Hartz IV-Empfänger bekommen bislang eine Pauschale für den Schulbedarf in Höhe von 100 € jährlich. In diesem sog. Schulbedarfspaket sollen nach Auffassung der Verwaltung auch die Kosten für die Anschaffung von Schulbüchern, soweit die Kosten nicht unter den Regelbedarf fallen, enthalten sein.
Wer selbst ein Kind an einem Gymnasium hat, der weiß aus eigener Erfahrung, dass damit der Bedarf bei weitem nicht gedeckt werden kann. Nun hat sich zum ersten Mal ein Obergericht mit der Frage beschäftigt und zugunsten der Bildung gegen Armut geurteilt.
Schulbücher zählen nicht zum Regelbedarf und sind auch nicht Bestandteil der Schulbedarfspauschale
Deshalb hat nun das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen mit Urteil vom 11. Dezember 2017 (L 11 AS 349/17) entschieden, dass nicht nur die Kosten von Schulbüchern in dieser Pauschale nicht enthalten sind, sondern diese auch nicht aus dem Regelbedarf bezahlt werden müssen, weil dieser lediglich 3 Euro im Monat vorsieht und damit nicht einmal ein Drittel der notwendigen Schulbuchkosten eines Schülers an einer gymnasialen Oberstufe abgedeckt wäre. Es handele sich, so die Richter, um eine planwidrige Regelungslücke, weil der Gesetzgeber das gesamte menschenwürdige Existenzminimum garantiert, die durch eine verfassungskonforme Gesetzesauslegung geschlossen werden müsse. Dazu zählen auch die Kosten für den Schulbesuch. Diese Lücke müsse geschlossen werden.
Gymnasiastin setzt sich mit Klage für Bildung gegen Armut durch
Geklagt hatte eine Schülerin der gymnasialen Oberstufe. Sie wollte die Erstattung von 135,65 € für den Kauf von Schulbüchern als Zusatzleistungen zum Regelbedarf haben. Das zuständige Jobcenter zahlte jedoch nicht, sondern verwies auf die vorgesehene Schulbedarfspauschale.
Andere Sozialgerichte hatten insoweit in vergleichbaren Fällen teilweise bereits ähnlich geurteilt. Hier handelt es sich aber, soweit ersichtlich, um die erste Entscheidung eines Obergerichts, so dass diese als Durchbruch zugunsten der Bildung contra Armut gewertet werden darf. Das letzte Wort ist aber noch nicht gesprochen, da die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen wurde.
Dagegen kein Anspruch auf zusätzliche Bezahlung eines Taschenrechners
Unterlegen war die Klägerin allerdings, soweit sie auch die Kosten für die Anschaffung eines Taschenrechners zusätzlich bezahlt haben wollte. Dies haben die Richter abgelehnt, weil ein Taschenrechner – im Gegensatz zu Schulbüchern – über mehrere Jahre verwendet werden kann und damit die Kosten für die Anschaffung über die Schulbedarfspauschale abgegolten sind.