Dieser Frage ist nunmehr der BGH in seinem Urteil vom 07.07.2015 (X ZR 59/13) nachgegangen, und hat ein vorangegangenes Berufungsurteil, das keine Unentgeltlichkeit und damit keine (widerrufbare) Schenkung angenommen hatte aufgehoben und den Rechtsstreit zur weiteren Sachverhaltsaufklärung zurückverwiesen.
Auslöser war der Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks. Die Parteien schlossen im Jahr 2008 eine notarielle Vereinbarung, die als „mittelbare Grundbesitzschenkung – Erbvertrag – Erb- und Pflichtteilsverzicht“ bezeichnet ist. Darin heißt es u.a., der Kläger verpflichte sich, der Beklagten einen Geldbetrag zu schenken, den sie ausschließlich zum Erwerb einer bestimmten, im Vertrag näher bezeichneten Eigentumswohnung sowie von Miteigentumsanteilen in Höhe von jeweils 18/100 an zwei weiteren Eigentumswohnungen auf demselben Grundstück verwenden dürfe.
In den an demselben Tag geschlossenen Kaufverträgen über die Wohnungen wurde festgehalten, dass der Kläger der Beklagten die Grundstücksanteile schenke, indem er den hierauf entfallenden Kaufpreis einschließlich der Grunderwerbssteuer entrichte, und die Schenkung auf die Erb- und Pflichtteilsrechte der Beklagten angerechnet werden solle. Die verbleibenden Miteigentumsanteile an den Wohnungen, an denen die Beklagte lediglich Teileigentum erwarb, erwarb der Kläger für sich selbst. Insoweit setzte der Kläger der Beklagten ein Vermächtnis aus. Die Beklagte erklärte gegenüber dem Kläger den Verzicht auf ihr gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht aufschiebend bedingt durch den Vollzug der Schenkung der Grundstücksanteile und den Vollzug des Vermächtnisses.
Die Vorinstanzen haben einen Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks bereits deshalb verneint, weil es ein einer Unentgeltlichkeit der Zuwendung gefehlt habe. Dies deshalb, weil die Gegenleistung für die „Schenkung“ der Erbverzicht gewesen sei.
Diese Sichtweise greift nach Ansicht der BGH-Richter zu kurz.
- Ob eine im Zusammenhang mit einem Erbverzicht gewährte Zuwendung als Schenkung einzuordnen ist, hängt nämlich vorrangig vom Willen der Parteien ab. Kommt es dem Erblasser in erster Linie darauf an, dass der Empfänger der Zuwendung auf sein Erbrecht verzichtet, spricht dies dafür, eine als Ausgleich hierfür geleistete Zuwendung als entgeltlich anzusehen.
- Steht dagegen die Zuwendung als solche im Vordergrund und wird der Erbverzicht lediglich als eine besondere Form der Anrechnung auf das Erbrecht gewählt, ist in der Regel von einem unentgeltlichen Charakter der Zuwendung auszugehen.
Das Berufungsgericht hat bei der Beurteilung des Charakters der Zuwendung den Willen der Parteien nicht hinreichend ermittelt und zu Unrecht allein darauf abgestellt, ob der Zuwendungsempfänger auf sein Pflichtteilsrecht oder auf sein gesetzliches Erbrecht verzichtet.
Anhaltspunkte für den maßgeblichen Willen der Vertragsparteien können sich insbesondere aus den Umständen des Zustandekommens der Vereinbarung und ihrer Ausgestaltung im Einzelnen ergeben, bei der im Streitfall zu beachten ist, dass die Zuwendung des Klägers in der notariellen Vertragsurkunde als erstes geregelt und ausdrücklich als Schenkung bezeichnet wird.
Da das Berufungsgericht sich mit den Umständen des Zustandekommens der notariellen Vereinbarung nicht näher auseinandergesetzt und im Übrigen keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die geltend gemachten Widerrufsgründe im Falle einer Schenkung den Widerruf wegen groben Undanks rechtfertigen, konnte der Bundesgerichtshof die Sache nicht abschließend entscheiden.
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