Auch, wenn es nicht zwingend erforderlich ist, so wird ein Immobilienerbe beim Grundbuchamt mit einer Forderung nach einem Erbschein konfrontiert. Da ein solcher gerade bei größeren Nachlässen teuer ist, sollte daher im Einzelfall stets geprüft werden, ob das Grundbuchamt überhaupt einen Erbschein verlangen darf oder sich aber, wie der nachfolgende Fall zeigt, nur Arbeit sparen möchte.
Grundbuchamt verlangt von Ehefrau, die als Erbin Löschung einer Dienstbarkeit zugunsten ihres verstorbenen Mannes bewilligt die Vorlage eines Erbscheins
Die im Grundbuchverfahren beteiligte zweite Ehefrau hat von ihrem Ehemann ein Grundstück („Familienheim“) übertragen bekommen. Dabei wurde zugunsten des berechtigten Ehemannes eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit mit folgendem Inhalt im Grundbuch eingetragen:
„Der Berechtigte ist befugt, neben dem Eigentümer sämtliche Räume des Anwesens … zu bewohnen und alle in diesem Gebäude vorhandenen Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Hausbewohner dienen, zu nutzen, ebenso den Garten. Die Kosten für den Verbrauch von Strom, Wasser und Heizung bezüglich der der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit unterliegenden Räumlichkeiten tragen der Eigentümer und der Berechtigte gemeinsam. Die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung der von der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit betroffenen Räume und die Kosten der Schönheitsreparaturen haben der Eigentümer und der Berechtigte ebenfalls gemeinsam zu tragen. (…) Das Recht erlischt mit dem Ableben des Berechtigten.“
Zudem wurde im Grundbuch „eine Vormerkung zur Sicherung des gleichfalls vereinbarten, auflösend durch die Vorlage einer Sterbeurkunde nach dem Berechtigten bedingten Rückübertragungsanspruchs“ eingetragen.
Nach dem Tod des Ehemannes hat die Ehefrau unter Vorlage der Sterbeurkunde die Löschung der Dienstbarkeit und der Rückübertragungsvormerkung beantragt. Das Grundbuchamt war jedoch der Ansicht, dass dies wegen möglicher Rückstände frühestens ein Jahr nach dem Tod möglich sei. Daraufhin hat die ausweislich des samt Eröffnungsniederschrift vorgelegten notariellen Erbvertrages allein erbende Ehefrau die Löschung der Dienstbarkeit notariell bewilligt. Dem Grundbuchamt reichte auch dies nicht aus; es forderte nach der Beiziehung der Nachlassakte einen Erbschein.
Nach Ansicht des Grundbuchamtes sei die Erbfolge wegen eines weiteren vorliegenden gemeinschaftlichen Testaments mit der vorverstorbenen ersten Ehefrau des Erblassers nicht eindeutig. Aufgrund der Bindungswirkung gemeinschaftlicher Testamente ergäben sich begründete Zweifel an der Wirksamkeit des Erbvertrages. Das Grundbuchamt erlies daher eine dementsprechende Zwischenverfügung. Der hiergegen eingelegten Beschwerde half das Grundbuchamt nicht ab.
Grundbuchamt muss im Rahmen der beantragten Löschung auch die Erbfolge prüfen
Zu Unrecht, wie das OLG München in seinem Beschluss vom 30.11.2016 (34 Wx 363/16) entschieden hat, denn die Dienstbarkeit ist löschungsfähig. Dies hätte das Grundbuchamt eigenverantwortlich prüfen müssen.
Grundsätzlich darf ein Recht, das auf die Lebenszeit des Berechtigten beschränkt ist und bei dem nach dessen Tod Rückstände von Leistungen nicht ausgeschlossen sind, nur mit Bewilligung des Rechtsnachfolgers gelöscht werden, wenn die Löschung vor dem Ablauf eines Jahres nach dem Tod des Berechtigten erfolgen soll (§ 23 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. GBO). Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn ein Löschungserleichterungsvermerk im Grundbuch eingetragen ist (§ 23 Abs. 2 GBO).
Da kein Löschungserleichterungsvermerk eingetragen wurde, kommt es allein darauf an, ob der Ehefrau der Nachweis dafür gelungen ist, dass sie als Alleinerbin alleinige Rechtsnachfolger ihres Ehemannes wurde und daher die Löschungsbewilligung greift. Nach Ansicht der Richter ist dies der Ehefrau gelungen. Das Grundbuchamt wäre nämlich gehalten gewesen, die vorliegenden Verfügungen von Todes wegen rechtlich zu würdigen und auszulegen.
Auf diesem Wege hätte es aus dem Vorbringen der Beteiligten und dem Wortlaut der Verfügungen von Todes wegen zu dem Schluss kommen müssen, dass durch das gemeinschaftliche Testament mit der ersten Ehefrau keine Bindungswirkung eingetreten ist und sich die Erbfolge damit allein nach dem Erbvertrag richtet. Damit hätte das Grundbuchamt aufgrund der Bewilligungserklärung der Ehefrau die Dienstbarkeit löschen müssen, so die Richter.
Ansprechpartner zum Erbrecht:
Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.