Mit Beschluss vom 05. 06. 2014 hat der XI. Senat des BFH dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mehrere Fragen zur Vorsteueraufteilung bei Eingangsleistungen für ein gemischt genutztes Gebäude sowie zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs vorgelegt.
1. In der Sache ging es zum einen um die Höhe des Vorsteuerabzugs im Jahr 2004 aus Baukosten sowie aus laufenden Kosten für ein Wohn- und Geschäftshaus, mit dem die Klägerin sowohl steuerfreie als auch steuerpflichtige Vermietungsumsätze ausführte.
Da in diesen Fällen der Vorsteuerabzug nur zulässig ist, soweit die von einem Unternehmer bezogenen Eingangsleistungen (hier Baumaterial, Handwerkerleistungen etc.) für steuerpflichtige Ausgangsumsätze (hier: Vermietungsumsätze) verwendet werden, müssen die insgesamt angefallenen Vorsteuern nach § 15 Abs. 4 UStG aufgeteilt werden. Seit der Einfügung des § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG mit Wirkung vom 01. 01. 2004 ist dabei eine Aufteilung nach dem Verhältnis der (voraussichtlichen) steuerpflichtigen zu den steuerfreien Ausgangsumsätzen (sog. „Umsatzschlüssel“) nur noch nachrangig zulässig.
Die Klägerin ermittelte die abziehbaren Vorsteuern für das Streitjahr 2004 – wie in den Vorjahren – nach dem Umsatzschlüssel. Das Finanzamt (FA) legte dagegen der Vorsteueraufteilung den (für die Klägerin ungünstigeren) Flächenschlüssel zugrunde.
Mit der ersten Vorlagefrage soll geklärt werden, ob bei gemischt genutzten Gebäuden die Vorsteuern auf Eingangsleistungen, die die Anschaffung oder Herstellung des Gebäudes betreffen, zunächst den Ausgangsumsätzen zugeordnet werden müssen und lediglich die danach verbleibenden Vorsteuern nach einem (weniger präzisen) Flächen- oder Umsatzschlüssel aufzuteilen sind. Weiter ist zu klären, ob dies entsprechend für Vorsteuern auf laufende Kosten gilt. Dies war in einem zu § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG ergangenen EuGH-Urteil offen geblieben.
2. Ferner verlangte das FA im Wege der Vorsteuerberichtigung einen Teil der in den vergangenen Jahren (seit Beginn der Baumaßnahme 1999) anerkannten Vorsteuerbeträge von der Klägerin zurück, weil auch insoweit nunmehr der Flächenschlüssel gelte.
Der vorlegende XI. Senat des BFH hat allerdings in mehrfacher Hinsicht Zweifel, ob dies mit dem Unionsrecht vereinbar ist:
a) Ändern sich bei einem Gebäude innerhalb von zehn Jahren ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse, ist für jedes Kalenderjahr der Änderung eine Vorsteuerberichtigung vorzunehmen.
Insoweit stellt sich die zweite Vorlagefrage, ob eine solche Änderung der Verhältnisse unionsrechtlich auch dann vorliegt, wenn ein Steuerpflichtiger (wie die Klägerin) die Vorsteuern aus der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes zulässigerweise nach dem Umsatzschlüssel aufgeteilt hat und Deutschland mit § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG nachträglich einen anderen vorrangigen Aufteilungsschlüssel vorschreibt.
b) Bejahendenfalls möchte der vorlegende XI. Senat des BFH mit der dritten Vorlagefrage wissen, ob die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes einer Vorsteuerberichtigung zu Lasten eines Steuerpflichtigen entgegenstehen.
Der deutsche Gesetzgeber könnte gegen diese Grundsätze insbesondere dadurch verstoßen haben, dass er bei Einfügung des § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG keine Übergangsregelung getroffen hat, die dem begründeten Vertrauen der Unternehmer, auf Eingangsleistungen vor der Gesetzesänderung den Umsatzschlüssel anwenden zu dürfen, Rechnung trägt.
(Quelle: Auszug aus einer Pressemitteilung des Bundesfinanzhofs)