Der Kauf einer Immobilie ist eine bedeutende Investition, bei der viele Faktoren berücksichtigt werden müssen. Eine zentrale Rolle spielt hierbei das Exposé, das potenziellen Käufern wichtige Informationen über die Immobilie liefert. Doch was passiert, wenn diese Angaben ungenau oder falsch sind? Können unrichtige Angaben im Exposé Gewährleistungsansprüche des Käufers begründen? Dieser Artikel beleuchtet die rechtliche Lage anhand eines aktuellen Falls des Oberlandesgerichts (OLG) Zweibrücken und gibt einen umfassenden Überblick über die relevanten gesetzlichen Bestimmungen und Rechtsprechungen.
Der Fall des OLG Zweibrücken
In dem vom OLG Zweibrücken entschiedenen Fall ging es um den Verkauf einer Immobilie, bei der im Exposé angegeben war, dass sich diese in einem „gepflegten Zustand“ befinde. Nach dem Kauf stellte der Käufer jedoch erhebliche Mängel, insbesondere ein undichtes Dach, fest. Das Exposé enthielt einen allgemeinen Hinweis auf notwendige Erneuerungsmaßnahmen, dennoch sah das Gericht die Beschreibung als irreführend an.
Sachverhalt
Der Käufer, ein erfahrener Immobilienmakler, erwarb am 09.07.2019 ein bebautes Grundstück, das unter anderem eine Werkstatthalle und eine Parkfläche im obersten Geschoss umfasste. Kurz nach dem Kauf, im Dezember 2019, wurde er von den Mietern darauf hingewiesen, dass das Dach und die Regenrinne undicht seien. Diese Mängel waren dem Verkäufer seit mindestens zwölf Monaten vor dem Kauf bekannt und wurden ihm mehrfach von den Mietern mitgeteilt. Der Käufer hatte das Dach vor dem Kauf nicht besichtigt, hatte jedoch Feuchtigkeitsschäden im Erdgeschoss bemerkt und daraufhin den Kaufpreis nachverhandelt.
Entscheidungen des Landgerichts und OLG Zweibrücken
Das Landgericht Zweibrücken sprach dem Käufer Schadensersatz zu, eine Entscheidung, die das OLG Zweibrücken bestätigte (Beschl. v. 28.05.2024 – 4 U 105/23). Das Gericht führte aus, dass die Angabe im Exposé über den „gepflegten Zustand“ der Immobilie eine Beschaffenheitsvereinbarung darstellt. Ein undichtes Dach sei mit dieser Beschreibung nicht vereinbar, und ein allgemeiner Hinweis auf Erneuerungsmaßnahmen reiche nicht aus, um diesen Mangel auszuschließen.
Rechtliche Grundlagen
Gewährleistungsansprüche und Beschaffenheitsvereinbarung
Gemäß § 434 BGB liegt ein Sachmangel vor, wenn die Ist-Beschaffenheit der Kaufsache von der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit abweicht. Im vorliegenden Fall stellte die Angabe „gepflegter Zustand“ eine solche Beschaffenheitsvereinbarung dar, wodurch das undichte Dach als Sachmangel gewertet wurde. Ein Gewährleistungsausschluss im Kaufvertrag greift nicht, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat oder eine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen wurde, die nicht erfüllt ist (§ 444 BGB).
Bedeutung des Exposés
Das Exposé spielt eine entscheidende Rolle bei der Kaufentscheidung und kann als Vertragsgrundlage betrachtet werden. Die Rechtsprechung bestätigt, dass Angaben im Exposé bindend sind und bei Abweichungen zu Gewährleistungsansprüchen führen können. In diesem Fall war die Angabe eines „gepflegten Zustands“ irreführend, da das Dach erhebliche Mängel aufwies, die dem Verkäufer bekannt waren.
Fazit
Die Entscheidung des OLG Zweibrücken verdeutlicht, dass unrichtige Angaben in einem Exposé beim Immobilienkauf erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen können. Ein „gepflegter Zustand“ muss diesen Anforderungen tatsächlich entsprechen, und Verkäufer sind verpflichtet, bekannte Mängel offenzulegen. Käufer sollten daher bei der Besichtigung und Bewertung von Immobilien stets sorgfältig vorgehen und gegebenenfalls rechtlichen Rat einholen.
Die rechtliche Grundlage bildet vor allem das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), das klare Regelungen zu Sachmängeln und Gewährleistungsansprüchen enthält. Die aktuelle Rechtsprechung unterstützt Käufer in ihren Ansprüchen, wenn unrichtige oder irreführende Angaben gemacht wurden. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung weiterentwickeln wird, doch die Tendenz geht eindeutig dahin, den Schutz der Käufer zu stärken und die Transparenz bei Immobiliengeschäften zu erhöhen.
Der Fall verdeutlicht aber auch einmal mehr, dass es oft Glückssache ist, auf wessen Schreibtisch ein Verfahren landet. Wir hatten vor einigen Jahren einmal einen Fall vertreten, in dem eine Käufergemeinschaft ein Grundstück erworben hat, in dem im Exposé geschrieben stand, dass es sich um 4 Wohneinheiten handeln würde. Tatsächlich waren auch 4 Wohnungen, die teils bewohnt teils unbewohnt waren, vorhanden. Als sie später bei einer Nachfrage bei der Gemeinde herausgestellt hat, dass nur 3 Wohnungen genehmigt worden, und daraus ein Rechtsstreit entstanden ist, hatte das Gericht vehement die Auffassung vertreten, dass Angaben im Exposé rechtlich ohne Belang sein. Entscheidend sei nur, was im notariellen Kaufvertrag steht, und dort war die Anzahl der Wohnungen nicht festgeschrieben … Der Rechtsstreit ist dann durch Vergleich beendet worden.