Genießen Arbeitnehmer allgemeinen oder besonderen Kündigungsschutz, dann ist es für Arbeitgeber sehr schwer ein Arbeitsverhältnis zu beenden. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitnehmer Betriebsrat ist. Fingiert der Arbeitgeber dabei Kündigungsgründe, um den unliebsamen Mitarbeiter oder die unliebsame Mitarbeiterin loszuwerden, dann kann dies nicht nur für den Arbeitgeber, sondern auch den unterstützenden Rechtsanwalt, teuer werden. So hat das Arbeitsgericht Gießen mit Urteil vom 16.05.2019 (3 Ca 433/17) einen Arbeitgeber und seinen Rechtsvertreter gesamtschuldnerisch zur Zahlung von 20.000 € an die ehemalige stellvertretende Betriebsratsvorsitzende verurteilt, weil Kündigungsgründe systematisch strategisch provoziert oder erfunden wurden.
Arbeitgeber entwickelte gemeinsam mit Rechtsanwalt Strategiekonzept zur Entfernung unliebsamer Betriebsratsmitglieder
In dem entschiedenen Rechtsstreit sollten in dem Betrieb eingeschleuste sogenannte Lokspitzel, Betriebsratsmitglieder in Verruf bringen, Kündigungsgründe provozieren oder erfinden. So hatte der Arbeitgeber, ein Betreiber einer Senioreneinrichtung, mehrere Detektive, von denen einer als Zeuge ausgesagt hat, in den Betrieb eingeschleust, um der unliebsamen Mitarbeiterin einen Verstoß gegen das betriebliche Alkoholverbot zu unterschieden, so das deren fristlose Kündigung gerichtlich betrieben werden konnte. Der Zeuge hatte auch ausgesagt, dass ebenso, wie die Klägerin, die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende war, die Betriebsratsvorsitzende selbst, Gegenstand des Strategieplans gewesen war. Diese sollte von 2 weiteren Detektiven durch beschimpfen und besprochen zu Tätlichkeiten provoziert werden. Da diese aber sich nicht provozieren ließ und nicht zuschlug, verletzte kurzerhand einer der Detektive den anderen und es wurde dann die Betriebsratsvorsitzende dieser Tätlichkeiten bezichtigt.
Schwere Persönlichkeitsverletzungen rechtfertigen Entschädigungsanspruch
Die Arbeitsrichter werteten die strategische Vorgehensweise, um unliebsame Betriebsratsmitglieder loswerden, als schwere Persönlichkeitsverätzungen im Sinne der §§ 823 Abs. 1, 830 Abs. 1, 840 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG und verurteilte nicht nur den Arbeitgeber, sondern auch gleich noch dessen Rechtsberater als Gesamtschuldner zur Zahlung von insgesamt 20.000 € an die Klägerin.
Weniger Glück hatte die Betriebsratsvorsitzende selbst. Diese hatte zwar auch geklagt (3 Ca 435/17). Hier blieb die Klage aber, obwohl die Vorwürfe ähnlich gelagert waren, erfolglos, weil sie in einem früheren Prozessvergleich einer Ausschlussklausel zugestimmt hatte, von der auch solche Ansprüche mit umfasst waren.