Gläubiger einer GmbH haben grundsätzlich nur Ansprüche gegen die Gesellschaft, nicht aber gegen deren Geschäftsführer. Dies gilt selbst dann, wenn ein „Griff in die Kasse“ des Geschäftsführers zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft geführt hat. Schadensersatzansprüche stehen nur der Gesellschaft, nicht aber deren Gläubigern zu (BGH, Urteil vom 07.05.2019, VI ZR 512/17).
Griff in die Kasse führt zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft
Der Beklagte war Geschäftsführer einer GmbH, die eine Mühle betrieben hat. Die GmbH war zahlungsunfähig, wobei die Öffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden war. Grund für die Zahlungsunfähigkeit war, dass die Beklagte mehrere 100.000 € aus dem Gesellschaftsvermögen entnommen und für betriebsfremde Zwecke verbraucht hat.
Die Klägerin, ein landwirtschaftliches Unternehmen, stand mit der GmbH in ständiger Geschäftsbeziehung. Sie belieferte einerseits die Mühle mit Weizen und bezog von dort Saatgut und Dünger. Zwischen der Klägerin und der GmbH bestand eine Kontokorrentabrede, wonach die Auszahlung des Differenzguthabens an die Klägerin immer im Februar des Folgejahres erfolgen sollte. Dazu kam es aber nicht, weil der Beklagte aufgrund von Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzantrag für die GmbH gestellt hatte.
Vorsätzliche Verletzung der Pflichten als Geschäftsführer
Da also die Forderung gegenüber der GmbH nicht realisierbar war, klagte die Klägerin unmittelbar gegen deren Geschäftsführer. Sie vertrat dabei die Auffassung, dass er vorsätzlich seine Pflichten als Geschäftsführer verletzt und ihr dadurch sittenwidrig einen Schaden zugefügt habe. Er müsse deshalb für den Ausfall nach § 826 BGB wegen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung haften.
Da zwei Juristen bekanntlich drei unterschiedliche Meinungen haben, hatte zunächst das Landgericht Konstanz die Klage abgewiesen; die Berufung zum OLG Karlsruhe war dagegen erfolgreich, sodass der Beklagte zur Zahlung von Schadenersatz verurteilt worden ist. Hiergegen richtet sich die Revision.
Gläubiger haben grundsätzlich keinen direkten Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB gegen den Geschäftsführer einer GmbH
Die Richter am BGH haben nun wiederum die Entscheidung des Oberlandesgerichts aufgehoben. Nach Auffassung des BGH sei zwar der Geschäftsführer nach § 43 Abs. 1 GmbHG zur ordnungsgemäßen und gesetzestreuen Geschäftsführung verpflichtet. Diese Pflicht bestünde aber nur gegenüber der Gesellschaft, nicht jedoch gegenüber Dritten, so dass ein direkter Anspruch eines Geschäftspartners gegen den Geschäftsführer aus § 826 BGB ausscheiden würde. Für einen Anspruch wegen sittenwidriger Schädigung genüge es nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletze und dadurch einen Schaden verursache. Insbesondere bei mittelbaren Schädigungen komme es vielmehr darauf an, dass den Schädiger das Unwerturteil, sittenwidrig gehandelt zu haben, gerade auch in Bezug auf die Schäden desjenigen treffe, der den Anspruch geltend macht. Dies sei beim Beklagten nicht der Fall gewesen.
Tipp:
Auch, wenn unmittelbare Ansprüche Dritter gegen den Geschäftsführer einer GmbH nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht, beispielsweise bei einer Insolvenzverschleppung, so kann in der Praxis (manchmal) dann doch über einen Umweg der Geschäftsführer in Anspruch genommen werden. Derjenige, der nämlich eine titulierte Forderung gegen die GmbH hat, kann dann im Wege der Zwangsvollstreckung deren Schadensersatzansprüche gegen den Geschäftsführer pfänden, so dass über diesen Umweg dann doch auf das Vermögen des Geschäftsführers zugegriffen werden kann.