Wäre es nicht himmlisch. Ein Kfz leasen, dieses mehrere Monate, vielleicht Jahre zu fahren, und am Ende alle bezahlten Leasingraten zurückzubekommen, ohne für die Nutzung des Kfz eine Nutzungsentschädigung bezahlen zu müssen und dies nur, weil die Leasinggeber nicht oder nicht richtig über das gesetzliche Widerrufsrecht belehrt hat? Diese Tür, die das OLG München mit seinem Urteil vom 18.06.2020 (32 U 7119/19) für eine Vielzahl von Leasingnehmern aufgestoßen hat, und dass die gesamte Branche in Panik versetzt hat, hat nun der EuGH in einem kürzlich ergangenen Urteil vom 21. Dezember 2023 (C-38/21, C-47/21, C-232/21) geschlossen und damit eine wesentliche Klärung zum Widerrufsrecht von Verbrauchern bei Kfz-Leasingverträgen vorgenommen.
Kernaspekte des Urteils
Die obersten europäischen Richter haben klargestellt, dass es maßgeblich darauf ankommt, ob der Verbraucher bei Vertragsschluss eine Kaufverpflichtung eingeht.
Kein Widerrufsrecht bei Kfz-Leasingverträgen ohne Kaufverpflichtung
Das Urteil des EuGH stellt klar, dass Verbraucher, die einen Kfz-Leasingvertrag ohne Kaufverpflichtung abschließen, kein Widerrufsrecht haben. Dies gilt auch, wenn der Vertrag im Fernabsatz oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurde. Ein solcher Leasingvertrag wird eher einem Mietvertrag gleichgestellt und fällt somit nicht unter die Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher (Richtlinie 2002/65/EG) oder die Richtlinie über Verbraucherkreditverträge (Richtlinie 2008/48/EG).
Widerrufsrecht bei Kfz-Kreditverträgen
Anders verhält es sich bei Kfz-Kreditverträgen. Hier kann der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machen, solange er nicht vollständig und zutreffend über seine Rechte und Pflichten informiert wurde. Die 14-tägige Widerrufsfrist beginnt in einem solchen Fall nicht zu laufen. Dieses Widerrufsrecht besteht bis zur vollständigen Erfüllung des Vertrags, d.h. bis zur Fälligkeit der letzten Rückzahlungsrate. Nach vollständiger Erfüllung des Kreditvertrags ist ein Widerruf allerdings nicht mehr möglich.
Relevanz und Implikationen
Dieses Urteil hat weitreichende Folgen sowohl für Verbraucher als auch für Finanzinstitute. Für Verbraucher bedeutet es, dass sie bei mangelhafter Belehrung über ihre Rechte und Pflichten bei Kfz-Kreditverträgen ein erweitertes Widerrufsrecht haben. Für die Finanzinstitute erhöht sich das Risiko, dass Verträge auch lange nach Abschluss noch widerrufen werden können, sofern die Informationspflichten nicht ordnungsgemäß erfüllt wurden.
Fazit
Das Urteil des EuGH bringt Klarheit in die Rechtslage bezüglich des Widerrufsrechts bei Kfz-Leasing- und Kreditverträgen. Es betont die Wichtigkeit einer ordnungsgemäßen Belehrung der Verbraucher über ihre Rechte und Pflichten, insbesondere bei Kreditverträgen zur Kfz-Finanzierung. Dies unterstreicht die Notwendigkeit für Finanzinstitute, ihre Informations- und Belehrungsprozesse zu überprüfen und sicherzustellen, dass diese den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.
Anmerkung:
Die Richter am OLG München hatten ihre Entscheidung pro Leasingnehmer noch auf die Regelungen der §§ 312 c, 312 g Abs. 1, 355 BGB gestützt und dabei die Auffassung vertreten, dass Verbraucher, beim Kilometerleasing, wenn der Vertrag im Wege des Fernabsatzes oder als Haustürgeschäft abgeschlossen worden ist, ein zeitlich unbeschränktes Widerrufsrecht zusteht, wenn sie bei Vertragsschluss nicht oder nicht korrekt über ihr gesetzliches Widerrufsrecht belehrt worden sind. Folge war, dass sich Leasingnehmer, die Leasingraten zurückholen konnten, und so der Wertverlust, den das Fahrzeug durch den zu erlitten hat, zulasten der Leasinggeber gegangen ist. Letztlich ein Ergebnis, das dem gesunden Rechtsempfinden widerspricht, aber gleichwohl viele Leasinggeber, die gerichtlich in Anspruch nehmen worden sind, überaus vergleichsbereit gemacht hat.
Der Fall macht aber auch erschreckend deutlich, wie willkürlich recht zu haben und Recht zu bekommen in Deutschland zwischenzeitlich geworden ist. Während das Landgericht Ravensburg sein Verfahren ausgesetzt und die Entscheidung des EuGH eingeholt hat, haben andere Gerichte landauf und landab nach eigenem Gutdünken mal zugunsten des Leasingkunden dann wieder zugunsten des Leasinggeber entschieden, ohne den EuGH in dieser doch sehr grundlegenden Frage zu bemühen. Seriöse Rechtsberatung ist so kaum möglich, weil der Ausgang eines Verfahrens immer mehr davon abhängt, auf wessen Schreibtisch der Fall am Ende landet. Recht verkommt so zum Lotteriespiel. All diejenigen, die einen Rechtsstreit rechtskräftig verloren haben oder vor dem Hintergrund der Entscheidung des Münchner OLG sich als Leasinggeber schweren Herzens zu einem Vergleich durchgerungen haben, haben das Nachsehen, weil gezahlte Beträge nicht zurückgefordert werden können und diejenigen Richter, die verurteilt haben, ohnehin für ihr Urteil nicht haftbar sind.