Wer sich als Erblasser unklar oder zweideutig ausdrückt, der provoziert Streit innerhalb der Familie. Dies kostet nicht nur Geld, sondern zerstört meist auch irreparabel die Familienbande, sodass testamentarische Formulierungen gut durchdacht sein sollten, wie der nachfolgend vom OLG Bamberg mit Beschluss vom 06.05.2019 (3 B 16/19) entschiedene Fall verdeutlicht.
Großmutter streitet mit Enkeltöchtern um Erbeinsetzung
Der Erblasser hatte in einem Testament seine 3 Enkeltöchter als Miterbin zu gleichen Teilen eingesetzt. Mit handschriftlich Erklärung hat der Erblasser dann folgende weitere Verfügung getroffen:
„… dass nach meinem Tode meine Ehefrau aus meinem Besitz nehmen oder behalten kann, was immer sie auch will.“
Die Enkeltöchter haben nach Eintritt des Erbfalls einen gemeinschaftlichen Erbschein, der sie zu je ein Drittel als Miterbin ausweist, beantragt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Ehefrau, die meint, sie sei aufgrund der handschriftlichen weiteren Regelung Alleinerbin geworden.
Keine Erbeinsetzung der Ehefrau – Benennung entspricht bloßem Hausratsvermächtnis
Die Beschwerde der Ehefrau und Großmutter blieb ohne Erfolg, denn nach Auffassung des Gerichts hat der Erblasser keine Erbeinsetzung der Ehefrau gewollt.
Dies, so die Richter, ergäbe sich bereits aus dem Wortlaut. Selbst, wenn man, wie dies die Beschwerdeführerin vorgetragen hatte, aus Laiensphäre die Worte „Besitz“ mit „Eigentum“ gleichsetzen würde, erschließt sich daraus kein fassbare Anhaltspunkt dafür, dass damit die Übertragung des gesamten Vermögens oder wenigstens eines substantiellen Teil des Vermögens durch den Erblasser gewollt sein könnte. Der Ehefrau sollte offenkundig vielmehr nur die Berechtigung eingeräumt werden einzelne Gegenstände oder auch eine funktionale Sachge-samtheit von Gegenständen ihrer (freien) Wahl aus einer bestimmten bzw. im Wege der weiten Auslegung noch näher zu konkretisierenden Besitz- bzw. Nutzungssphäre zu „(ent)nehmen oder (zu)behalten“, sprich für sich auszusondern. Auch der sonstige Inhalt der Verfügung gibt nichts für eine Erbeinsetzung her. Eine solche ist dadurch gekennzeichnet, dass der Erbe in die Stellung des Erblassers in jeder Hinsicht einrücken soll. Wichtiges Indiz hierfür ist, wer nach dem Erblasserwillen den Nachlass zu regeln und hierüber zu verfügen sowie die Nachlassschulden – insbesondere auch die Beerdigungskosten – zu tilgen hat. Nach der Lebenserfahrung will der Erblasser nämlich regelmäßig, dass auch die Erfüllung von Nachlassverbindlichkeiten vom Erben übernommen wird (vgl. OLG Schleswig, FamRZ 2016, 406).
Ergänzend hat das Gericht damit argumentiert, dass in der nachfolgenden handschriftlichen Verfügung das notarielle Testament nicht ausdrücklich widerrufen worden war. Die Richter hatten dabei darauf abgestellt, dass der Erblasser bereits zuvor zweimal notarielle Testamente errichtet hatte, wobei er wiederum in jedem Testament den Widerruf des zuvor errichteten Testaments erklärt hatte. Die Richter haben dabei, auch wenn es sich diesmal um kein notarielles, sondern um ein privatschriftliches Testament gehandelt hat, rückgeschlossen, dass dem Erblasser die Möglichkeit einen Widerruf klarstellend in sein Testament aufzunehmen, hinreichend bekannt war, er jedoch davon keinen Gebrauch gemacht hat.
Nach dem Wortlaut und seiner Regelung Intention haben die Richter dann die Regelungen zugunsten der Ehefrau als Hausrats Vermächtnis, in Anlehnung an das Institut des sogenannten Voraus des Ehegatten nach § 1932 BGB ausgelegt mit der Folge, dass sich das Vermächtnis vorrangig bzw. ausschließlich auf diejenigen Gegenstände erstreckt, die zu Lebzeiten des Erblassers entweder der gemeinsamen Haushaltsführung gedient hatten oder aber im Wesentlichen der alleinigen persönlichen Besitz- bzw. Nutzungssphäre der Ehefrau zugeordnet gewesen waren.
Ansprechpartner zum Erbrecht:
Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.