File-Hosting-Dienste können für Urheberrechtsverletzungen ihrer Nutzer erst in Anspruch genommen werden, wenn sie auf eine klare gleichartige Rechtsverletzung hingewiesen worden sind (Urteil vom 12. Juli 2012 – I ZR 18/11 – Alone in the dark).
Die Klägerin, Atari Europe, vertreibt das erfolgreiche Computerspiel „Alone in the dark“. Die Beklagte stellt unter der Internetadresse www.rapidshare.com Speicherplatz im Internet zur Verfügung (File-Hosting-Dienst). Die Nutzer des Dienstes können eigene Dateien auf der Internetseite der Beklagten hochladen, die dann auf deren Servern abgespeichert werden. Dem Nutzer wird ein Link übermittelt, mit dem die abgelegte Datei aufgerufen werden kann. Die Beklagte kennt weder den Inhalt der hochgeladenen Dateien, noch hält sie ein Inhaltsverzeichnis der Dateien vor. Gewisse Suchmaschinen (sog. „Link-Sammlungen“) gestatten aber, nach bestimmten Dateien auf den Servern der Beklagten zu suchen.
Das Computerspiel „Alone in the dark“ wurde auf Servern der Beklagten öffentlich zugänglich gemacht und konnte heruntergeladen werden. Die Klägerin sieht darin eine Urheberrechtsverletzung und verlangt von der Beklagten Unterlassung.
Das Landgericht Düsseldorf hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht Düsseldorf die Klage abgewiesen. Nunmehr hat der Bundesgerichtshof das Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen.
Da die Nutzer des Dienstes ohne vorherige Kenntnis der Beklagten ihre Dateien hochladen, ist die Beklagte bei dabei begangenen Urheberrechtsverletzungen weder Täter noch Gehilfe. Sie kann allerdings als Störer auf Unterlassung haften, wenn sie Prüfpflichten verletzt hat. Als Diensteanbieter im Sinne des TMG muss die Beklagte die bei ihr gespeicherten Informationen nicht allgemein auf Rechtsverletzungen überprüfen. Eine solche umfassende Prüfungspflicht ist auch nicht etwa deswegen geboten, weil der Dienst der Beklagten für Urheberrechtsverletzungen besonders anfällig wäre. Denn legale Nutzungsmöglichkeiten dieses Dienstes, für die ein beträchtliches Bedürfnis besteht, sind in großer Zahl vorhanden und üblich. Eine Prüfungspflicht der Beklagten im Hinblick auf das Computerspiel „Alone in the Dark“ entsteht daher erst, wenn die Beklagte auf eine klare Rechtsverletzung in Bezug auf dieses Spiel hingewiesen worden ist.
Die Klägerin hatte der Beklagten am 19. August 2008 einen entsprechenden Hinweis auf das Spiel „Alone in the Dark“ gegeben, das bei Rapidshare heruntergeladen werden konnte. Die Beklagte hatte daraufhin die konkrete Datei mit dem fraglichen Spiel gelöscht, es aber versäumt zu prüfen, ob das Spiel „Alone in the Dark“ von anderen Nutzern ebenfalls auf ihren Servern gespeichert worden war und dort nach wie vor abgerufen werden konnte.
Im Streitfall war es – so der Bundesgerichtshof – grundsätzlich nicht ausreichend, dass die Beklagte die ihr konkret benannte rechtsverletzende Datei gesperrt hatte. Vielmehr musste sie auch das technisch und wirtschaftlich Zumutbare tun, um – ohne Gefährdung ihres Geschäftsmodells – zu verhindern, dass das Spiel von anderen Nutzern erneut über ihre Server Dritten angeboten wurde. Diese Pflicht hat die Beklagte möglicherweise verletzt, weil sie keinen Wortfilter für den zusammenhängenden Begriff „Alone in the Dark“ zur Überprüfung der bei ihr gespeicherten Dateinamen eingesetzt hatte.
Die Klägerin will es der Beklagten mit einem zweiten Unterlassungsantrag verbieten, Hyperlinks von bestimmten Link-Sammlungen auf bei ihr gespeicherte Dateien mit dem Computerspiel „Alone in the Dark“ zuzulassen. Die Prüfungspflichten der Beklagten können sich grundsätzlich auch auf solche Verstöße erstrecken. Dafür ist aber erforderlich, dass die Hyperlinks im für die Linksammlung üblichen Suchvorgang bei Eingabe des Spielnamens angezeigt werden und die Trefferliste Dateien auf Servern der Beklagten enthält, die dort nicht schon durch einen Wortfilter nach Dateinamen mit der Wortfolge „Alone in the Dark“ gefunden werden können. Zwar ist die Beklagte nicht Betreiber der Link-Sammlungen. Sie kann aber Dateien mit dem Computerspiel „Alone in the Dark“ auf ihren eigenen Servern löschen. Dem Diensteanbieter ist es grundsätzlich zuzumuten, eine überschaubare Anzahl einschlägiger Link-Sammlungen auf bestimmt bezeichnete Inhalte zu überprüfen.
Die zur Zumutbarkeit von Überprüfungsmaßnahmen vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen reichten nicht aus, um über die Frage der Pflichtverletzung der Beklagten abschließend zu entscheiden. Der Bundesgerichtshof hat die Sache deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die Klägerin hat dann Gelegenheit, ihre Anträge der allein in Betracht kommenden Störerhaftung der Beklagten anzupassen.
Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 114/2012