen und Ihnen daher das Zeug zustehende Recht wegen der familiären Beziehung zu einer Partei Angaben zu verweigern, nicht zustünde. Die Richter sehen dann zwar, dass dann, wenn die Eltern den Namen des Kindes preisgeben, der Familienfrieden nachhaltig gestört werden könne, weil dieses Kind dann einer zivilrechtlichen und vielleicht sogar der strafrechtlichen Verfolgung ausgesetzt wird. Dies wird aber im Interesse des Rechteinhabers, dem sonst eine Rechtsverfolgung erheblich erschwert oder gar unmöglich gemacht wird, in Kauf genommen.
Gesetzgeber ist gefordert klare Regelungen zu schaffen
Auf den Punkt gebracht bedeutet dies, dass dann, wenn die Eltern ihr Kind nicht ans Messer liefern wollen, sie eben dafür auch die Konsequenzen tragen müssen. Auch, wenn das gefundene Ergebnis bei konkreter Rechtsanwendung (nicht zwingend, aber zumindest) rechtlich vertretbar ist, kann man geteilter Meinung darüber sein, ob ein solches Ergebnis, bei dem Eltern aus Gründen des Kommerzes ihre Kinder ans Messer die Musikindustrie ausliefern müssen, durchaus geteilter Meinung sein. Dies erst recht, weil nämlich in derartigen Fällen überhaupt nicht erwiesen ist, ob überhaupt ein Schaden entstanden ist, weil oftmals, wäre die Urheberrechtsverletzung nicht begangen wurden, fraglich ist, ob das geschützte Werk dann tatsächlich öfters verkauft worden wäre, weil äußerst zweifelhaft ist, dass die Klientel, die sich auf derartigen Tauschbörsen eindeckt, dann tatsächlich kaufen würde. Völlig unberücksichtigt bleibt auch, dass gerade die Verteilung den Bekanntheitsgrad und damit letztlich wiederum die erzielten Erlöse erhöht, sodass auch hier durch eine Kompensation, vielleicht sogar auch eine Überkompensation nicht ausgeschlossen werden kann. All dies kann aber nur befriedigend geregelt werden, wenn der Gesetzgeber die Entscheidung nicht Gerichten überlässt, sondern verbindliche Regelungen dafür trifft, ob aus seiner Sicht das Recht auf Schutz der Familie, dass im Wertesystem der Grundrechte sehr hoch angesiedelt ist, tatsächlich in derartigen Fällen durch das Eigentumsrecht des Rechteinhabers ausgehebelt werden kann. Bis dahin sind Kinder und auch Eltern gut beraten, wenn das Kind gegenüber den Eltern nicht geständig ist und leugnet. Stünde nämlich nur Fest, dass es eines der drei Kinder gewesen sein muss, aber nicht welches, dann würd der den Eltern gemacht Vorwurf in sich zusammenbrechen, wenn sie namentlich alle drei Kinder als mögliche Täter benennen. Es erscheint nämlich ausgesprochen unwahrscheinlich, dass die Klagepartei, wenn Sie gegen die Eltern unterlegen ist, dann das Risiko eingeht, als nächstes das falsche Kind zu verklagen.