(Ehe-)Paare, die sich den Kinderwunsch durch die Adoption eines ausländischen Kindes erfüllen möchten (sog. Auslandsadoption) müssen aufgrund der gesetzlichen Regelungen zur Durchführung von Auslandsadoptionen nicht nur im Vorfeld eine vom Jugendamt öffentlich zu beurkundende Erklärung abgeben, nach der sie bereit sind, das vorgeschlagene Kind anzunehmen, sondern sie sind nach dieser Erklärung im Fall des Scheiterns der Adoption während der vorausgehenden 6-monatigen Adoptionspflege auch verpflichtet sämtliche durch öffentliche Mittel aufgewendeten Kosten für den Lebensunterhalt einschließlich der Unterbringung, der Ausbildung, der Versorgung im Krankheit- und Pflegefall für einen Zeitraum von 6 Jahren ab dem Zeitpunkt der Einreise des Kindes zu erstatten.
Diese Regelung sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden, weil damit ganz erhebliche Forderungen des Staates bei einer gescheiterten Adoption auf die verhinderten Eltern zukommen können. Sollten sich die Eltern nämlich während der Adoptionspflege dazu entscheiden, das Kind doch nicht zu adoptieren und kann dieses nicht (sofort) in sein Heimatland zurückgeführt werden, dann können hier schnell Kosten von 5.000 € und mehr im Monat anfallen, die dann von dem Paar an den Kostenträger bezahlt werden müssen. Dies hat das OVG NRW in seinem Beschluss vom 03.03.2020 (12 A 1353/17) bestätigt und damit die Zulassung der Berufung gegen ein vorangegangenes Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf, das eine Klage gegen einen Zahlungsbescheid abgewiesen hatte, abgelehnt.
Adoption eines 5-jährigen Mädchens aus Thailand scheitert während der sog. Adoptionspflege in Deutschland
Die Kläger wollten aus einem Kinderheim in Thailand ein 5-jähriges Mädchen adoptieren. Zu diesem Zweck gaben sie im Vorfeld eine vom Jugendamt öffentlich beurkundete Erklärung ab, nach der sie bereit waren das Kind anzunehmen. In dieser Erklärung verpflichteten sich auch, im Falle eines Scheiterns der Adoption während der vorausgehenden 6-monatigen sog. Adoptionspflege der öffentlichen Hand sämtliche Kosten zu erstatten, die diese dann für den Lebensunterhalt einschließlich der Unterbringung, der Ausbildung, der Versorgungkrankheit und Pflegefall für einen Zeitraum von 6 Jahren ab der Einreise des Kindes aufbringen musste zu erstatten.
Bereits bei der Übernahme des Mädchens in Thailand kam es nach Auskunft der adoptionswilligen Kläger zu Problemen, weil das Kind sich „widerspenstig“ verhielt. Gleichwohl hielten die Kläger an ihrer Entscheidung fest und reisten mit dem Kind nach Deutschland ein.
Nach einigen Wochen bemerkten die Kläger, dass sie mit der Betreuung und Erziehung des Kindes völlig überfordert waren. Sie waren deshalb zur Adoption nicht mehr bereit und wollten stattdessen, dass das Kind schnellstmöglich nach Thailand zurückgeführt wird. Dies kam allerdings aus Sicht des Jugendamtes aus Gründen des Kindeswohls nicht in Betracht. Stattdessen wurde das Mädchen in einer Einrichtung untergebracht, in der nur wenige Kinder in häuslicher Umgebung betreut werden. Die Kläger erhielten daraufhin einen Bescheid, mit dem sie zu Erstattung der Unterbringungskosten sowie der Kosten für Krankenversicherungsdolmetscher in Höhe von ca. 5.000 €/Monat herangezogen wurden.
Verhinderte Eltern klagen gegen Erstattungsbescheid
Die verhinderten Eltern hielten dies für rechtswidrig und zogen vor Gericht. Zur Begründung trugen sie vor, dass sie vor Abgabe ihrer Erklärung zur Kostenerstattung von der Urkundsperson des Jugendamtes nur unzureichend über die 6-jährige Haftungsdauer aufgeklärt worden seien. Diese habe sich nämlich nur dahingehend geäußert, dass es „teuer“ werden könne. Sie hätten daher angenommen, dass sie im Falle des Scheiterns der Adoption höchstens für die Zeit der Adoptionspflege, also für 6 Monate, für entstehende Unterhaltskosten einstehen müssten. Zudem seien sie davon ausgegangen, dass für den Fall, dass sie sich doch nicht entscheiden das Kind zu adoptieren, dieses kurzfristig nach Thailand zurückgeführt werden könne. Außerdem rügten die Kläger, dass sie vom Jugendamt vor Abgabe ihrer Erklärung nicht über „Verhaltensauffälligkeiten“ des Kindes aufgeklärt worden seien.
Oberverwaltungsgericht bestätigt Klageabweisung
Das Oberverwaltungsgericht NRW hat das vorausgegangene Urteil des Verwaltungsgericht Düsseldorf bestätigt und die Klage gegen den Erstattungsbescheid abgewiesen. Die Richter haben zur Begründung ausgeführt, dass die von den Klägern geltend gemachten, aber bestrittenen Verstöße der Urkundsperson gegen Belehrungs- und Aufklärungspflichten nichts an der Rechtmäßigkeit des Bescheids ändern würden. Dies deshalb, weil selbst, wenn ein solcher Verstoß vorgelegen hätte, dies nicht zur Unwirksamkeit des Bescheids führt, sondern allenfalls dazu, dass die verhinderten Eltern ihrerseits Schadensersatzansprüche wegen einer Amtspflichtverletzung geltend machen könnten. Dies spiele aber im vorliegenden Fall auch keine Rolle mehr, weil nämlich die Kläger bereits mit einer entsprechenden zivilrechtlichen Klage letztinstanzlich vor dem Oberlandesgericht Köln rechtskräftig unterlegen waren.
Es komme aber nicht entscheidend darauf an, weil selbst wenn man eine unzureichende Aufklärung unterstellen würde diese jedenfalls nicht ursächlich für den Schaden geworden sei. Die Kläger seien sich nämlich, so die Richter, sowohl dessen sowie der Unsicherheiten hinsichtlich des zeitlichen Umfang der Haftung nach ihrem eigenen Vorbringen bewusst gewesen und hätten gleichwohl die verlangte Erklärung abgegeben. Dass die Höhe der geltend gemachten Forderungen gegebenenfalls existenzgefährdend sein könne, stehe der Rechtmäßigkeit des Bescheids nicht entgegen.
Anmerkung:
Gegenstand des Verfahrens war lediglich eine Haftung für den Zeitraum Juli 2014 bis Februar 2015 in Höhe von rund 38.000 €. Bei monatlich unterstellten Kosten von 5.000 € liegt aber das Haftungsrisiko bei einer Dauer von 6 Jahren bei rund 360.000 €.
Von daher kann adoptionswilligen Eltern in Spee bei einer Auslandadoption nur angeraten werden, nicht vorschnell mit dem Kind nach Deutschland einzureisen, sondern zunächst im Heimatland auf Herz und Nieren zu prüfen, ob sich auf Dauer mit dem Kind nach den eigenen Vorstellungen eine tragfähige Verbindung aufbauen lässt. Wird dies so wie hier, erst während der Zeit der Adoptionspflege, die der eigentlich Adoption in Deutschland vorgeschaltet ist, festgestellt, dann kann eine gescheiterte Adoption ein kostenintensives Nachspiel haben. Ergo: ein Umtauschrecht gibt es weder bei eigenen noch adoptierten Kindern.