Das, wovon viele Onlinehändler und Gewerbetreibende träumen, was in der Praxis aber nur schwer durchsetzbar ist, nämlich Google selbst auf Löschung einer negativen Bewertung in Anspruch zu nehmen ist nun vor dem Landgericht Hamburg (Urteil vom 12.01.2018 – 324 O 63/17) einem Hamburger Gastronom gelungen. Dieser hatte eine negative Bewertung ohne Bewertungskommentar erhalten und gegenüber Google gerügt, dass der Bewertende nie sein Gast gewesen sei. Da Google so reagiert hat, wie dies bei Konzernen wie Google, Amazon und Co. üblich ist, nämlich gar nicht, hatte Google das Nachsehen. Denn Google hätte nach Auffassung der Richter dem Einwand nachgehen müssen. Deshalb ist Google bei Androhung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 € verurteilt worden im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland weiter die angegriffene Bewertung zu verbreiten.
Bewertung eines Gasthauses mit nur einem Stern ohne Bewertungskommentar landet vor Gericht
Geklagt hatte ein Hamburger Gastronom, der gemeinsam mit seiner Ehefrau im Großraum Hamburg ein Gasthaus betrieben hat. Zum Zeitpunkt der Klage gab es dafür 34 Bewertungen bei Google zu einer Durchschnittsbewertung von 4,0 Sternen. Eine Nutzerin mit dem Profilnamen A.K. hatte eine Bewertung von nur einem Stern abgegeben, allerdings dies ohne zu kommentieren. Aus einem gleichlautenden Facebook Profil ergab sich, dass die Facebook Nutzerin eine knapp 7 km vom Gasthaus entfernte Schule besucht.
Google wurde aufgefordert die Kundeneigenschaft der Nutzerin auf Plausibilität zu prüfen
Als der Kläger die negative Bewertung bemerkte ließ er Google mit anwaltlichem Schreiben vom 03.01.2017 auffordern hinsichtlich der streitgegenständlichen Bewertung die Kundeneigenschaft der Nutzerin auf Plausibilität zu prüfen und, sollte diese nicht gegeben sein, die Bewertung zu löschen.
Google teilte daraufhin nur lapidar mit, dass kein offensichtlicher Verstoß gegen die Richtlinien zur Entfernung von Inhalten bzw. keine unschwer zu erkennende Rechtsverletzung festgestellt werden könne, so das man nicht einschreiten werde.
Kläger rügt Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
Dies ließ sich der streitfreudige Gastronom nicht bieten und zog vor Gericht. Dabei stützt er sich darauf, dass er durch die Bewertung in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt sei und Google hierfür wegen der Verletzung zumutbarer Prüfpflichten als Störer auf Unterlassung haften würde.
Die Persönlichkeitsrechtsverletzung folge daraus, dass der Bewertung keine hinreichenden tatsächlichen Anknüpfungspunkte zugrunde lägen. Der maßgebliche Durchschnittsrezipient entnehme der Bewertung, dass eine geschäftliche Tätigkeit des Klägers bewertet werde, da die Bewertung seinem, des Klägers, geschäftlichen Profil zugeordnet sei. Der Leser gehe mithin davon aus, dass die Bewerterin eine Kundin seines Gasthauses gewesen sei und ihre Bewertung auf die dort erlebten, tatsächlichen Erfahrungen stütze. Fernliegend sei hingegen ein Verständnis, dass die Bewerterin keinerlei Berührungspunkte mit dem Gasthaus gehabt habe. Dieses Verständnis decke sich mit den Richtlinien der Beklagten für Rezensionen, in denen es – unstreitig – heißt: „Eine Rezension muss Ihre tatsächliche Erfahrung mit einem Unternehmen widerspiegeln. Veröffentlichen Sie Rezensionen nicht, um die Bewertung (in Sternen) eines Unternehmens zu beeinflussen.“ Bei der vorliegenden Ein-Stern-Bewertung handele es sich zwar um eine Meinungsäußerung, diese sei jedoch mangels tatsächlicher Anknüpfungspunkte unzulässig. Der Kläger bestreitet einen Kundenkontakt zu der Bewerterin. Aufgrund des Fantasienamens „A. K.“ habe er, der Kläger, die Bewertung keinem seiner Kunden zuordnen können. Ihm und seinen Mitarbeitern sei auch keine Kundin mit diesem Namen bekannt. Er, der Kläger, habe die Aufträge und Rechnungen der letzten Jahre durchgesehen – über eine Gästedatenbank verfüge das Gasthaus nicht – und diesen Namen nicht gefunden, weshalb er davon ausgehe, dass es sich um die Bewertung eines Konkurrenten oder einer Person ohne Kundenkontakt handele.
Google hafte als mittelbar Störer, denn Google sei aufgrund der Beanstandung verpflichtet gewesen, den Sachverhalt weiter zu ermitteln, insbesondere die Bewerterin zu kontaktieren und zu einer Stellungnahme aufzufordern. Da er, der Kläger, in der Beanstandung ausdrücklich in Abrede genommen habe, dass es sich bei der Bewerterin um eine seiner Kundinnen handele, sei der Rechtsverstoß unschwer zu bejahen gewesen, da es für die Bewertung offensichtlich an tatsächlichen Anknüpfungspunkten fehle.
Landgericht Hamburg bejaht Unterlassungsanspruch gem. §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG
Nach Auffassung des Landgerichts Hamburg ist Google hinsichtlich der streitgegenständlichen Bewertung und die durch ihre Verbreitung gegebene Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers verantwortlich und haftet insoweit auf Unterlassung. Zwar haftet die Beklagte vorliegend nicht als unmittelbare Störerin bzw. Täterin, weil sie die in Rede stehende Bewertung weder selbst verfasst noch sich zu Eigen gemacht hat (BGH, Urteil vom 27.03.2012, VI ZR 144/11 – RSS-Feeds, Juris Tz. 18; Urteil vom 25.10.2011, VI ZR 93/10 – Blog-Eintrag, Juris Tz. 20).
Die Beklagte kann jedoch als Host-Provider vorliegend als Störerin in Anspruch genommen werden, weil sie die technischen Möglichkeiten des Internetdienstes zur Verfügung gestellt hat (BGH, Urteil vom 25.10.2011, VI ZR 93/10 – Blog-Eintrag, Juris Tz. 20). Als Störer ist verpflichtet, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt (BGH, a.a.O., Juris Tz. 21 m.w.N.). Indem die Beklagte wie geschehen die Bewertungen Dritter auf ihrer Website verbreitet, trägt sie willentlich und adäquat-kausal zu möglichen Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Beurteilten bei.
Google wäre verpflichtet gewesen nach Erhalt des Abmahnschreibens des Klägers vom 03.01.2017, spätestens aber nach Zustellung der Klageschrift den Sachverhalt weiter zu ermitteln und anschließend zu bewerten. Denn hierdurch ist der in Rede stehende Rechtsverstoß hinreichend konkret gefasst und war im erforderlichen Maße unschwer zu bejahen. Indem die Beklagte es anschließend dennoch unterließ, mit der Nutzerin „A. K.“ in Kontakt zu treten, hat sie die ihr zukommenden Prüfungspflichten verletzt.
Wer nun aber meint, die Entscheidung sei ein Durchbruch, um künftig leichter gegen Google vorzugehen, der freut sich zu früh, denn, soweit ersichtlich, ist die Problematik obergerichtlich noch nicht entschieden und es ist nicht zu erwarten, dass Google sich der Entscheidung eines Landgerichts beugen wird.