So lautet der Titel einer äußerst sehenswerten Dokumentation des im ZDF ausgestrahlten Wirtschaftsmagazins WISO. Der investigativen Journalist Andreas Baum zeigt exemplarisch an einigen ausgewählten Beispielen auf, welche Macht Gutachter in Gerichtsverfahren haben und mit welchen Problemen die Prozessparteien dadurch zu kämpfen haben.
Lange Bearbeitungszeiten und ein System die Kosten für Gerichtsgutachten zulasten der Prozessparteien künstlich in die Höhe zu treiben sind dabei noch die geringsten Vorwürfe, die erhoben werden. Erschreckend ist die Inkompetenz, die zur Entscheidungsfindung in deutschen Gerichtssälen herangezogen und oft von Gerichten nicht bemerkt, jedenfalls aber nicht kritisch hinterfragt wird. Für jeden, der mit Gerichtsverfahren befasst ist und sich dabei über Arroganz, Ignoranz und Inkompetenz von Gutachtern ärgert und den die Gleichgültigkeit, mit der manche Gerichte ihre Entscheidung auf bereits offensichtliche fehlerhafte Gutachten stützen, entsetzt. Gutachter werden damit zu den heimlichen Herren des Verfahrens. Absolut sehenswert.
Keine Übertreibung
Der Verfasser selbst hat im Laufe seiner über 25-jährigen Berufstätigkeit seine eigene Erfahrung mit Gutachtern gemacht. Nicht nur, dass Prozesse durch die zögerliche Erstellung der Gutachten massiv verschleppt werden. Auch gerade dann, wenn Fragen, wie die Beurteilung der Geschäftsfähigkeit einer Person Gegenstand des Gutachtens sind, die an sich als Rechtsfrage das Gericht nicht der Gutachter zu beantworten hat, führen wir derzeit gerade einen Rechtsstreit vor dem Bundesverfassungsgericht bei dem das hier im Bericht genannte Landgericht München II, ebenso wie das Oberlandesgericht München, nicht nur ein objektiv fehlerhaftes Gutachten zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht, sondern ein widersprechendes Privatgutachten völlig ignoriert hat. Statt sich kritisch mit den Einwänden auseinandersetzen wurde mit Biegen und Brechen versucht das Gutachten mit inhaltsleeren Formeln zu rechtfertigen. Selbst daran, dass der vom Gericht bestellte Gutachter das Gutachten zunächst gar nicht selbst erstellt, sondern die Exploration einer Assistenzärztin, die keine Fachärztin für Psychiatrie war, übertragen und dann das Gutachten lediglich übernommen hat, haben die Richter ebenso wenig gestört, wie das zunächst bei Gericht nicht der bestellte Gutachter, sondern eben diese nicht bestellte Assistenzärztin genommen wurde, die dann erst nachträglich bestellt wurde. Trotz dieser bereits formellen Fehlerhaftigkeit ist das Gutachten dann in unterschiedlichen Verfahren, anstatt ein neues Gutachten einzuholen, nach § 411 a ZPO unreflektiert übernommen worden. Die Gerichte haben sich dabei auch nicht daran gestört, dass der Sachverständige, immer dann, wenn er in seiner Anhörung nicht mehr weiter wusste, sich damit aus der Affäre ziehen konnte, sich nicht mehr genau erinnern zu können.
Auf die Bewertung einer Steuerkanzlei haben wir vor längerem einmal mehr als 3 Jahre gewartet. Augenblicklich nervt ein gerichtlich bestellter Gutachter, der für die Bewertung einer Immobilie, die für die Rückabwicklung eines Kaufvertrags wegen Sittenwidrigkeit erforderlich ist, nun bald ein Jahr benötigt und noch kein Ende in Sicht ist. Ein in einer Erbauseinandersetzung auf Empfehlung der IHK-München empfohlener Schiedsgutachter braucht für die Bewertung einer GmbH, die zum Zeitpunkt des Erbfalls schon keinen aktiven Geschäftsbetrieb mehr hatte, nun zwischenzeitlich weit über ein Jahr. In beiden Fällen sind auch hier mehrere 1000 € an Vorschüssen an die Gutachter geflossen. Ein Ende nicht in Sicht.
Anmerkung:
Der Begriff Gutachter oder Sachverständiger ist übrigens rechtlich nicht geschützt. Dies bedeutet, dass grundsätzlich jedermann sich durchch eigener Entschließung Gutachter oder Sachverständiger nennen kann. Eine Ausnahme gilt nur für staatlich anerkannte, öffentlich bestellte oder vereidigte Sachverständige. Dort muss ein gewisser Grad an Kompetenz nachgewiesen werden.