Wenn es um die Erziehung der Kinder geht, dann sind Eltern manchmal nicht der gleichen Meinung. Die Differenzen verstärken sich meist noch dann, wenn die Ehe scheitert. Gleichwohl verlangt der Gesetzgeber, dass bei gemeinsamer elterlicher Sorge grundlegende Entscheidungen von beiden Elternteilen getragen werden. Wird also mit dem Kind eine Urlaubsreise in eine bedenklich eingestufte Region geplant, dann obliegt dies nicht der allein Entscheidungsbefugnis eines Elternteils, sondern es ist die Zustimmung des Ex-Partners erforderlich.
Vater verweigert Zustimmung zu einer Türkeireise der Mutter mit 8-jähriger Tochter
Die Eltern sind geschieden. Die Mutter hat bereits im Januar 2016 für den Sommer eine Pauschalreise in die Türkei mit ihrer 8-jährigen Tochter gebucht. Im Preis enthalten war ein Flug nach Antalya sowie der Transfer zum Hotel enthalten. Da die Eltern das gemeinsame Sorgerecht hatten, verweigerte der Vater die im Mai 2016 erbetene Zustimmung zu der beabsichtigten Reise. Er begründete dies mit der unsicheren politischen Lage und einer latent bestehenden Terrorgefahr.
Amtsgericht überträgt der Mutter die Alleinentscheidungsbefugnis
Da die Mutter nicht auf die Reise in die Türkei mit ihrer Tochter verzichten wollte, sondern die geäußerten Bedenken als schikanöse Intervention des Ex verstanden hat, beantragte sie beim Amtsgericht die Zustimmung des Vaters zur Reise im Wege der einstweiligen Anordnung zu ersetzen. Das Gericht gab dem Antrag der Mutter statt und begründete dies damit, dass nur eine entfernte Gefahr bestehen würde, so dass die Nachteile einer nicht durchgeführten Urlaubsreise überwiegen würden.
OLG Frankfurt verlangt für Türkeireise auch Zustimmung des Vaters
Dem Vater war es aber durchaus ernst, so dass er sich mit der Entscheidung des Amtsgerichts nicht zufrieden gab und dagegen Beschwerde einlegte. Darin machte er geltend, dass durch die aktuellen Ereignisse in der Türkei die Gefährdung für das Kind noch konkreter geworden sei. Aufgrund der Gefahr für dessen Leib und Leben sei es geboten, die Reise zu verwehren.
Das OLG Frankfurt am Main sah dies ähnlich und setzte mit Urteil vom 21.07.2016 (5 UF 206/16) die Entscheidung des Amtsgerichts einstweilen aus, weil die Richter die vom Vater geäußerten Bedenken teilten. Die Richter haben dabei klargestellt, dass dann, wenn Umstände vorliegen, unter denen eine Reise besondere Gefahren mit sich bringt, die mit dem Reiseziel zusammenhängen und über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehen dies nicht mehr von der Alleinentscheidungsbefugnis aus § 1687 Abs. 1 S. 2 BGB gedeckt sei. Die Richter stellten dabei klar, dass nicht nur die Region von Antalya bereits 2015 von Anschlägen betroffen war, sondern auch schon vor Monaten in den Medien über Drohungen extremistischer Gruppen mit Anschlägen in der Touristenregion berichtet wurde. Zwar würden diese Gefahren nicht Urlaubsreisen in diese Region ausschließen. Bei gemeinsamem Sorgerecht müssen aber beide Elternteile zustimmen.
Eine Entscheidung über eine Übertragung des Sorgerechts nach § 1628 BGB könne zwar auch im Wege der einstweiligen Anordnung ergehen. Dies würde aber voraussetzen, dass der geltend gemachte Anspruch materiell-rechtlich besteht, also auch in einem Hauptsacheverfahren mit hoher Wahrscheinlichkeit zugunsten der antragstellenden Partei entschieden werden würde. Nach Ansicht der Richter kann die Handlung des Vaters auch nicht als schikanöse Intervention abgetan werden, denn auch, wenn die Mutter davon ausgeht, dass die Reise gefahrlos durchgeführt werden kann, bedeutet dies nicht, dass die Befürchtung des Vaters von vornherein unbegründet sind. Weder der Wille des Kindes und dessen Freude auf den Urlaub noch die eventuellen finanziellen Folgen eines Rücktritts von der Reise können den Ausschlag geben. Maßgeblich ist zunächst, ob sich die Haltung der Eltern als Ausübung der Elternverantwortung darstellt. Dass es der Elternverantwortung entsprechen kann, von der Reise abzusehen, ist unabhängig von einer etwaigen Reisewarnung des Auswärtigen Amts zu beurteilen. Die Regierung der Türkei hat inzwischen den Ausnahmezustand ausgerufen. Bei dieser Sachlage (Massenverhaftungen und Regierungsentscheidungen von existenzieller Bedeutung) besteht eine konkrete Gefahr, dass eventuelle Unruhen auch Auswirkungen auf die Urlaubsregionen haben können. Das OLG hält die nachteiligen Folgen für das Kindeswohl, die ein Nichtantritt des Urlaubs mit sich bringt, für weniger gravierend als die möglichen Folgen einer Durchführung der Urlaubsreise.
Fazit:
Wer hier unschöne Auseinandersetzungen mit dem Ex vermeiden möchte, der sollte bereits, bevor die Reise gebucht wird, wenn diese in eine als bedenklich eingestuft Urlaubsregionen führt, abklären, ob dieser hierzu sein Einverständnis erteilt. Dies erspart nicht nur Ärger, sondern auch Stornokosten, die die Urlaubskasse unnötig schmälern. Dem Kindeswohl ist ein solcher unnötiger Streit zwischen den geschiedenen Eltern ohnehin nicht zuträglich.