Wer eine Sache kauft, der erlangt automatisch, kraft Gesetzes (nicht zu verwechseln mit einer etwaigen Garantie des Herstellers) gegen den Verkäufer wegen etwaiger Sachmängel Gewährleistungsansprüche. Dies ist in den § 434 ff. BGB so geregelt und meistens auch hinlänglich bekannt. Der Käufer kann also vom Verkäufer beispielsweise Nachbesserung verlangen, also Reparatur oder Austausch, den Kaufpreis mindern oder aber vom Vertrag zurücktreten und Schadenersatz verlangen. Ist der Käufer Verbraucher, dann wird, wenn der Mangel innerhalb von 6 Monaten nach dem Kauf auftritt, vermutet, dass dieser bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorhanden war, § 477 BGB. gesetzlich nicht geregelt, jedenfalls auf den 1. Blick ist allerdings nicht, was dann gilt, wenn der Verkäufer bereits zuvor sein Geschäft aufgegeben oder aber insolvent geworden ist. Staatliche Coronarestriktionen, Lieferengpässe, Arbeitnehmermangel und explodierende Energiepreise, werden verstärkt dazu führen, dass Käufer damit konfrontiert werden, dass ihr Verkäufer nicht mehr existiert, weil entweder bereits sein Geschäft aufgegeben hat oder aber gar Insolvenz anmelden musste. Was aber bedeutet dies für Ihre Gewährleistungsansprüche als Käufer?
Verkäufer existiert nicht mehr wegen Geschäftsaufgabe
Gibt es Ihren Händler deshalb nicht mehr, weil er seinen Geschäftsbetrieb aufgegeben hat, dann bedeutet dies nicht, dass damit die Ansprüche untergegangen sind. Diese bestehen vielmehr grundsätzlich ungehindert fort.
Einzelunternehmen
Haben Sie bei einem Einzelunternehmen oder aber eine Personengesellschaft, dann besteht in diesem Fall jeweils eine persönliche Haftung des Einzelunternehmers. Ist dies aufgrund der Geschäftsaufgabe selbst nicht mehr in der Lage die Gewährleistungsansprüche zu erfüllen, dann muss er diese Aufgabe auf seine Kosten einem Dritten übertragen.
Personengesellschaft
Wurde dagegen bei einer Personengesellschaft, wie beispielsweise einer GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) oder OHG (offene Handelsgesellschaft) bzw. KG (Kommanditgesellschaft) gekauft dann richten sich die Ansprüche, solange die Gesellschaft nicht liquidiert ist, gegen die Gesellschaft. Nach der Liquidation haften die Gesellschafter dann persönlich als Gesamtschuldner. Dies bedeutet, dass der Käufer jeden der Gesellschafter in Anspruch nehmen kann und diese sich dann intern ausgleichen müssen, § 426 BGB.
Bei einer KG besteht dabei die Besonderheit, dass vollumfänglich nur der sogenannte komplementär, also der voll haftende Gesellschafter haftet. Kommanditisten haften nur beschränkt auf die Einlage. Ist diese bereits erbracht, dann ist kein weiterer Zugriff von Gläubigern möglich, § 171 HGB.
UG und GmbH
Ist der Käufer eine juristische Person, also beispielsweise eine UG (Unternehmergesellschaft oder so genannte kleine GmbH) oder eine GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) dann wird es schon etwas komplizierter. Dies deshalb, weil das Wesen dieser Gesellschaften darin besteht, die Gesellschafter vor eine persönliche Inanspruchnahme zu schützen.
Deshalb können Gewährleistungsansprüche dann ausnahmsweise ins Leere laufen, wenn diese nicht während der Liquidationsphase und des daran anschließenden Sperrjahrs, § 73 GmbH-Gesetz, also des Jahres, in dem nach Abschluss der Liquidation das Gesellschaftsvermögen nicht unter den Gesellschaftern verteilt werden darf, rechtzeitig geltend gemacht worden sind. Gewährleistungsansprüche, die nach Ablauf des Sperrjahres erstmalig angemeldet werden, sind nur noch zu berücksichtigen, wenn das verbliebene Restvermögen noch nicht verteilt worden ist. Hat eine Verteilung bereits stattgefunden, weil die Kapitalbindung nach § 30 GmbH-Gesetz bereits erloschen ist, dann hat der Käufer das Nachsehen.
Verkäufer befindet sich in Insolvenz
Ist über das Vermögen ihres Händlers dagegen das Insolvenzverfahren eröffnet worden, dann werden aus ihren Gewährleistungsansprüchen Insolvenzforderungen. Dies bedeutet also, dass sie die Kaufsache dann auf eigene Kosten zunächst bei einem Dritten reparieren lassen müssen und die dafür aufgewendeten Kosten im Rahmen des Insolvenzverfahrens zur Tabelle beim Insolvenzverwalter anmelden können. Wirtschaftlich lohnend dürfte dies in den wenigsten Fällen sein, denn da aufgrund der großzügigen Aussetzung der Insolvenzantragspflicht durch verschiedene Coronaregelungen auch bereits angeschlagene Unternehmen künstlich am Leben gehalten worden sind, ist zu erwarten, dass viele Unternehmen, die demnächst Insolvenz anmelden müssen, massearm sind, sodass auszukehren Insolvenzquoten sich bestenfalls im unteren Prozentbereich bewegen werden.
Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt, dann gilt wieder das Vorgesagte zur persönlichen Haftung des Einzelunternehmers oder der Gesellschafter. Nachdem in diesen Fällen aber oft damit zu rechnen ist, dass auch der Unternehmer vermögenslos ist, besteht selbst dann, wenn ein Anspruch gerichtlich erfolgreich durchgesetzt und tituliert wird, die Gefahr, dass eine solch titulierte Forderung sich nicht durchsetzen lässt. Von daher sollte stets erwogen werden, ob es wirtschaftlich sinnvoll ist dem Grunde nach bestehende Ansprüche auch tatsächlich weiterzuverfolgen.
Fazit
Gleichgültig, ob Geschäftsaufgabe oder Insolvenz. Für Käufer wird jedenfalls hierdurch die Durchsetzung möglicher Ansprüche erheblich verkompliziert. Die Regelungen verdeutlichen aber auch, dass im Fall der Fälle Einkauf bei einem der großen und solventen Händler durchaus Vorteile bieten kann, gegenüber dem Kauf bei einem kleineren Händler um die Ecke oder auch im Internet. Die damit verbundene Unsicherheit wird auf Dauer dazu führen, dass am Ende stets die großen Händler die Nase vorne haben.
Anmerkung:
Die Gewährleistungsansprüche geltend übrigens auch uneingeschränkt bei sog. Ab- und Räumungsverkäufen wegen Geschäftsaufgabe. Verkäufer können also nicht wirksam für diese Geschäfte die gesetzlichen Gewährleistungsrechte ausschließen.
Hat der Hersteller neben den Gewährleistungsansprüchen eine Garantie gewährt, dann können Sie natürlich nach wie vor aus dem Garantieversprechen des Herstellers gegen diesen vorgehen.