Wer in Wettbewerbssachen eine Abmahnung erhält, wird regelmäßig, um klären zu lassen, ob die Abmahnung zu recht erfolgt ist, einen Rechtsanwalt aufsuchen. Hierdurch entstehen Kosten. Bestehen (rechtliche) Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abmahnung empfiehlt es sich meist auf eine außergerichtliche Korrespondenz zu verzichten und stattdessen eine negative Feststellungsklage zu erheben. Dies deshalb, weil nur dann im Erfolgsfall auch die Kosten für die Rechtsverteidigung erstattungsfähig sind. Bei einer außergerichtlichen „Abwehr“ bleibt der zu Unrecht Abgemahnte regelmäßig auf den Kosten der Rechtsverteidigung sitzen, weil es nach Auffassung der Rechtsprechung zum allgemeinen Lebensrisiko zählt, ungerechtfertigt in Anspruch genommen zu werden.
Etwas anderes gilt dann, wenn die Abmahnung nicht aus rechtlichen Gründen zweifelhaft ist, sondern sich bereits aus tatsächlichen Gründen ergibt, dass der vermeintlich Verletzte von falschen Voraussetzungen ausgegangen ist. In derartigen Fällen billigt die Rechtsprechung regelmäßig dem zu Unrecht Abgemahnten auch einen Kostenerstattungsanspruch für eine außergerichtliche Abwehr zu. Dies jedenfalls dann, wenn der zu Unrecht Angegriffene damit rechnen konnte, dass der vermeintlich Verletzte, wenn er auf seinen Fehler hingewiesen wird, von der Abmahnung Abstand nehmen wird. Weigert sich dieser die Kosten freiwillig zu bezahlen, können diese erfolgreich gerichtlich, gestützt auf § 678 BGB, durchgesetzt werden. Dies hat nunmehr erneut das Amtsgericht München in seinem Urteil vom 19.11.2012 (251 C 207/12) bestätigt und seine Entscheidung folgendermaßen begründet:
„1.) Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch gemäß § 678 BGB zu, da sie zu unrecht abgemahnt wurde.
a) Im Falle einer zu unrecht erfolgten Abmahnung ist die Anwendbarkeit des § 678 BGB grundsätzlich gegeben (OLG Hamburg NJW-RR 2003, 857; Palandt, BGB, § 678/ Rn. 4; Staudinger, BGB, § 677, Vorbem. Rn. 295).
b) Die Abmahnung erfolgte zu unrecht, da ein relevanter Verstoß durch die Klägerin nicht vorliegt Die Klägerin hat zu den tatsächlichen Gegebenheiten in ihren Geschäftsräumen vorgetragen und hierfür hinreichend Beweis (Augenschein) angeboten. Dagegen fehlt es an einem entsprechenden Beweisangebot der Beklagten, insbesondere wurde kein Überprüfungsprotokoll vorgelegt oder der verantwortliche Kontrolleur als Zeuge angeboten. Entsprechendes gilt bzgl. etwaiger tatsächlicher Anknüpfungspunkte hinsichtlich einer Verschuldensexkulpation.
c) Zwar mag es zum allgemeinen Lebensrisiko gehören, mit unberechtigten Forderungen konfrontiert zu werden, so dass eine Erstattungsfähigkeit von entsprechenden Rechtsverteidigungskosten nicht ohne weiteres gegeben ist. Etwas anderes gilt jedoch insbesondere dann, wenn die Abmahnung aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten auf offensichtlich unzutreffenden Annahmen beruht, bei deren Richtigstellung mit der Änderung der Auffassung des vermeintlich Verletzten gerechnet werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 29.4.2004 – I ZR 233/01 (OLG Hamm), GRUR 2004, 790). So verhält es sich im vorliegenden Fall aufgrund des insoweit nicht substantiiert widersprochenen Vortrags zu den tatsächlichen Gegebenheiten im Geschäftslokal der Klägerin und der Tatsache, dass die ursprünglich erhobene Forderung letztlich seitens der Beklagten nicht mehr aufrecht erhalten wurde (sh. Schreiben vom 23.09.2011).
2.) Die Schadensersatzpflicht erfasst vorliegend die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten, da die Einschaltung eines Rechtsanwalts vorliegend nach den Umständen erforderlich und zweckmäßig (vgl. Palandt, BGB,§ 249/Rn. 57) war. Aus Gründen der Waffengleichheit durfte der Kläger in Reaktion auf die anwaltliche Abmahnung sich ebenfalls anwaltlicher Hilfe bedienen. Dabei sind die geltend gemachten Kosten der Höhe nach nicht zu beanstanden.
3.) Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderung gründet sich auf §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB. Die Beklagte befand sich aufgrund des Schreibens vom 26.09.2011 ab 05.11.2011 in Verzug.“
Lesen Sie zum Thema auch unseren Artikel vom 28.08.2012.