Die Arbeitswelt wird auch auf die Führungsebene zunehmend weiblich. Dass Arbeitnehmerinnen bei Schwangerschaft Anspruch auf Mutterschutz und anschließender Elternzeit haben, ist hinlänglich bekannt und zwar unabhängig davon, ob die Frau einfache Tätigkeiten ausführt oder Führungskraft im Unternehmen ist. Was aber ist mit Frauen, die als Geschäftsführerin einer GmbH oder Mitglied des Vorstands einer AG schwanger werden. Können diese auch Mutterschutz und Elternzeit beanspruchen? Laienhaft werden Sie sicherlich denken, warum nicht. Das sind doch auch Frauen, die arbeiten. Eine solche Sichtweise ist aber aus rechtlicher Sicht zu kurz gegriffen, weil es sich dabei nicht um Arbeitnehmerinnen im klassischen Sinn handelt, sondern um Organe der Gesellschaft. Deswegen werden beispielsweise auch Streitigkeiten um die Wirksamkeit einer Kündigung eines Geschäftsführers oder Vorstands auch nicht vor dem Arbeitsgericht, sondern dem Landgericht ausgetragen. Auch sehen weder das GmbHG noch das AktG Regelungen für eine Auszeit ihre Organe aufgrund von Schwangerschaft oder Elternschaft vor.
Zwar Anspruch auf Mutterschutz…
Ein Anspruch auf Mutterschutz besteht auch für Geschäftsführerinnen und weibliche Vorstände, weil das MuSchG auf der europäischen Mutterschutzrichtlinie (92/85/EWG) beruht, sodass nicht der nationale, sondern der unionsrechtlich Arbeitnehmerbegriff zu Grunde zu legen ist und dieser ist weiter gefasst als der deutsche Arbeitnehmerbegriff.
Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 11.11.2010 – C-232/09 – „Danosa“) besteht das wesentliche Merkmal eines Arbeitsverhältnisses darin, dass eine Person während einer bestimmten Zeit für eine andere Person nach deren Weisung Leistungen erbringt für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhält. Im Gegensatz zum deutschen Recht kommt es hierbei gerade nicht darauf an, ob die dieser Tätigkeit zugrundeliegende Rechtsbeziehung nach dem jeweiligen nationalen Recht als Arbeitsverhältnis oder nur als Beschäftigungsverhältnis anzusehen ist.
Deshalb nimmt § 1 Abs. 2 MuSchG nicht auf den arbeitsrechtlichen, sondern auf den sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsbegriff des § 7 Abs. 1 SGB IV Bezug, wonach es nicht auf ein Arbeitsverhältnis ankommt, sondern lediglich auf ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Ein solches wird nach der sozialgerichtlichen Rechtsprechung aber sowohl bei Fremdgeschäftsführerinnen als auch bei Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführerinnen angenommen. Folge daraus ist, dass lediglich einer Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführerin ein solcher Anspruch nicht zusteht. Denn diese gilt nicht als abhängig beschäftigt, sondern als selbstständig unselbständige haben keinen Anspruch auf Mutterschutz.
…aber grds. kein Anspruch auf Elternzeit
Der Anspruch auf Elternzeit ist in § 15 BEEG geregelt. Es handelt sich dabei um eine nationale Regelung, die ihren Ursprung nicht im Gemeinschaftsrecht hat. Deswegen gilt hier der deutsche Arbeitnehmerbegriff. Nachdem aber Geschäftsführer, wie eingangs bereits ausgeführt, keine Arbeitnehmer sind, haben weibliche Geschäftsführer und Vorstände nach dieser Regelung auch keinen Anspruch auf Elternzeit.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht etwa aus der Regelung in § 38 Abs. 3 GmbHG. Dort ist zwar geregelt, dass Geschäftsführer wegen Mutterschutz, Elternzeit, der Pflege von Familienangehörigen etc. das Recht haben, um den Widerruf der Bestellung zu ersuchen, wenn mindestens ein weiterer Geschäftsführer vorhanden ist. Auch, wenn die hier genannten Gründe den Regelungen der § 3 MuSchG, § 15 BEEG sowie § 3 Pflegezeitgesetz entsprechen, ergibt sich daraus kein Automatismus. Dies deshalb, weil Geschäftsführer hierdurch nicht über die Hintertür plötzlich zu Arbeitnehmern werden. Deshalb müssen für einen solchen Antrag bei einer Geschäftsführerin auch nicht die Voraussetzungen der jeweiligen Vorschrift erfüllt sein. Die Regelung spielt nur dann eine Rolle, wenn beispielsweise im Geschäftsführeranschlussvertrag geregelt ist, dass die Geschäftsführerin auch Anspruch auf Elternzeit hat.
Tipp: Weibliche Geschäftsführer oder Mitglieder eines Vorstands sollten daher, wenn sie einen Kinderwunsch haben, und mit dem Gedanken spielen sich nach der Geburt eine Auszeit zu nehmen, individualvertraglich bei Abschluss des Anstellungsvertrags eine entsprechende Regelung aushandeln. Andernfalls haben sie bei einer Schwangerschaft das Nachsehen.